NOTIERT IN FRANKFURT

Eine Hauptversammlung ist also doch ein Fußballspiel

Unser Lieblingsspruch der Woche kam vom BVI. "Aktien: Wie Anleger auch mit kleinem Geld langfristig ein Vermögen aufbauen können", meldete der Fondsverband am Donnerstagabend zwei Stunden nach Börsenschluss in seinem Info-Service. Soeben hatte der...

Eine Hauptversammlung ist also doch ein Fußballspiel

Unser Lieblingsspruch der Woche kam vom BVI. “Aktien: Wie Anleger auch mit kleinem Geld langfristig ein Vermögen aufbauen können”, meldete der Fondsverband am Donnerstagabend zwei Stunden nach Börsenschluss in seinem Info-Service. Soeben hatte der Dax den höchsten Tagesverlust seit mehr als 30 Jahren verbucht (-12,2 %). Bei uns löste der Tag eine andere Assoziation aus: Bankkunde fragt Bankberater: “Wie komme ich zu einem kleinen Vermögen?” Antwort: “Fangen Sie mit einem großen an.”Ein schwarzer Schwan namens Corona hat die Welt im Griff, auch die Finanzwelt. Und nachdem wir im Zuge der Finanz- und der Staatsschuldenkrise den Satz “Das schließe ich aus” aus unserem Wortschatz gestrichen hatten, passieren in diesen Tagen doch wieder in Serie Dinge, die wir uns trotz allem zuvor Erlebten nun wirklich nicht vorzustellen vermochten. Wer als tagesaktuell arbeitender Journalist ständig den Nachrichtenticker im Blick hat, könnte irre werden angesichts der Flashs, die da praktisch im Sekundentakt aufpoppen. In Italien, wo die Zahl der Corona-Toten längst die Marke 1 000 überschritten hat, seien einige Krankenhäuser nun zur Triage gezwungen, lesen wir zum Beispiel am Freitag. Das heißt, die unter Kapazitätsengpässen leidenden Kliniken müssen entscheiden, welche Erkrankten noch beatmet werden und welche nicht. Wo und in welchem Jahrhundert leben wir?Bezirke und Städte in Europa abgeriegelt, Kitas, Schulen, Universitäten geschlossen, Besuchsverbote für Alten- und Pflegeheime, das öffentliche Leben, nicht nur nahezu das gesamte Sportgeschehen, bald weitgehend lahmgelegt. Auf Sozialkontakte sollen wir, wo immer möglich, verzichten, sagt die Kanzlerin. Darf ich morgens noch meine Frau umarmen und den Hund streicheln, oder schreitet dann das Gesundheitsamt ein und steckt uns in Isolationshaft? Über solche Fragen muss man sich heutzutage ernsthaft Gedanken machen.Derweil hagelt es Absagen. Wir wollen hier noch gar nicht über Bankentage reden. Aber ebenso wie eine Präsenzpressekonferenz nach der anderen fällt definitiv unsere für Ende März geplante Skatrunde in der Bornheimer Kneipe flach. Der Abstand von 1 Meter zwischen den Spielern lässt sich da nicht einhalten, und das erste Mitglied der Runde ist eh schon in Quarantäne. Bleiben wir im Interesse der Gesundheit lieber zu Hause. Und noch eine Kultveranstaltung findet nicht wie gewohnt statt: die Hauptversammlung von Warren Buffetts Berkshire Hathaway am 2. Mai wird ins Internet verlegt. Eine Hauptversammlung ist also doch ein Fußballspiel! Das Deutsche Aktieninstitut hatte ja das Gegenteil behauptet und vor einer pauschalen Verschiebung der Aktionärstreffen gewarnt.Man lernt in diesen Zeiten auch neu, was im Leben wirklich wichtig und unwichtig, was verzichtbar und unverzichtbar ist. Wichtig ist Klopapier. Beim Aldi gab es neulich keines mehr. Ein befreundeter Banker, der gehamstert hat, gab uns den Tipp, was, sollte man in diesen Zeiten – solange noch erlaubt – jemanden besuchen, als Mitbringsel unheimlich gut ankäme: eine Rolle Kokett. Zweilagig sei schon okay.