Krisenrahmen für Banken

EU-Kommission zielt auf Einlagensicherung

Mit einem Gesetzespaket zur Bankenabwicklung will die EU-Kommission "Schlupflöcher" in Einlagensicherungssystemen schließen. Die Entwürfe haben Finanzminister Christian Lindner alarmiert.

EU-Kommission zielt auf Einlagensicherung

EU-Kommission zielt auf Einlagensicherung

Brüssel forciert Umbau der Bankenabwicklung – Gesetzespaket zu Krisenregeln – Finanzminister Lindner interveniert

Stefan Reccius, Brüssel
rec Brüssel

Die EU-Kommission will die nationalen Einlagensicherungssysteme in der Europäischen Union stärker vereinheitlichen und verzahnen. Ein entsprechendes Gesetzespaket zum Krisenmanagement im Bankensektor will sie Dienstag vorstellen. Der Börsen-Zeitung liegen Entwürfe vor. Demnach ist außerdem vorgesehen, dass künftig auch Banken aus der zweiten und dritten Reihe im Notfall Zugang zum EU-weiten Bankenabwicklungsfonds SRF erhalten.

Der Krisenrahmen zur Einlagensicherung und Bankenabwicklung in Reaktion auf die Weltfinanzkrise ist ein Herzstück der sogenannten EU-Bankenunion. Er soll nun weiterentwickelt werden. Darin sind sich die EU-Staaten grundsätzlich einig. Die Einzelheiten sind indes umstritten. Sparkassen, Volksbanken und private Banken befürchten Nachteile für ihre eigenen Sicherungssysteme. Europas Großbanken lehnen höhere Beiträge zum Single Resolution Fund (SRF) ab, was ebenfalls im Raum steht.

Kürzlich hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) interveniert. In Schreiben an die EU-Kommission und Eurogruppenchef Paschal Donohoe erinnerte er an eine Absprache der Euro-Finanzminister, bei der geplanten Harmonisierung nationale Besonderheiten zu berücksichtigen. In den Schreiben, die der Börsen-Zeitung vorliegen, dringt Lindner auf „eine klare und präzise Ausnahmeregelung für institutsbezogene Sicherungssysteme von den neu eingeführten Beschränkungen“. Das sei „der klarste und einfachste Weg“, die Vereinbarungen der Eurogruppe von Mitte 2022 zu respektieren.

Abwicklungsfonds statt Steuergeld

Länder wie Italien und Frankreich verfolgen wieder andere Interessen. Die EU-Kommission steht deshalb vor der Aufgabe, die jeweiligen nationalen Vorbehalte mit ihren Vorstellungen für ein EU-weites Krisenmanagement in Einklang zu bringen. Sie erkennt Fortschritte, macht aber zugleich eine Reihe von Defiziten aus.

Den Gesetzentwürfen zufolge will die EU-Kommission „Schlupflöcher im Umfang der Einlagensicherung“ schließen. Jeder EU-Staat muss Einlagen bis 100.000 Euro absichern. Ihr werden die Bedingungen für die Verwendung der Mittel aus den einzelnen Einlagensicherungssystemen aber zu unterschiedlich ausgelegt. Die EU-Kommission diagnostiziert Mängel in deren operativer Wirksamkeit und Effizienz. Außerdem hätten nationale Behörde zu großen Ermessensspielraum.

Übergeordnetes Ziel der EU-Kommission ist, dass möglichst kein Steuergeld mehr fließen muss, wenn Banken in Schieflage geraten. Ihr schwebt vor, den einheitlichen Abwicklungsfonds SRF auf kleinere Banken auszudehnen. Bis Mitte 2022 haben die Großbanken der EU den SRF laut offiziellen Angaben mit rund 65 Mrd. Euro befüllt. Sie sind auf Kurs, das vorgeschriebene Ziel von knapp 80 Mrd. Euro bis Ende 2023 zu erreichen.

Steigende Beiträge drohen

Die Großbanken sehen es kritisch, den Geltungsbereich des SRF zu erweitern. Mehr Beiträge oder Nachforderungen stehen ebenfalls auf ihrem Index. „Die Aussicht auf eine Erhöhung der Beiträge zum SRF ist nicht akzeptabel“, stellt die französische Großbank Credit Agricole in einem Positionspapier klar, aus dem die Nachrichtenagentur Reuters zitiert. Französische Banken haben mit circa 30% den größten Anteil am SRF-Volumen geschultert (siehe Grafik). Der CSU-Europaparlamentarier Markus Ferber stimmt zu, dass es Handlungsbedarf gibt. Die Bankenabwicklung in der EU verlaufe sehr uneinheitlich. „Mehr Kohärenz wäre an dieser Stelle wünschenswert.“ Ferber warnt aber vor allzu aufwendigen und teuren Abwicklungsvorhaben bei kleineren Banken. Wie Lindner verteidigt er „die bewährten Institutssicherungssysteme von Sparkassen und Genossenschaftsbanken“. Würden diese durch die neuen Krisen-Regeln in Frage gestellt, „ist weder für Bankkunden noch für die Finanzstabilität etwas gewonnen.“

Im nächsten Schritt positionieren sich EU-Parlament und Mitgliedstaaten zu den Vorschlägen. Lindner hat die Beteiligten auf schwierige Verhandlungen eingestellt, sollten seine Forderungen nicht angemessen berücksichtigt werden. Wann immer es um das Bankenabwicklungsregime geht, kommen auch Sorgen vor einer EU-weiten Einlagensicherung (Edis) durch die Hintertür auf. Das dürfte diesmal kaum anders sein. Hochrangige Vertreter der EU-Kommission haben entsprechende Befürchtungen zurückgewiesen. Experten halten eine Vollendung der Bankenunion gleichwohl nur mit einer EU-weiten Einlagensicherung für möglich.

Mit einem Gesetzespaket zum Krisenmanagement im Bankensektor will die EU-Kommission „Schlupflöcher“ in den nationalen Einlagensicherungssystemen schließen. Die Entwürfe haben Finanzminister Christian Lindner alarmiert, der sich für die Sonderbelange von Sparkassen und Volksbanken einsetzt.