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Deutscher Leveraged-Finance-Markt bestätigt Rekord

Der deutsche mittelständische Leveraged-Finance-Markt konnte 2022 sein Rekordergebnis aus dem Vorjahr gerade so bestätigen. Doch der Wind bei der Finanzierung von Private-Equity-Übernahmen wird rauer.

Deutscher Leveraged-Finance-Markt bestätigt Rekord

Von Philipp Habdank, Frankfurt

Der mittelständische Leveraged-Finance-Markt in Deutschland hat im vergangenen Jahr ein Fotofinish hingelegt und exakt eine Transaktion mehr abgeliefert als 2021, das mit 158 abgeschlossenen Finanzierungen ein Rekordjahr gewesen war. Dies zeigt der neue Midcap Monitor von Houlihan Lokey für das Jahr 2022, der der Börsen-Zeitung vorliegt. Die Investmentbankboutique erhebt quartalsweise alle mittelständischen Buy-out-Finanzierungen von Private-Equity-Investoren sowie zugehörige Add-on-Finanzierungen, Refinanzierungen und Recaps in Europa mit Transaktionsvolumina zwischen 20 und 500 Mill. Euro, die von Banken oder Debt Funds abgeschlossen wurden. Nach einem schwachen dritten Quartal mit lediglich 31 abgeschlossenen Transaktionen feierte das vierte Quartal mit einem Zuwachs von 29% ein bemerkenswertes Comeback. Nun ist das Schlussquartal traditionell das abschlussstärkste. Das Ergebnis ist dennoch bemerkenswert, da die Märkte im restlichen Europa deutlich zurückgingen, insbesondere in den Nordics (−50 %) und in Benelux (−36 %), aber auch in Frankreich (−23 %) und Großbritannien (−21 %).

Deutsche Baumeister

Im dritten Quartal war es genau umgekehrt gewesen. Damals schwächelte der deutsche Markt, während das Umland stabil blieb. Die deutsche Überperformance im Schlussquartal relativiert sich dadurch ein Stück weit. Hinzu kommt, dass im Gesamtjahr 2022 zwar die Anzahl der Transaktionen stieg. Der Anteil der Neufinanzierungen sei allerdings rückläufig gewesen, sagt Thorsten Weber, Managing Director bei Houlihan Lokey. Dem Finanzierungsberater zufolge gab es im vergangenen Jahr deutlich mehr Add-on-Finanzierungen, also kleinere, strategische Zukäufe, die ein Private-Equity-Investor im Rahmen einer Buy-and­-Build-Strategie an sein bestehendes Portfoliounternehmen anbaut und für die er eine Anschlussfinanzierung sucht. Im Gegenzug habe die Anzahl von Neufinanzierungen abgenommen, insbesondere bei sogenannten Secondary Buy-outs, wenn ein Unternehmen von einem Private-Equity-Investor an den nächsten weitergereicht wird.

In Zeiten, wo Neugeschäft schwieriger wird, profitiert der deutsche Leveraged-Finance-Markt von den zahlreichen Buy-and-Build-Strategien, die Private-Equity-Investoren hierzulande fahren. Seit 2018 ist der Anteil von Add-on-Finanzierungen von 13 auf 37% gestiegen. Der Anteil von Secondary-Finanzierungen ging im selben Zeitraum von 18 auf 8% zurück. Damit einher geht ein verändertes Investitionsverhalten bei den Private-Equity-Investoren: weg vom Industriesektor, hin zu Software, IT und Healthcare (siehe Grafik).

Banken werden wichtiger

In diesen fragmentierten Branchen bieten sich die Konsolidierungsstrategien von Private Equity an. Weil dort die Bewertungen – und damit auch der Finanzierungsbedarf – zuletzt sehr hoch waren, hatten Debt Funds ihren Marktanteil gegenüber Banken stetig ausgebaut. Aber die Kreditfonds werden vorsichtiger. „Während Debt Funds sich im zweiten Halbjahr zurückhaltend gezeigt haben, waren Banken weiterhin an Neufinanzierungen interessiert“, berichtet Weber. Banken seien wieder wichtiger geworden und hätten eine stabilisierende Wirkung auf den Markt gehabt.

Für Weber ist der Erfolg der Banken aber auch eine Größenfrage. Je kleiner die Transaktion ist, desto leichter kann sie durch ein Bankenkonsortium gestemmt werden. 2022 gab es laut Weber mehr Transaktionen, die von einem überschaubaren Banken-Club mit drei bis vier Instituten finanziert werden konnten. „Debt Funds haben zuletzt vor allem damit gepunktet, dass sie deutlich größere Tickets allein bereitstellen konnten.“ Dass die Transaktionen zuletzt kleiner wurden, habe zudem Regionalbanken in die Karten gespielt. Immer mehr Sparkassen und Genossenschaftsbanken drängen ins Leveraged-Finance-Geschäft.

Kreditgeber werden aber vorsichtiger, Finanzierungen damit komplexer und teurer. Im Vergleich zu 2021 sei eine Finanzierung heute im Durchschnitt um bis zu 3 Prozentpunkte teurer, berichtet Weber. Und auch beim akzeptierten Verschuldungsgrad in Relation zum Ebitda (Leverage) agierten Banken und Debt Funds zurückhaltender. Die dadurch entstehende Finanzierungslücke konnten unter anderem Nachrangfinanzierungen von Debt Funds füllen, berichtet Weber.

Im Prinzip sei das die Umkehr der Super-Senior-Finanzierungsstrukturen, bei denen ein Debt Fund den größeren, nachrangigen und teureren Finanzierungsteil bereitstellt und im Rang vor sich eine Bank mit einer kleineren und günstigeren Tranche zulässt. Laut Weber tun sie dies aber nur bei besonders attraktiven Assets, also insbesondere aus den Bereichen Software/IT und Healthcare. Da sich beide Sektoren zuletzt etwas abgekühlt haben, hatten es 2022 folglich auch die Super-Senior-Strukturen schwerer. 2023 dürfte für den Markt nicht leichter werden.

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