Im GesprächJohannes Koch, DZ Bank

„Arbeitgeberattraktivität ist mehr als der Gehaltsscheck“

Eine moderne Präsenzkultur beschwört der Arbeitsdirektor der DZ Bank, Johannes Koch. Um dem Fachkräftemangel etwas entgegenzusetzen, ist seines Erachtens unter anderem ein modernes Arbeitsumfeld, das Freiräume eröffnet, maßgeblich. Auch deshalb konzentriert in Frankfurt die Bank ihre Kräfte im Westend-Turm.

„Arbeitgeberattraktivität ist mehr als der Gehaltsscheck“

Im Gespräch: Johannes Koch

„Arbeitgeberattraktivität ist mehr als der Gehaltsscheck“

Arbeitsdirektor zeigt auf, was die DZ Bank gegen Fachkräftemangel tut – Umzug in Westend-Turm als zentralen Standort für 4.000 Beschäftigte in Frankfurt

Eine moderne Präsenzkultur beschwört der Arbeitsdirektor der
DZ Bank, Johannes Koch. Um dem Fachkräftemangel etwas entgegenzusetzen, hält er etwa ein modernes Arbeitsumfeld, das Freiräume eröffnet, für maßgeblich. Auch deshalb konzentriert die Bank in Frankfurt ihre Kräfte im Westend-Turm.

Von Tobias Fischer, Frankfurt

Um die Arbeitgeberattraktivität in Zeiten des Fachkräftemangels zu stärken, setzt die DZ Bank auf einen Maßnahmenmix, zu dem in Frankfurt auch die Bündelung der Kräfte im Westend-Turm zählt, wie Vorstandsmitglied Johannes Koch im Gespräch mit der Börsen-Zeitung deutlich macht. Als Arbeitsdirektor treibt ihn um, wie etwa Nachwuchstalente zu finden und Mitarbeiter zu fördern und zu halten sind. „Das bedarf einer langfristigen Strategie, die verschiedene Komponenten umfasst. Bei uns sind das wirtschaftliche Substanz, eine moderne Arbeitskultur und überzeugende Führung“, sagt Koch, der zu Beginn des Jahres 2024 in das Führungsgremium aufgerückt ist.

Personalbindung als Daueraufgabe

Personalsuche und -bindung betrachtet er als Daueraufgabe. „Arbeitgeberattraktivität ist viel mehr als nur der Gehaltsscheck und irgendwelche Benefits. Damit allein lassen sich Menschen langfristig nicht binden.“ Der Umzug ist ihm zufolge auch Teil dessen, was er als „moderne Präsenzkultur“ bezeichnet, der angesichts des demografischen Wandels zunehmende Bedeutung zukomme. „Für den Unternehmenserfolg benötigen die Kolleginnen und Kollegen Freiräume, um innovativ sein zu können“, sagt Koch. „Dazu zählt ein Arbeitsumfeld mit optisch ansprechenden und modern ausgestatteten Räumen zur Kollaboration, aber auch mit Räumen zum Rückzug. Das kombinieren wir mit flexiblen Regelungen zum mobilen Arbeiten.“

Wie oft die rund 6.000 DZ-Bank-Mitarbeiter, davon 4.000 in Frankfurt, im Büro erscheinen sollen, wird laut Koch nicht von ganz oben vorgegeben, sondern in den rund 400 Teams in der Bank entschieden, wobei die Wahl des jeweiligen hybriden Modells inhaltlich begründet sein müsse. Klar sei aber auch, dass der „Anker-Arbeitsplatz“ in der Bank sei.

Auszug aus City-Haus I

Der ist in der Mainmetropole künftig im Westend-Turm, jenem Gebäude, vor dem die rund zwölf Meter hohe Skulptur „Krawatte“ prangt. Von den beiden Hochhäusern am Platz der Republik, die zusammen mit dem dazwischen liegenden, siebenstöckigen City-Haus II die Zentrale der nach Bilanzsumme zweitgrößten Bank Deutschlands bilden, gibt sie das in den 70er-Jahren erbaute, 142 Meter hohe City-Haus I auf. Der Umzug in den mit 208 Metern um einiges höheren Westend-Turm soll bis Jahresende im Wesentlichen abgeschlossen sein. Bislang sind nach Unternehmensangaben etwa 800 Beschäftigte gewechselt, rund 200 weitere folgen.

Zur Zentrale der DZ Bank in Frankfurt zählen noch die drei Gebäude am Platz der Republik (von ganz links): City-Haus I, das siebenstöckige City-Haus II und der Westend-Turm (Kronenhochhaus). Das City-Haus I räumt die DZ Bank bis Jahresende, dort ziehen Mitarbeiter vorwiegend von Konzerntöchtern und Unternehmen aus der genossenschaftlichen Finanzgruppe ein. Foto: picture alliance / imageBROKER | Olaf Schulz

Schließlich werden abgesehen von wenigen Mitarbeitern, die vorerst noch im alten Turm verbleiben, alle DZ Banker in der Mainmetropole im Westend-Hochhaus und im City-Haus II beheimatet sein. „Dies ist der zentrale Standort in Frankfurt. Wir haben keine über die Stadt oder in Vororten verstreute Liegenschaften. Alle Beschäftigten kommen hier zusammen“, sagt Koch.

Konzerntöchter beziehen Quartier

Das alte Hochhaus bleibt jedoch in der Hand der DZ Bank und wird vorwiegend an Unternehmen aus dem Konzern vermietet, mitunter auch an Dritte. Aus der DZ-Bank-Gruppe hat eine Vielzahl an Gesellschaften dort Quartier bezogen. Das Firmenschild weist unter anderem die Tochterunternehmen DZ Privatbank, DZ  Hyp, Schwäbisch Hall, Reisebank, VR Payment, R+V, Geno Broker und VR Equitypartner aus. Auch der IT-Dienstleister der genossenschaftlichen Finanzgruppe, Atruvia, hat sich eingemietet.

Teams entscheiden selbst

Die Desk-Sharing-Quote der DZ Bank liegt bei 0,7, sprich für zehn Mitarbeiter stehen sieben Büro-Arbeitsplätze zur Verfügung. Es gilt Clean-Desk-Politik, die Schreibtische müssen also ohne persönliche Utensilien hinterlassen werden. Über die Ausgestaltung der Räumlichkeiten befinden die Teams überwiegend selbst, sagt Koch. Dabei können sie aus einem Angebot an möglichen Konfigurationen auswählen, zur Seite stehen ihnen Raumplaner. Die Entscheidung, wie viele Rückzugsräume und Kollaborationsbereiche, in denen der Austausch und die Teamarbeit im Vordergrund stehen, zur Verfügung stehen sollen, bleibt ebenfalls den Teams überlassen.

Weg vom Silodenken

Büroflächen mit offener Gestaltung heben sich bewusst von den Arbeitsplätzen aus früheren Zeiten ab, in denen sich der Status eines Mitarbeiters oftmals auch in der Raumgröße, der Zahl der Fenster oder der Anzahl der darin arbeitenden Personen widerspiegelte, macht Koch deutlich. „Kollaboration steht im Vordergrund, der Austausch, die Vernetzung. Viele große Organisationen leiden ja am Silodenken. Schon die Raumgestaltung kann helfen, das ein wenig aufzubrechen.“ Vorher wurde überwiegend in Viererbüros gearbeitet, teilweise auch in Zweier- oder Einzelbüros.

Im 208 Meter hohen, 1993 fertiggestellten Westend-Turm, auch Kronenhochhaus genannt, bündelt die DZ Bank in Frankfurt ihre Kräfte. Foto: DZ Bank
DZ Bank

Weil die räumlichen Veränderungen nicht jedermanns Sache sein könnten, sind sogenannte Change-Begleiter im Einsatz. Sie helfen Beschäftigten, sich an die neue Arbeitsumgebung mit größeren Büros, in denen mitunter bis zu 16 Personen arbeiten, zu gewöhnen und etwaige Anpassungsschwierigkeiten und Herausforderungen im Arbeitsalltag besser zu meistern.

Jeder Fünfte bis 2035 in Ruhestand

Die DZ Bank stehe nicht nur vor der Herausforderung, Nachfolger für altersbedingt ausscheidende Mitarbeiter zu finden, sagt Koch, sondern auch Kräfte zu finden, die in Wachstumsfeldern benötigt werden. In den nächsten zehn Jahren werden seiner Aussage nach ungefähr 20% der Mitarbeiter in den Ruhestand gehen. „Sie müssen wir ersetzen. Gleichzeitig wachsen wir weiter. Wenn wir Geschäftsopportunitäten sehen, investieren wir gezielt in neue Talente.“ So seien beispielsweise im Zahlungsverkehr eine Blockchain-basierte Verwahrstelle geschaffen und dort rund 20 Kollegen eingestellt worden.

Recruiting geht alle an

Im Recruiting setzt die DZ Bank stark auf die Überzeugungskraft der Beschäftigten. „Employer Branding ist nicht allein Aufgabe der Personalabteilung oder der Führungskräfte, sondern aller Menschen, die hier arbeiten“, führt Koch aus. „Jeder kann als Markenbotschafter wirken.“ Der Erfolg spreche für sich. 25 bis 30% der Beschäftigten, die von außen eingestellt werden, gewinne die DZ Bank über Mitarbeiterempfehlungen. 

Die fast zwölf Meter hohe Krawatten-Skulptur (Inverted Collar and Tie) ziert den Eingang des Westend-Turms. Foto: DZ Bank

Ungefähr noch mal so viele würden via Social Media rekrutiert, wobei eine messerscharfe Abtrennung nicht möglich sei. Über klassische Stellenportale kämen nur noch 10 bis 15% der Arbeitskräfte. Ebenso nehme die Bedeutung von Headhuntern für die Mitarbeitergewinnung ab. Insgesamt seien in den vergangenen beiden Jahren jeweils rund 400 neue Kolleginnen und Kollegen eingestellt worden.

In Konkurrenz zu Tech-Firmen

Zu der Herausforderung, dass durch den demografischen Wandel ein geringeres Angebot an Arbeitskräften zur Verfügung steht, kommt hinzu, dass sich die Stellenprofile verändern. „Es muss nicht immer das klassische BWL-Studium mit Schwerpunkt Bankbetriebslehre sein. Wir suchen neben bankfachlichen auch andere Qualifikationen. Alles, was mit Technologie zu tun hat etwa – von Mathematikern über Quants bis hin zu Cybersecurity-Experten.“ Auch Spezialisten für Compliance, Geldwäschebekämpfung und Kryptowährungen seien sehr gefragt. „Da konkurrieren wir nicht mehr nur mit anderen Finanzinstituten, sondern mit Startups und großen Tech-Unternehmen.“

KI als Entlastung

KI helfe, die Folgen des Fachkräftemangels zu lindern, sei aber kein Allheilmittel. So könne sie repetitive Tätigkeiten ersetzen. Zudem werde es aber auch viele Aufgaben geben, bei denen insbesondere generative KI als selbstverständlicher Teil des Arbeitsalltags eingesetzt werde und Menschen leistungsfähiger mache. Die Produktivität nehme in der Breite zu „Ich glaube, in zwei, drei Jahren sind Kenntnisse über generative KI so selbstverständlich wie heute über Microsoft Office. Dadurch fallen aber nicht in erster Linie Stellen weg. Viel eher entlasten wir Mitarbeiter durch KI und ermöglichen ihnen Freiräume, um ihr Know-how noch effektiver einzusetzen.“

Chancen durch Reregionalisierung

Um die wirtschaftliche Substanz der DZ Bank weiter zu stärken, setzt Koch auch auf Wachstum. Zwei Stoßrichtungen hat er ausgemacht. Zum einen könne die Zusammenarbeit von Kapitalmarkt- und Firmenkundengeschäft noch besser verzahnt werden. Zum anderen führt er Begleitung von Firmenkunden im Ausland ins Feld: „Da tut sich insbesondere wegen der aktuellen Handelskonflikte und dem Trend zur Reregionalisierung gerade ziemlich viel.“ Die EU beweise Stärke als Kernmarkt deutscher Firmen, in dem der überwiegende Teil des Außenhandels stattfindet und künftig noch zunehmen dürfte. „Diese stärkere Reregionalisierung wollen wir als Finanzierer aktiv begleiten. Viele Unternehmen wünschen sich ja nichts mehr als stabile Rahmenbedingungen. Es ist die Unsicherheit, die im Moment Investitionen verhindert.“

Auch im Wachstumsmarkt Asien sieht Koch weitere Möglichkeiten. „Wir möchten da sein, wo unsere Unternehmenskunden sind. Deswegen werden wir eine Repräsentanz in Vietnam eröffnen.“

Zolldiskussionen und Geopolitik verunsichern Firmenkunden

Viele Firmenkunden blieben auf die USA fokussiert, beobachtet Koch. Das wird seiner Einschätzung nach grundsätzlich so bleiben. „Es herrscht aber auch eine sehr hohe Unsicherheit, weil sich das handels- und das geopolitische Umfeld verändern. „Es gibt in den USA in den nächsten Jahren voraussichtlich keine Investitionssicherheit, was eine Zurückhaltung der Unternehmen mit sich bringt.“


Zur Person

Bevor Johannes Koch eine steile Karriere in der DZ Bank hinlegte, hatte er etwas ganz anderes vor: Kirchenmusiker wollte er mal werden, besann sich dann aber eines Besseren. Nachdem er rund zwei Jahre lang Musik studiert hatte, schwenkte Koch auf BWL um. Statt nur allein Klavier und Orgel zu spielen, wollte er zusammen mit Menschen Musik machen und tat das zumindest als Hobby. So spielte er in einer Band und leitete Gospel-Chöre. Die Begeisterung ist geblieben, doch weil es dem Vorstandsmitglied naturgemäß an Zeit mangelt, ist der 49-Jährige mittlerweile nur noch einmal im Monat in seiner Frankfurter Kirchengemeinde musikalisch aktiv.

In der DZ Bank trägt Koch seit Beginn des Jahres 2024 im Vorstand Verantwortung für die DZ Bank – Verbund- und Geschäftsbank, also die Kernbank, sowie konzernweit für Personal. Seit 2013 arbeitet er in dem genossenschaftlichen Spitzeninstitut, wo er es vom Abteilungsleiter Strategie und Ressourcensteuerung zum Bereichsleiter Konzern-Finanzen brachte, anschließend zum Bereichsleiter Strategie & Konzernentwicklung und 2023 zum Generalbevollmächtigten. Vor seiner Zeit bei der DZ Bank war er bei der Boston Consulting Group tätig gewesen und davor bei der KfW. Koch wurde im hessischen Lich geboren und lebt mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern in Offenbach.