„Die Komplexität muss reduziert werden“
Interview: Bernd Loewen
„Die Komplexität muss reduziert werden“
Der KfW-Finanzvorstand über die europäischen Regeln für Verbriefungen – und Stellschrauben, an denen man drehen sollte
KfW-Vorstand Bernd Loewen sieht Potenzial, Europas Verbriefungsmarkt zu revitalisieren. Allerdings hält er dafür Nachbesserungen von EU-Parlament und Rat an dem im Frühsommer vorgelegten Gesetzesvorschlag der EU-Kommission für notwendig. Dazu zählt unter anderem eine Reduzierung der Eigenkapitalanforderungen.
Erwarten Sie durch die EU-Novelle eine Belebung des Verbriefungsmarkts?
Die neue EU-Novelle signalisiert den klaren Willen der Europäischen Union, die Rahmenbedingungen für einen europäischen Verbriefungsmarkt zu verbessern. Mit den vorgeschlagenen Anpassungen der maßgeblichen Normen – CRR, SecReg, LCR und Solvency II – wird dies umfassend angegangen. Ich sehe ein erhebliches Potenzial, den Verbriefungsmarkt neu zu beleben, sofern im Rahmen des Trilogs handwerklich saubere Korrekturen an den identifizierten Schwachpunkten gelingen.
Was sind die wichtigsten Stellschrauben, an denen die EU-Gesetzgeber noch drehen sollten, um einen wirkungsvollen Impuls für Europas Verbriefungsmarkt zu liefern?
Die Komplexität der bestehenden Regeln muss reduziert werden, um Eintrittsbarrieren für kleinere Investoren und Originatoren zu verringern. Und die Reduktion von Komplexität an einer Stelle sollte dabei nicht durch neue Vorschriften an anderer Stelle verwässert oder gar neutralisiert werden. Es ist zudem notwendig, die Eigenkapitalanforderungen zu senken, da Verbriefungen unter der aktuellen Regulierung erheblich benachteiligt werden. Gemäß dem vorliegenden Vorschlag der EU-Kommission könnten sie jedoch gerade für besonders bonitätsstarke deutsche Auto-ABS und ABCP mit Handelsforderungen sogar ansteigen. Hier besteht Handlungsbedarf.
Möchten Sie den Ko-Gesetzgebern noch etwas mitgeben auf den Weg in den Trilog?
Die europäische, bankbasierte Unternehmensfinanzierung sollte wieder stärker mit institutionellen Investoren über den Kapital- und Verbriefungsmarkt vernetzt werden. Dies gilt insbesondere für den Versicherungssektor. Damit werden die europäische Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz gestärkt.
Warum ist der KfW das Thema Verbriefung so wichtig?
Die Situation der Wirtschaft im internationalen Wettbewerb, die begrenzten Finanzmittel öffentlicher Haushalte sowie der Zustand der Infrastruktur zeigen einen enormen Investitionsbedarf in Deutschland und der Europäischen Union. Dieser Bedarf kann nicht allein durch die Bundesregierung, die KfW, weitere Förderbanken oder den Bankensektor mobilisiert werden.
Welche Rolle können Verbriefungen spielen?
Banken als Finanzierer des Mittelstands in Deutschland und Europa können mithilfe von Verbriefungen eine Brückenfunktion zwischen den Kapitalmärkten und den Unternehmen übernehmen. Synthetische Verbriefungen ermöglichen es ihnen, notwendiges Eigenkapital freizusetzen, das wiederum für die Vergabe weiterer Kredite in die Wirtschaft investiert werden kann. Die Mobilisierung privaten Kapitals ist dabei ein zentrales Anliegen, auch für die KfW. Deshalb setzen wir uns schon lange für eine europäische Kapitalmarktunion ein. Dies gilt insbesondere für VC-Finanzierungen und Verbriefungen als wichtige Ergänzungen zur klassischen Kreditvergabe der Banken.
Fehlt es an Kapital?
Europa hat keinen Mangel an Kapital, aber es mangelt an Risikobereitschaft, sowohl bei den regulierenden Institutionen als auch bei den kapitalstarken Investoren. Als Impulsgeberin für Transformation engagieren wir uns daher aktiv in der Wissensvermittlung und der Vernetzung relevanter Stakeholder.
Die Fragen stellte Detlef Fechtner.