DIE ALLIANZ ZIEHT BILANZ

Die Sonne scheint über der Allianz

Rekorde allerorten: Mehr als 100 Millionen Kunden und ein stark steigender Umsatz - Nettogewinn schließt zur Zeit vor Finanzkrise auf

Die Sonne scheint über der Allianz

mic München – Alle Jahre wieder purzeln im Allianz-Zahlenwerk die Rekorde – dementsprechend zufrieden zeigte sich der Vorstand auf der Jahrespressekonferenz in München. Vorsitzender Oliver Bäte verwies auf “ordentliches Wetter” – es strahlte die Sonne über der Allianz-Zentrale – und fügte gegenüber den Journalisten hinzu: “Das passt zu den Zahlen, die wir Ihnen heute vorstellen möchten.” Die Präsentation sei unter das Motto “Liefern” gestellt worden: “Das ist sicherlich eine gute Überschrift für das ganze Thema.” Giulio Terzariol merkte als Finanzvorstand etwas nüchterner an: “Insgesamt war es ein sehr gutes Jahr.”Die Allianz steigerte den Umsatz um 7,6 % auf den Rekordwert von 142,4 Mrd. Euro. Bäte hielt mit seiner Zufriedenheit nicht hinter dem Berg: “Das muss man sich mal vorstellen. Dies ist also mehr als zwei Mal so viel, wie das Weltwirtschaftswachstum war.” Auch der Vergleich mit der Firmenhistorie lässt die Zahl glänzen: Letztmals wurde 2014 eine höhere Prozentzahl erreicht, und die Wachstumsrate kumuliert in den Jahren 2015 bis 2018 war kaum höher als im Jahr 2019 allein. Bereinigt um Wechselkurs- und Konsolidierungseffekte betrug das Plus 2019 immerhin noch 5,9 %.In der Spartensicht war die Lebens- und Krankenversicherung das Zugpferd. Sie steigerte den Barwert der Neugeschäftsbeiträge um 15 % auf 67 Mrd. Euro. Champion der Sparte ist der deutsche Ableger, der mit einem Plus von 31 % auf 25 Mrd. Euro glänzte. Das Plus in der Schaden- und Unfallversicherung betrug bereinigt um Wechselkurs- und Konsolidierungseffekte 4,7 %. Kunden weniger zufriedenDie Expansion in der Gruppe fußt auch auf dem Gewinn zusätzlicher Kunden. Erstmals durchstieß die Allianz die Marke von 100 Millionen: Ihre Zahl stieg im vergangenen Jahr um 10 % auf 101 Millionen. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 hatte die Allianz erst 78 Millionen ausgewiesen. Bäte wies darauf hin, dass aktuell 200 Millionen indirekte Kunden hinzukämen, die über Partner mit Allianz-Produkten bedient würden.Die Zufriedenheit der Kunden, gemessen anhand der NPS-Systematik, sank allerdings im vergangenen Jahr von 74 % auf 70 %. Er habe das Thema besonders in der Sachversicherung in Zentraleuropa im Auge, sagte Bäte: “In einer sich digitalisierenden Welt schützt nur hohe Kundenzufriedenheit.” Man müsse sich immer im Vergleich zum lokalen Wettbewerb sehen. In Deutschland sei man besser als die meisten Unternehmen. “Aber die HUK-Coburg ist zum Beispiel viel besser, und die wollen wir dann auch irgendwann erreichen”, sagte Bäte: “Aber da haben wir noch ein bisschen Arbeit.”Der operative Gewinn kletterte um 3 % auf den Rekordwert von 11,9 Mrd. Euro (siehe Tabelle). Damit landete das Ergebnis wie zuletzt prognostiziert in der oberen Hälfte der Bandbreite von 11 Mrd. Euro bis 12 Mrd. Euro. Ergebnistreiber war die Lebens- und Krankenversicherung, die von einem besseren Kapitalanlageergebnis auch durch Gewinnrealisierungen profitierte. Das Plus betrug 13 % auf 4,7 Mrd. Euro. Zusammen mit dem Gewinnanstieg im Assetmanagement von 7 % auf 2,7 Mrd. Euro wurde der Einbruch im Segment Sachversicherung um 12 % auf 5,0 Mrd. Euro überkompensiert.Die größte Sparte litt insbesondere unter dem Verlust in der Industrieversicherung, so dass die kombinierte Schaden- und Kostenquote von 94,0 % auf 95,5 % stieg (siehe nebenstehender Bericht). Terzariol betonte, das Ziel von 93 % im Jahr 2021 bleibe gültig. Einen wichtigen Beitrag zum Gewinnplus leistete auch das Segment Corporate: Ein Gewinn der Einheit Allianz Technology sorgte dafür, dass der Segmentverlust um 230 Mill. Euro niedriger ausfiel.Obwohl die Allianz das operative Ergebnis zum achten Mal in Folge steigerte, schrumpfte die zuvor stabile operative Rendite leicht: Sie ging von 8,8 % auf 8,3 % zurück (siehe Grafik). Bäte erklärte dies am Rande der Pressekonferenz mit drei Effekten: dem Verlust in der Sparte Industrieversicherung, dem starken Wachstum der renditeschwächeren Lebensversicherung und der Expansion sonstiger Dienstleistungen mit einer ebenfalls niedrigeren Rendite.Für die Aktionäre verwandelte sich das Plus des operativen Gewinns von 3,0 % in einen Anstieg des Ergebnisses pro Aktie von 8,4 % auf den Rekordwert von 18,90 Euro, so dass die Dividende um 6,7 % auf 9,60 Euro je Aktie erhöht werden soll. Drei Faktoren sorgten für die Dynamik.Erstens sank der nichtoperative Verlust um 335 Mill. Euro auf -778 Mill. Euro. Dafür sorgten unter anderem ein Veräußerungsgewinn durch Immobilienverkäufe (0,3 Mrd. Euro) und der Wegfall einer Sonderbelastung 2018 in Taiwan (0,2 Mrd. Euro). Diese positiven Effekte wurden teils egalisiert durch Abschreibungen auf argentinische und libanesische Anleihen (0,2 Mrd. Euro).Der zweite Effekt zugunsten der Aktionäre: Die Steuerquote sank von 25,9 % auf 25,1 %. Terzariol erklärte dies am Rande der Pressekonferenz mit dem höheren Gewinnbeitrag aus den USA. In der Konsequenz stieg der Nettogewinn, der auf die Anteilseigner entfällt, um 6,1 % auf 7,914 Mrd. Euro – und blieb damit nur 52 Mill. Euro unter dem bisher höchsten Nettogewinn in der Allianz-Geschichte kurz vor der Finanzkrise im Jahr 2007. Dass der Gewinn pro Aktie schneller als der Nettogewinn stieg, ist – drittens – dem Aktienrückkauf auch im Jahr 2019 zuzuschreiben.Die Eigenkapitalrendite stieg von 13,2 % auf 13,6 % und damit auf den höchsten Wert der vergangenen zehn Jahre. Vor der Finanzkrise hatte sie 16,4 % im Jahr 2007 erreicht. Vermögensverwaltung glänztIm Zahlenwerk sticht der Anstieg des für Dritte verwalteten Vermögens heraus. Es stieg um 250 Mrd. auf das Allzeithoch von 1,7 Bill. Euro. Die Nettomittelzuflüsse addierten sich auf 76 Mrd. Euro, nachdem im Vorjahr 3 Mrd. Euro abgeflossen waren. “Der Haupttreiber für die gute Entwicklung im Asset Management war Pimco”, diagnostizierte Terzariol. Allianz Global Investors verbuchte Abflüsse von 8 Mrd. Euro.In der Sachversicherung sank die Kostenquote von 28,0 % auf 27,5 % und damit auf das Niveau, das eigentlich erst im Jahr 2021 erreicht werden sollte. Die Fortschritte sind frappierend: 2017 stand die Allianz noch bei 28,7 %. Terzariol sagte am Rande der Pressekonferenz, dass nun für das Jahr 2021 ein Wert zwischen 27 % und 27,5 % angepeilt werde.Die hohe Combined Ratio in Spanien von 98,3 % kommentierte Bäte sehr kritisch: “Das Thema Spanien ist ein Unfall, der eigentlich nicht passieren soll.” Dort sei die Schadeninflation unterschätzt worden, man habe dies innerhalb eines Jahres gelöst. Er mahnte andere Allianz-Gesellschaften, man müsse bei der Schadenreservierung in den Geschäftsjahren aufpassen.Die drastisch gestiegenen unrealisierten Gewinne (von 7 auf 18 Mrd. Euro) ließen das Eigenkapital um 21 % auf 74 Mrd. Euro steigen. Die Solvenzquote, die Ende September infolge des Zinsrutsches abgestürzt war, landete bei 212 %. Dies sei eine gute Kapitalisierung, sagte Terzariol. Bäte kündigte angesichts von Änderungen bei der Eigenkapitalrichtlinie an: “Solvency II wird zum Beispiel in diesem Jahr intensiv angeguckt.”