Konsolidierung unter britischen Versicherern

Direct Line nimmt nachgebessertes Aviva-Angebot an

Aviva hat sich im zweiten Anlauf durchgesetzt. Der Versicherer übernimmt den Rivalen Direct Line für 3,6 Mrd. Pfund.

Direct Line nimmt nachgebessertes Aviva-Angebot an

Milliardendeal im britischen Versicherungswesen

Direct Line nimmt 3,6 Mrd. Pfund schweres Aviva-Angebot an

hip London

Der britische Versicherer Aviva hat den Board von Direct Line überzeugt: Die einst von der Royal Bank of Scotland ausgegliederte FTSE-250-Gesellschaft lässt sich für 3,6 Mrd. Pfund vom größeren Rivalen übernehmen, wie einem gemeinsamen Statement zu entnehmen ist. Den ersten Anlauf hatte Direct Line noch abgeschmettert, dann legte Aviva nach und erhöhte ihr Angebot um ein Zehntel.

„Direct Line hat schließlich nachgegeben“, konstatierte der Analyst Matt Britzman von Hargreaves Lansdown. Zunächst hatte der Board darauf beharrt, als eigenständiges Unternehmen weiterzumachen. Aber dann habe er doch zugeben müssen, „dass das Angebot von Aviva einfach zu gut ist, um es auszuschlagen“.

Versüßte Offerte

Aviva hatte ihre Offerte von 250 auf 275 Pence je Aktie von Direct Line erhöht. Das entsprach einer Prämie von 73% auf den Kurs vor Bekanntwerden des Übernahmeinteresses. Aviva zahlt 129,7 Pence in bar. Bis zu 5 Pence sollen in Form von Dividenden fließen. Zudem erhalten die Anteilseigner der Zielgesellschaft 0,2867 neue Aviva-Aktien je Anteilsschein. Sie werden nach der Übernahme 12,5% der fusionierten Gesellschaft halten.

Aviva gehen Citigroup und Goldman Sachs zur Hand. Direct Line lässt sich von Morgan Stanley und Robey Warshaw beraten. RBC Capital Markets fungiert als Corporate Broker. Direct-Line-CEO Adam Winslow, der das Amt Anfang des Jahres übernahm, führte zuvor das Versicherungsgeschäft von Aviva auf dem Heimatmarkt und in Irland.

Lange als Übernahmekandidat gehandelt

Direct Line bot sich nach einer Reihe von Gewinnwarnungen als Übernahmeziel an. Nach der Pandemie hatte Autoversicherern die rasante Inflation zu schaffen gemacht. Die Gebrauchtwagenpreise gingen durch die Decke, als wegen des weltweiten Halbleitermangels nicht mehr so viel Fahrzeuge produziert werden konnten wie nachgefragt wurden. Entsprechend stark stiegen auch die Kosten für Reparaturen, Mietwagen und so weiter.

Direct Line schüttete jedoch unter Winslows Vorgängerin weiter Kapital in Form von Aktienrückkäufen an die Anteilseigner aus. Als sich der schöne Schein nicht mehr aufrechterhalten ließ, feuerte der Board Anfang 2023 die damalige Chefin Penny James.

Führende Position bei Kfz-Versicherungen

Nicht nur Aviva, auch die belgische Aegas hatte Interesse gezeigt. Deren nachgebessertes Angebot hatte bei 261 Pence gelegen. Dem Londoner Versicherer bietet der Zukauf die Möglichkeit, seine Marktanteile bei Auto- und Hausversicherungen deutlich auszuweiten. Bis zum 25. Dezember muss er nach britischem Übernahmerecht ein verbindliches Angebot machen.

Bei Kfz-Versicherungen könnte Aviva dann den bisherigen Marktführer Admiral entthronen. Die Analysten der UBS schätzen den gemeinsamen Marktanteil auf 25%. Admiral hält 24%. Der Wettbewerb in diesen Geschäften ist äußerst intensiv. Preisvergleich-Websites sind dabei von großer Bedeutung.

Erhebliches Einsparpotenzial

Größe spielt eine wesentliche Rolle, wenn sie Skaleneffekte mit sich bringt. Die Analysten von Panmure Gordon beziffern die möglichen Einsparungen auf bis zu 25%. Direct Line hatte selbst Kostensenkungen von 100 Mill. Pfund identifiziert. Aviva geht davon aus, mehr einsparen zu können.

Die Wettbewerbshüter von der CMA (Competition & Markets Authority) dürften sich den Deal ansehen. Allerdings ist der Markt auch nach der Übernahme noch fragmentiert. Die Preismacht der erstarkten Aviva dürfte sich in Grenzen halten.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.