Diskussion ohne Ideologie

Deutschlandchef von BNP Paribas ruft zu sachlicherer Klimadebatte auf

Diskussion ohne Ideologie

Die Diskussion über die Frage, was nachhaltig ist, sollte nach Ansicht von Lutz Diederichs nüchterner geführt, die deutsche Sichtweise etwa zur Atomenergie auch hinterfragt werden. Auf Deutschland sieht er möglicherweise eine Debatte zukommen, ob der Ausstieg aus der Kernenergie sinnvoll war. fir Frankfurt – Eine Versachlichung der Klimadebatte wünscht sich der Vorstandsvorsitzende der BNP Paribas Deutschland, Lutz Diederichs – beispielsweise bei der Frage, ob Atomkraft als nachhaltig zu betrachten ist oder nicht. “Wir brauchen eine Kultur, in der die Dinge offen diskutiert werden. Die Diskussionen werden zum Teil ideologisch geführt. Wir müssen hin zu einer rationaleren Diskussion und weg von einer ideologischen”, sagte der Deutschlandchef der französischen Großbank am Donnerstag auf der Konferenz “23. Bank der Zukunft” des International Bankers Forum (IBF). Zweifel am AtomausstiegDiederichs bekundete seine Zweifel, ob der von der Bundesregierung beschlossene Ausstieg aus Kernenergie und Kohlekraft ratsam war. “Ich bin mir nicht sicher, ob wir nicht in Deutschland in einigen Jahren eine Diskussion führen werden, ob es wirklich klug war, aus der Kernenergie auszusteigen. Es ist eine zutiefst deutsche Sicht, zu sagen, Kernenergie ist per se nicht nachhaltig.” Frankreich, das stark auf Atomkraft setzt, geht völlig anders mit dem Thema um als Deutschland, wie sich auch im Hickhack um die Definition grüner Finanzprodukte in der Europäischen Union (Taxonomie) zuletzt gezeigt hat. Viel Applaus erntete er, als er anzweifelte, ob ohne Atomkraft, mit ausschließlich alternativen Energiequellen, die Industriesicherheit und die Energiestabilität im Land zu gewährleisten sei. “Da ist ein großes Fragezeichen.”Auch der als Weltklimarat der Vereinten Nationen bezeichnete zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) habe sich in mehreren Berichten neben erneuerbaren Energien für Atomkraft als wesentliche Energiequelle ausgesprochen, mit der sich der Klimawandel zumindest bremsen lasse.Das Thema Nachhaltigkeit, das “nachhaltig bleiben” werde, habe auf Finanzinstitute dauerhaften Einfluss. Druck komme von den verschiedensten Seiten, sagte Diederichs – von Investoren, von Kunden und vor allem, das dürfe nicht unterschätzt werden, von den Mitarbeitern. “Sie haben keine Chance mehr, heute intelligente, gut ausgebildete 25-Jährige zu halten, wenn sie zu Sustainability keine klare Position einnehmen. Und zwar eine klare und glaubwürdige Position. Sie müssen sagen, was Sie wollen, Sie müssen aber auch deutlich sagen, was Sie nicht wollen.” Finanzinstitute und Unternehmen müssten erklären, wozu sie da sind und welchen Beitrag zur Nachhaltigkeit sie leisten.Der BNP-Deutschlandchef geht davon aus, dass Green Finance in wenigen Jahren kein Thema mehr sein wird. “Nicht, weil es eine Modeerscheinung war, sondern weil alles, was nicht grün ist, außerhalb des Standards liegen wird. Grün wird sich nicht mehr grün nennen, weil es eine Selbstverständlichkeit ist.” Es sei nur noch eine Frage der Zeit, vielleicht von zwei, drei Jahren, bis Kunden ihre Banken fragen würden, was sie mit ihrem Geld anstellen.