DIE DEUTSCHE BANK ZIEHT BILANZ

Deutsche Bank sieht sich als Brückenbauerin

Trotz verkleinerter Bilanz steuert das US-Geschäft ein Fünftel der Erträge der Kernbank bei - Jeder dritte Firmenkunde mit Hauptsitz in den Vereinigten Staaten

Deutsche Bank sieht sich als Brückenbauerin

Die Deutsche Bank hat klargestellt, dass sich auch künftig nicht auf ihren Heimatmarkt und die europäischen Nachbarländer zurückziehen wird. Auf der Bilanzpressekonferenz zeigte Amerika-Chefin Christiana Riley selbstbewusst die Rolle auf, die das US-Geschäft künftig für den Konzern spielen soll.Von Anna Sleegers, FrankfurtDie Deutsche Bank hat mit der Vermutung aufgeräumt, dass sie sich im laufenden Umbau auf Deutschland oder Europa zurückziehen werde. “Wir sind der festen Überzeugung, dass unsere weltweite Präsenz die beste Strategie für unsere Kunden und unsere Bank ist”, sagte Christiana Riley bei der Bilanzvorlage am Donnerstag. Eine erfolgreiche Deutsche Bank müsse daher eine globale Deutsche Bank sein – mit einem starken Standbein in den USA.Bereits die Berufung der 41-Jährigen in den Konzernvorstand, dem in der Geschichte der Deutschen Bank bislang kein anderer Leiter des Amerikageschäfts angehörte, deutete darauf hin, dass sich Vorstandschef Christian Sewing trotz des Teilausstiegs aus dem US-Geschäft nicht von seinen Ambitionen für die Region verabschiedet hat.Am Donnerstag zählte Riley ein paar Gründe dafür auf: Das im Gegensatz zu Europa wachstumsstarke Kapitalmarktgeschäft etwa, auf das derzeit fast die Hälfte der weltweiten Erträge entfielen. Und das entwickelte Anleihengeschäft, auf das 57 % der globalen Emissionen entfielen. Dies nutzten auch viele Firmenkunden der Deutschen Bank, wie Riley betonte. Für Großkonzerne wie SAP, BMW oder Siemens sei die größte Volkswirtschaft der Welt nicht nur als Absatzmarkt interessant, sondern auch, um sich an den dortigen Kapitalmärkten zu finanzieren und durch Investitionen und Firmenübernahmen zu wachsen.Auch auf Unternehmen in anderen Teilen Europas übten die USA eine hohe Anziehungskraft aus, betonte Riley. Das schlage sich in den Finanzierungen über den Anleihemarkt nieder. So haben die Unternehmen der Eurozone im vergangenen, vergleichsweise ruhigen Jahr Dollaranleihen im Wert von 58 Mrd. Dollar ausgegeben. Im Jahr zuvor waren es sogar 100 Mrd. Dollar gewesen. Zugleich entdeckten auch immer mehr US-Unternehmen den europäischen Kapitalmarkt, wie die Emission von in Euro denominierten Anleihen im Wert von 93 Mrd. Euro zeige.Der Trend der globalen Kapitalaufnahme werde sich fortsetzen, sagte Riley: “Mit unserem starken globalen Anleihengeschäft sind wir bestens positioniert, um unsere Kunden hier weltweit zu unterstützen.” Die Deutsche Bank verstehe sich als Brückenbauerin zwischen Europa, den USA und dem Rest der Welt: “In den vergangenen drei Jahren haben 99 unserer 100 größten Kunden weltweit auch in den USA mit uns zusammengearbeitet.”Die Frage, wie deutsch die Deutsche Bank eigentlich ist, hat jedoch auch nach der Restrukturierung noch Gültigkeit. Zumindest im Firmenkundengeschäft liegt der Fokus des Instituts keineswegs in ihrem Heimatmarkt, sondern bestenfalls in Europa. Riley zufolge haben 30 % der Firmenkunden ihren Hauptsitz in den USA und 22 % in Asien. In Deutschland seien dagegen lediglich 15 % der Firmenkunden ansässig, weitere 33 % kommen aus anderen europäischen Ländern.Das US-Geschäft sei daher unverzichtbar. In der Vergangenheit habe es der Deutschen Bank hier jedoch an Fokus gemangelt: “Wir haben uns zu viele Möglichkeiten offengehalten, wir wollten alles für jeden sein.” Das habe sich mit der neuen Strategie geändert; die Deutsche Bank konzentriere sich nun auch dort auf die Bereiche, in denen sie zu den führenden Adressen gehört.”Wir setzen unsere Ressourcen jetzt dort ein, wo wir unsere Stärken haben, während wir uns von weniger starken Bereichen getrennt haben”, unterstrich die Amerikanerin, die lange in der Frankfurter Zentrale gearbeitet hat und fehler- und akzentfrei Deutsch spricht. Daher sei die Bilanzsumme in den USA kleiner geworden, nicht nur mit Blick auf den Gesamtkonzern, sondern auch in absoluten Zahlen. Der Anteil der Erträge im Kerngeschäft sei dagegen mit 20 % stabil geblieben. Angaben zu den Anteilen der übrigen Regionen veröffentlichte die Deutsche Bank nicht.Stark ist die Deutsche Bank nach eigener Einschätzung außer im Geschäft mit Anleiheemissionen und Finanzierungen auch als Partner für Unternehmen aus Deutschland und anderen Teilen der Welt, die in den USA Geschäfte machen wollen sowie von US-Unternehmen, die nach Europa oder Asien streben. Dabei sei die nach wie vor starke Stellung der Deutschen Bank im Währungsgeschäft von Vorteil.Im Wealth Management will sich das Institut nach Angaben ihrer Amerika-Chefin auf “innovationsfreudige Unternehmer” konzentrieren. Damit steht die Deutsche Bank nicht alleine, auch viele US-Banken bauen derzeit ihre Präsenz im Silicon Valley aus, wo der Siegeszug der Technologiekonzerne und eine dynamische Start-up-Szene eine neue Klasse wohlhabender Unternehmer hervorbringen. Profitieren will die Deutsche Bank in den USA außerdem vom Trend zu nachhaltigen Anlagelösungen.Mit Blick auf die verschärfte Beobachtung durch die Behörden, unter der die Deutsche Bank seit einiger Zeit in den USA steht, verwies Riley auf den US-Stresstest, den das Institut 2019 erstmals bestanden hat. Ausruhen wolle sie sich auf diesem Erfolg jedoch nicht: “Selbstverständlich werden wir auch 2020 weiter in unsere Kontrollsysteme investieren – und das nicht zu knapp.”