IM GESPRÄCH: MARK LIEB

England hui, Deutschland pfui

Hybridbonds britischer Banken kommen beim Investor Spectrum gut an, die Deutsche Bank weniger

England hui, Deutschland pfui

Von Bernd Neubacher, FrankfurtMark Lieb hat zunehmend in Europa zu tun. Die Gier nach Rendite sorge dafür, dass der Appetit von Anlegern auf Hybridkapital zunehme, sagt der Chief Executive Officer des auf Wandelanleihen spezialisierten Assetmanagers Spectrum Asset Management der Börsen-Zeitung.In Euroland hat spätestens die jüngste Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) deutlich gemacht, dass die Zinsen im einheitlichen Währungsraum noch sehr lange sehr niedrig bleiben werden – gute Zeiten also für Anbieter, die dank Anlagen in Convertibles mit Renditeaufschlägen winken können. Lieb: “Uns geht es gut: Die Performance stimmt, unsere Portfolios sind bezogen auf die Senior-Debt-Ebene allesamt Investment Grade, und dennoch erreichen wir Kupons von über 6 %.” Die Nachfrage brummt Die kommenden zwölf bis 18 Monate dürften seiner Meinung nach sehr gut werden. “Angesichts der gigantischen Menge negativ rentierender Anleihen wird sich die Jagd nach Renditen nochmals beschleunigen”, meint er. Auf der Suche nach Rendite die Bonitätskurve abwärts zu wandern, hält der Manager indes nicht für eine gute Idee. Angesichts des späten Zeitpunkts im Konjunkturzyklus könne dies ins Auge gehen.Spectrum, die seit 2001 unter dem Dach von Principal Global Investors, dort allerdings unabhängig, operiert, steuerte Ende Juni 21 Mrd. Dollar und ist damit einer der weltweit größten Investoren in Nachranganleihen. Im Dollar-Markt setzt die Gesellschaft vor allem auf Banken, Versicherer und Versorger, auch wenn sich ebenso Industrieemittenten in den Portfolios finden, wie Lieb erklärt. Gerade mit Blick auf Banken unterscheidet er dabei allerdings klar nach Regionen. Starke Bilanzen In den USA hätten die großen Banken in den vergangenen Jahren starke Bilanzen aufgebaut, in Europa hingegen sei zu differenzieren. Hybridkapital der Deutschen Bank etwa kommt Lieb nicht ins Portfolio: “Die Deutsche Bank befindet sich schon seit Jahren in der Defensive, das Management hat nach wie vor zu kämpfen. Ein Investor muss einfach ein gutes Gefühl bei einem Unternehmen haben. Im Fall der Deutschen Bank aber reiht sich Missgeschick an Missgeschick”, erklärt er auch mit Blick auf jüngste Berichte, denen zufolge die Bank von April 2014 bis Ende 2017 eigene Hybridanleihen in dreistelligem Millionenvolumen zurückkaufte, ohne die dafür erforderliche Genehmigung der Aufsicht zu haben.In weicherem Licht sieht Lieb die Emittentin Commerzbank, die Anfang Juli ihre erste Hybridanleihe auf den Markt gebracht hatte. Die Emission mit unbestimmter Laufzeit und einem frühestmöglichen Kündigungstermin im April 2025 hatte ein Volumen über 1 Mrd. Dollar, ihr fester Kupon wurde auf 7,0 % festgelegt. Fällt die harte Kernkapitalquote der Bank unter 5,125 %, steht den Investoren eine Herabschreibung ins Haus. “Schlechte Postleitzahl”Die Commerzbank-Emission habe man gehandelt und zum Teil auch ins Portfolio genommen, erklärt Lieb. Das Institut sei weitaus erfolgreicher als die Deutsche Bank darin gewesen, seine Bilanz zu sanieren. Im Fall Unicredit wiederum hadert der US-Amerikaner mit deutschen Vorfahren vor allem mit dem Heimatland des Instituts: “Die Kreditqualität bei Unicredit verbessert sich, aber leider hat die Bank aus Investorensicht eine schlechte Postleitzahl”, sagt Lieb.Generell mit spitzen Fingern fasst Spectrum Emittenten aus Italien, Deutschland und Griechenland an, ebenso aber auch aus Portugal. Dort hatten Anleger Verluste erlitten, als die Zentralbank des Landes Ende 2015 verschiedene Wertpapiere des zusammengebrochenen Banco Espirito Santo nach Gründung des Novo Banco in der alten Rechtseinheit zurückgelassen hatte. Dicke KapitaldeckenAnders sieht es für Lieb dagegen in Frankreich, Skandinavien, Spanien, Irland, aber auch in Großbritannien aus. Die Bilanzsummen und die Kapitaldecken der dortigen Institute seien stark, erklärt er. Den Brexit sieht er gelassen. “Die Banken hatten nun dreieinhalb Jahre Zeit, sich für alle Eventualitäten zu wappnen”, argumentiert er. Für die Ergebnisse der Institute könne der Brexit zwar einige Quartale zum Problem werden. Als Hybridkapitalanleger aber sei für ihn die Verfassung der Bilanz entscheidend. Lieb fügt allerdings hinzu: “Wäre ich ein Aktienfondsmanager, dann wäre ich mit den Aktien britischer Banken sehr vorsichtig.”