Im GesprächMiye Kohlhase

Bankenverband fordert Reform der Verbriefungsregeln

Deutschlands private Banken fordern die Regulierer auf, die Vorgaben für Verbriefungen umfassend zu überarbeiten – unter anderem mit Blick auf die Risikogewichtung und die Transparenzvorgaben.

Bankenverband fordert Reform der Verbriefungsregeln

IM GESPRÄCH: Miye Kohlhase

„Die Risikogewichtung bremst“

Bankenverband fordert Reform der Verbriefungsregeln in Europa – Schlechter Ruf der Instrumente sei nicht gerechtfertigt

Deutschlands private Banken fordern die Regulierer auf, die Vorgaben für Verbriefungen umfassend zu überarbeiten – unter anderem mit Blick auf die Risikogewichtung, die Transparenzanforderungen und die Harmonisierung im Zivilrecht. Verbriefungen hätten als Finanzierungsinstrument auf dem europäischen Markt zu Unrecht einen schlechten Ruf, sagt Geschäftsleiterin Miye Kohlhase.

Von Detlef Fechtner, Frankfurt

Der Bundesverband deutscher Banken, die Interessenvertretung der privaten Kreditinstitute, macht sich angesichts des riesigen Finanzierungsbedarfs für den nachhaltigen Umbau der Wirtschaft für eine Reform des Regelwerks für Verbriefungen stark. Es gehe darum, „ein für Investoren und Emittenten attraktives Ökosystem zu organisieren“, erklärt Miye Kohlhase, Mitglied der Geschäftsleitung des Verbands im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Dazu gehören auf jeden Fall auch ganzheitlich überarbeitete Verbriefungsregeln.“ Derzeit fänden sich Vorgaben in unterschiedlichen EU-Rechtsakten. „Hier brauchen wir gleichzeitige Anpassungen.“

Ein Augenmerk sollte dabei den Kapitalvorgaben gelten. Aus Sicht der Investoren werden Kohlhase zufolge Verbriefungen derzeit schlechter behandelt als Kapitalmarktprodukte mit gleichem Risikoprofil. „Die Risikogewichtung bremst“, kritisiert die BdB-Vertreterin. Obwohl Risiken – etwa durch Selbstbehalt und Weiterverbriefungsverbot – verringert worden seien, sei der pauschale Risikoaufschlag für Verbriefungen, der sogenannte p-Faktor und Verbriefungsfloor, nicht ausreichend nachjustiert worden. „Wir brauchen eine Rekalibrierung“, lautet die Forderung der privaten Banken.

Auch Berichtsvorgaben sollten nach ihren Worten reformiert werden. „Die Transparenzpflichten sind unpragmatisch.“ Wenn ein Investor einer privaten Transaktion selbst eine Due Diligence vornehme, zum Beispiel bei der Verbriefung von kurzfristigen Handelsforderungen, ist ihrer Ansicht nach nicht nachzuvollziehen, warum darüber hinaus noch umfangreich Daten aufbereitet werden müssen, die für öffentliche Verbriefungen gedacht sind. Der Investor greife ohnehin nicht darauf zurück. Das bedeute zeitlichen Mehraufwand, dem keinerlei Nutzen gegenüberstehe. Es gehe nicht nur darum, Prozesse und Verträge im Zivilrecht zu standardisieren, sondern auch um eine weitere Vereinheitlichung, um mit Verbriefungen Forderungen aus unterschiedlichen Ländern zu bündeln.

Nicht nur Banken sind gefragt

Kohlhase macht deutlich, dass es sich bei Verbriefungen nicht um ein Nebenthema handelt, sondern um eine bedeutende Stellschraube zur Deckung eines aktuell hohen Finanzierungsbedarfs von Unternehmen. „Um die nachhaltige Transformation der Wirtschaft zu finanzieren, brauchen wir über die klassische Bankenfinanzierung hinaus eine breitere Aufstellung“, betont sie und fügt an: „Verbriefungen sind dabei ein wichtiges Element.“ Leider habe dieses Instrument immer noch einen schlechten Ruf. Mit Blick auf den europäischen Markt sei das aber nicht gerechtfertigt, „und war es auch nicht in den Jahren der Finanzkrise“.

Selbstverständlich müsse nicht jeder Mittelständler am Kapitalmarkt aktiv sein. Viele kleine und mittlere Unternehmen wollten das gar nicht. „Es geht vielmehr darum, Kapitalmarktinvestoren für die Finanzierung des Mittelstands zu nutzen und daran zu beteiligen.“ Durch Verbriefungen entstünden dann neue Spielräume für die Kreditvergabe.

„Nicht allein Finanzstabilität und Verbraucherschutz“

Mit Blick auf das größere Bild, nämlich die Finanzmarktregulierung in Europa und die Bemühungen, den Kapitalmarkt effektiver als Finanzierungsquelle einzusetzen, wirbt Kohlhase für eine stärkere Orientierung am Aspekt der Wettbewerbsfähigkeit hiesiger Finanzdienstleister. „Der Bankenverband setzt sich dafür ein, dass sich das EU-Rahmenwerk für den Kapitalmarkt nicht allein an den Zielen Finanzstabilität und Verbraucherschutz orientiert, sondern auch am Ziel der globalen Wettbewerbsfähigkeit.“ Die Europäische Union sollte eine „Sogwirkung für Liquidität entwickeln“, betont sie und plädiert „für kapitalmarktrelevante Anpassungen beispielsweise im Insolvenzrecht“.

Das Geschäft entwickele sich ständig weiter: Als Beispiel nennt die Bankexpertin die Verrechnung von Termingeschäften über Zentrale Gegenparteien. Viele Regeln hingegen würden seit mehr als 20 Jahren nicht angepasst.

Auch hier hat sie Beispiele vor Augen: „Der harmonisierte zivilrechtliche Rahmen in Form der Finanzsicherheiten-Richtlinie und der Finalitäts-Richtlinie muss dringend modernisiert werden.“ Die eine Richtlinie stamme aus dem Jahr 2002, die andere sogar von 1998. Auch im Steuerrecht bestehe Modernisierungsbedarf, zum Beispiel bei der EU-weit einheitlichen Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen.

Furcht vor Provisionsverbot

Angesprochen auf die derzeit im EU-Gesetzgebungsverfahren befindliche Kleinanlegerstrategie erklärt Kohlhase, der Bankenverband unterstütze die Ziele des Vorhabens. „Aber den konkreten Vorschlag der EU-Kommission – Stichwort partielles Provisionsverbot – halten wir nicht für hilfreich, um mehr Anlegerinnen und Anleger an die Kapitalmärkte zu bringen.“ Das sei aber wichtig. „Wir müssen die Bedingungen für das Wertpapiersparen generell attraktiver machen.“

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