Die Bundesbank skizziert den Plan für DLT-Infrastruktur
Die Bundesbank skizziert den Plan für DLT-Infrastruktur
Notenbanken wollen mit „Pontes“ ab Mitte 2026 eine Marktlösung zur Einbindung einer Wholesale CBDC bereitstellen
bg Frankfurt
Die Deutsche Bundesbank hat dem Thema technische Weiterentwicklung des Zentralbankgelds über eine Wholesale-C DC im Monatsbericht September ein ganzes Kapitel gewidmet. Unter der Überschrift „Digitales Geld: Optionen für Großbetragszahlungen in Zentralbankgeld“ diskutieren die Experten, wie die Abwicklung von Finanzmarkttransaktionen (insbesondere Großbetragszahlungen) in Zentralbankgeld künftig gestaltet werden kann.
Interoperable Verbindung mit bestehender Infrastruktur oder komplett neue Plattform
Für die Ausgestaltung von Wholesale-CBDC lassen sich der Bundesbank zufolge zwei grundsätzliche Ansätze unterscheiden: Interoperabilitätslösungen, die bestehende Systeme miteinander verbinden, sowie Plattformlösungen, die Geld- und Vermögenswerte auf einer gemeinsamen Infrastruktur zusammenführen. Während Interoperabilitätslösungen kurzfristig umsetzbar seien, würden Plattformen größere Effizienzgewinne versprechen, gingen aber mit höherem Implementierungsaufwand einher, heißt es.
Pontes ist die kurzfristige Lösung, Appia das langfristige Zielbild
Das knüpft an bestehende Überlegungen an, die von der EZB zusammen mit den nationalen Notenbanken und den Marktteilnehmern auf Grundlage der erfolgreichen DLT-Explorationsphase Ende 2024 vorangetrieben werden. Im Juli hatte die EZB die Initiative „Pontes“ entwickelt, die als Interoperabilitätslösung kurzfristig als Tech-Brücke dienen soll, um Transaktionen in Zentralbankgeld in einem DLT-basierten Umfeld zu ermöglichen. Parallel wurde die Initiative „Appia“ aufgesetzt mit dem Ziel, die langfristige Entwicklung eines strategischen Zielbilds für das Zusammenspiel von Geld, Vermögenswerten und Infrastrukturen zu betreiben.
Ab dem dritten Quartal 2026 soll die Brücke stehen
Der Plan ist, dass Pontes ab dem dritten Quartal 2026 zur Verfügung steht und dann DLT-Lösungen mit bestehenden Infrastrukturen verbindet, sodass der kurzfristige Handlungsbedarf auf der Geldseite abgedeckt ist. Zur Sache geht es jetzt schon bei der Entwicklung des Pilotbetriebes für Pontes. Dabei werden die marktseitigen DLT-Plattformen mit den bestehenden Target-Diensten verbunden - so wie es die Bundesbank mit ihrer Trigger-Lösung demonstriert hat, Dabei geht es zuvorderst um Anwendungen im Kontext von Wertpapiertransaktionen und großvolumigen Zahlungen in Euro. Für den Pontes-Pilotbetrieb würden nun „zentrale Komponenten und Funktionalitäten der zuvor in der Explorationsphase getesteten Interoperabilitätsansätze kombiniert“, heißt es im Aufsatz der Bundesbank.
Tokenbasierte DLT-Abwicklung oder über Schnittstelle in altes Settlement-System
Für die geldseitige Abwicklung sollen zwei Optionen bestehen: Entweder tokenbasiert über eine DLT-Plattform des Eurosystems oder direkt im RTGS-System von Target, also im gebündelten Brutto-Settlement. Die rechtliche Finalität der geldseitigen Abwicklung bleibe in beiden Fällen in den Target-Diensten verankert, stellt die Bundesbank fest. „Die Weiterentwicklung von Pontes könnte beispielsweise auch so weit reichen, dann nur noch eine Abwicklungsoption in Token bereitzustellen, die eine unmittelbare rechtliche Abwicklungs-Finalität gewährleistet. Zudem könnte die Möglichkeit geschaffen werden, internationale Zahlungen inklusive Währungstausch abzuwickeln.“
Wie den Zugang zu Zentralbankgeld steuern?
Würde nur noch in Token über DLT-Infrastruktur abgewickelt, wäre eine Abkoppelung von der alten Settlement-Infrastruktur erreicht. Bleibt unter anderem die Frage, ob der Zugang zu Zentralbankgeld als besonders sicheres Abwicklungsmedium erweitert wird. Das solle nicht über die prägende technologische Architektur diktiert werden, sondern im Rahmen einer breiteren, auch gesellschaftlichen und politischen Diskussion entschieden werden, so das Petitum der Bundesbank. „Solange solche Weichenstellungen nicht erfolgt sind, muss der Zugang des geldhaltenden Sektors zu Zentralbankgeld und den entsprechenden Infrastrukturen eng begrenzt bleiben.“
Intermediationsfunktion etablierter Akteure nicht beeinträchtigen
In dem Sinne regt die Bundesbank an, erst die Zielsetzungen zu definieren bevor die Systemarchitektur verändert werden würde. Zwar könnten die Integration von Massenzahlungen, die stärkere Verzahnung zentral und dezentral erbrachter Finanzdienstleistungen oder die internationale Öffnung zur automatisierten Abwicklung von Devisentransaktionen in bestimmten Bereichen Effizienzsteigerungen ermöglichen. Dabei sei jedoch zu beachten, „inwieweit eine sehr breite Öffnung die Intermediationsfunktion etablierter Akteure beeinträchtigen könnte.“ Denn das könnte mit Folgen für Marktstruktur und Wettbewerb verbunden sein.
Stablecoins lassen eine Wholesale CBDC dringlicher erscheinen
Dass die Notenbanken sich nun verstärkt mit digitalem Zentralbankgeld (Digitaler Euro für Retail, Wholesale CBDC für den Interbanken-Bereich) beschäftigen, ist auch davon getriggered, dass in den USA blitzschnell ein Regulierungsrahmen für Stablecoins entstanden ist. Die Bundesbank sagt das so: „Der Zugang zu und der Einsatz von Wholesale CBDC kann insbesondere dann geboten sein, wenn neue private digitale Geldformen wie Stablecoins an Bedeutung gewinnen.“ Der Einsatz privater digitaler Geldformen könne dort aber spezifische Risiken bergen, beispielsweise im Hinblick auf rechtliche Klarheit, Konzentrations-, Kredit- oder Liquiditätsrisiken sowie operative Sicherheit. Solche Risiken können sich in bestimmten Fällen nicht nur für einzelne Marktakteure, sondern auch für das Gesamtsystem nachteilig auswirken."
Alles in einem Zug abwickeln, das geht nur Onchain
Der Ausblick der Bundesbank auf Pontes und Appia ist aber positiv und stellt heraus, dass erst bei der „direkten Verzahnung von Geld- und Vermögenswerten“ sich größtmögliche Effizienzgewinne ergeben würden, da Zahlungs- und Abwicklungsprozesse dann „nicht mehr sequenziell, sondern integriert erfolgen können.“ Das heißt frei übersetzt: Erst wenn sich die Assets nebst der Cash-Seite komplett Onchain befinden, kommen die Vorteile von DLT-Infrastruktur voll zum Tragen.
Element für die Vertiefung der europäischen Spar- und Investitionsunion
Die Bundesbank erwartet darüber hinaus, dass Fortschritte bei der Tokenisierung sowie bei der Weiterentwicklung von Zahlungs- und Abwicklungsinfrastrukturen auch „zentrale Elemente für die Vertiefung der europäischen Spar- und Investitionsunion“ sein könnten. Mit der Entwicklung von Wholesale CBDC und der fortschreitenden Tokenisierung eröffne sich langfristig die Perspektive international stärker vernetzter Finanzmärkte, heißt es. „Dadurch könnten künftig nicht nur unterschiedliche Marktsektoren, sondern auch Währungsräume verbunden werden. Globale Initiativen, die auf die Vernetzung von Abwicklungsplattformen abzielen, zeigen, dass künftige Lösungen weit über nationale Grenzen hinausreichen können.“
Für die Banken kann es gar nicht schnell genug gehen
Was die Marktteilnehmer aber heute schon umtreibt, ist dass eine zeitliche Lücke besteht, bis mit Pontes die Einbindung von DLT-Systemen real möglich ist. Von daher drängen die Banken und Clearer darauf, dass es eine erneute Phase von EZB-Trials geben könnte. Alternativ könnten die Banken sich in das DLT-Pilotsystem der EU begeben. Dieses soll auf Vorschlag der ESMA ein Upgrade erhalten. Und die ESMA hat sich bereits so positioniert, dass sie es lieber sieht, wenn die Abwicklung im DLT-Piloten in einer Wholesale CBDC erfolgt und nicht in Stablecoins.

BuBa