Nach Service-Debakel

Deutsche Bank will von Postbank-Kunden "geliebt" werden

Claudio de Sanctis, Privatkundenchef der Deutschen Bank, will die Zuneigung Postbank-Kunden nach dem Service-Debakel mit einer verbesserten App gewinnen.

Deutsche Bank will von Postbank-Kunden "geliebt" werden

Deutsche Bank erläutert Postbank-Pläne

Privatkundenvorstand setzt auf Nachbesserung der App – 3 Millionen Postbank-Kunden besuchen regelmäßig die Filiale

Angesichts des Service-Debakels bei der Postbank hat sich Claudio de Sanctis ein ambitioniertes Ziel gesetzt. Der im Sommer zum Privatkundenvorstand beförderte Banker verriet in einem Interview, dass er um die Liebe der Kundschaft wirbt. Die geschlossenen Filialen soll mittelfristig eine verbesserte App ersetzen.

lee Frankfurt

Der im Sommer zum Privatkundenvorstand der Deutschen Bank aufgestiegene Wealth-Management-Experte Claudio de Sanctis verteidigt die geplanten Filialschließungen bei der Postbank. In einem Interview der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" lässt der Manager die Frage unbeantwortet, wer für das Servicedebakel nach der IT-Integration der Postbank auf die Systeme der Deutschen Bank, in dessen Folge die Finanzaufsichtsbehörde BaFin dem Institut einen Aufpasser ins Haus geschickt hat, verantwortlich zu machen ist. Stattdessen verleiht der Manager der Hoffnung Ausdruck, dass die Kunden der Deutschen Bank wieder "mit mehr Zuneigung" begegnen werden: "Mein Ziel ist klar: Die Kunden sollen uns wieder lieben."

Zum Ärger von Verbraucherschützern und Gewerkschaften hatte die Deutsche Bank kürzlich angekündigt, die Zahl der Postbank-Filialen von derzeit rund 550 auf 300 zu reduzieren. Wie viele Stellen dadurch wegfallen, sagte de Sanctis unter Verweis auf die Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern nicht. "Fakt ist jedoch: Daran führt kein Weg vorbei, auch wenn es unser Ziel ist, Mitarbeiter nach Möglichkeit in anderen Funktionen einzusetzen", ergänzte er. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi kündigte unterdessen bereits Protestaktionen gegen die Filialschließungen an. Diese sollen am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag während geplanter Unterbrechungen der Betriebsversammlungen der Postbank Filialvertrieb AG in Hamburg, Stuttgart und München stattfinden.

Kundenzahl sinkt auf 12 Millionen

Der gebürtige Italiener de Sanctis, der kein Deutsch spricht, obwohl er auch über die Schweizer Staatsbürgerschaft verfügt, bestreitet, dass es "ausgerechnet für Postbank-Kunden essenziell ist, eine Filiale aufsuchen zu können". Von den 12 Millionen verbliebenen Kunden besuchten demnach drei Viertel so gut wie nie eine Filiale. Zudem seien jedes Jahr rund 350 Millionen Online-Log-ins bei der Postbank zu verzeichnen. Zwar räumt er ein, das demnach noch immer rund 3 Millionen Kunden regelmäßig eine Filiale besuchen. Darauf würden seiner Auffassung nach die meisten von ihnen aber lieber verzichten, wenn sie stattdessen ihre Bankgeschäfte "bequem am Smartphone" erledigen könnten. Deshalb baue der Konzern derzeit ein "erstklassiges Digitalangebot" für die Postbank auf.

Tatsächlich hatte sich der Ärger vieler Postbank-Kunden zunächst daran entzündet, dass die neue Postbank-App weniger Funktionalitäten aufwies als die alte. Später kamen massive Rückstände im Back Office hinzu, was unter anderem dazu führte, dass sich die Auszahlung von Baufinanzierungen bei der Tochter DSL zum Schrecken der betroffenen Kunden verzögerte. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing musste sich daraufhin öffentlich entschuldigen und räumte ein, dass die Bank ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden sei.

Eigen- und Fremdwahrnehmung klaffen auseinander

Wie stark die Eigen- und Fremdwahrnehmung bei den inzwischen auch von der Aufsichtsbehörde forcierten Aufräumarbeiten auseinanderklaffen, zeigte sich Ende Oktober: Einer Konzernmitteilung, in der die Deutsche Bank sich zufrieden über den Abbau der Rückstände äußerte, folgte stante pede eine Publikation der Verbraucherschützer, die einen weiteren Anstieg der Kundenbeschwerden konstatierten.

In dem am Wochenende veröffentlichten Interview setzt sich dies fort. De Sanctis lässt sich mit den Worten zitieren: "Ja, es gibt eine gute App für Postbank-Kunden, aber das reicht nicht: Wir brauchen die beste App!" Diese müsse in der Lage sein, grundlegende Bankdienstleistungen "hervorragend abzudecken und vor allem intuitiv zu handhaben sein". Die Deutsche Bank investiere, um die bestehende App in zwölf bis 18 Monaten entsprechend weiterentwickelt zu haben.

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