Im GesprächOliver Willmes

Ergo International stellt sich nach Portfolioumbau neu auf

Mehrere Jahre hat die Ergo im Ausland ihr Portfolio aufgeräumt. Jetzt will Vorstandschef Oliver Willmes sich in den verbliebenen Kernmärkten breiter aufstellen.

Ergo International stellt sich nach Portfolioumbau neu auf

Im Gespräch: Oliver Willmes

Ergo International stellt sich neu auf

Nach Verkauf von 21 Gesellschaften liegt Fokus auf Europa sowie Indien, China und Thailand – Krankenversicherung in Polen geplant

Mehrere Jahre hat die Ergo im Ausland ihr Portfolio aufgeräumt, zuletzt in Großbritannien. Jetzt will Vorstandschef Oliver Willmes sich in den verbliebenen europäischen Kernmärkten breiter aufstellen, aber auch in den Wachstumsmärkten Indien, China und Thailand stärker mitspielen.

Von Antje Kullrich, Düsseldorf

Nach einem mehrjährigen Portfolioumbau schaltet die Ergo in ihrem internationalen Geschäft auf eine Expansion ihrer verbliebenen Aktivitäten. Insgesamt 21 kleine Ländergesellschaften hat die Ergo International in den vergangenen sechs Jahren verkauft. Vor zwei Wochen kündigte der Konzern mit dem Verkauf der Rechtsschutzversicherung DAS UK an den Konkurrenten Arag die jüngste Transaktion an. Abgegeben wurde im Zuge des Projekts “Rosenheim”, das im März vergangenen Jahres abgeschlossen wurde und dem seitdem noch drei kleinere Rechtsschutz-Transaktionen folgten, insgesamt ein Beitragsvolumen von einer halben Milliarde Euro. Zudem wurde das Lebensversicherungsgeschäft in Belgien in den Run-off geschickt. Es waren Töchter, die den Ansprüchen der Munich-Re-Tochter nicht genügt haben. Über die finanzielle Bilanz der Aufräumaktion im Portfolio schweigt sich der Versicherer aus.

“Wir wollen in jedem Markt in Europa, in dem wir präsent sind, eine relevante Rolle spielen”, formuliert der Vorstandschef der Ergo International, Oliver Willmes, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung die Erwartungen. Herausgekommen ist ein Mix, der sich nicht über geografische Stringenz, sondern durch Marktgegebenheiten definiert. “Wir setzen auf zwei Regionen: die europäischen Kernmärkte, in denen wir heute schon aktiv sind und in denen wir bereits starke Marktpositionen einnehmen. Und die Wachstumsmärkte Indien, China, Thailand, wo sich die Versicherungswirtschaft noch entwickelt und wo deshalb mittel- bis langfristig große Potenziale liegen”, beschreibt Willmes.

Ein Drittel der Beiträge aus dem Ausland

Das Geschäft außerhalb des Heimatmarktes ist für die Ergo ein wichtiges Standbein. Unter Einbeziehung der nicht konsolidierten Joint Ventures in Asien kommt knapp ein Drittel der Beitragseinnahmen des Konzerns von ausländischen Töchtern. Kernmärkte sind Polen, wo die Ergo Hestia zu den Branchengrößen in der Schaden- und Unfallversicherung zählt, Belgien mit der Nummer eins in der Krankenversicherung und Spanien.

| Quelle:

„Wir wollen ein Gesamtportfolio für die Gruppe bauen, das vor dem Hintergrund des weitgehend gesättigten Marktes in Deutschland mehr Wachstumschancen bietet“, sagt Willmes. Konkrete Wachstumsziele nennt der Manager, der seit fast 20 Jahren für die Ergo arbeitet und seit 2019 die Ergo International führt, nicht. Die Ergebnisambitionen orientieren sich an den Vorgaben für den gesamten Munich-Re-Konzern. Er soll bis 2025 ein Return on Equity zwischen 14 und 16% (nach IFRS 17) erreichen. Dazu soll die Ergo International beitragen. Noch ist Luft nach oben. Das vergangene Jahr fiel hinter dem sehr guten Vorjahr zurück: Das Nettoergebnis fiel um ein Viertel auf 155 Mill. Euro, was der Vorstand mit geringeren Ergebnisbeiträgen der Beteiligungen, höheren Abschreibungen und einem gesunkenen Kapitalanlageergebnis erklärte.

In einigen bestehenden Märkten will die Ergo ihre Produktpalette verbreitern, um die Abhängigkeit von einzelnen Sparten zu verringern. So soll in Polen Ende des Jahres ein Krankenversicherungsangebot starten. Bei der Konzeption greift der Konzern auf das Know-how aus Belgien und Spanien zurück. Externes Wachstum ist möglich, hat aber keine Priorität: “Wir planen nicht mit M&A”, sagt Willmes. “Wenn es attraktive Opportunitäten gibt, vornehmlich in den Märkten, in denen wir heute schon sind, dann prüfen wir diese.”

Ambitionen in Asien

Die größten Wachstumschancen sieht die Ergo jedoch in Asien. In Indien ist die stark expandierende HDFC Ergo, an der die Deutschen mit 49% beteiligt sind, unter den nichtstaatlichen Schadenversicherern bereits zum zweitgrößten Player aufgestiegen. Das Beitragsvolumen der Gesellschaft liegt bei umgerechnet rund 2 Mrd. Euro.

In Thailand baut Ergo gerade die Marktposition aus. Die bisherige Beteiligung an der Ergo Insurance Thailand wurde jüngst mehrheitlich erworben. Zudem übernimmt Ergo gerade einen weiteren Konkurrenten im Markt, die bislang börsennotierte Nam Seng Insurance. Das Closing war im Februar,  mittlerweile ist die Gesellschaft von der Börse genommen und soll im Herbst vollständig integriert werden. Für die neue Tochter, die rund 80 Mill. Euro Beitragseinnahmen mitbringt, hat Ergo rund 80 Mill. Euro bezahlt. Im thailändischen Schaden- und Unfallversicherungsmarkt hat sich die Ergo-Tochter mittlerweile auf Rang neun vorgearbeitet, ist damit aber langfristig noch nicht zufrieden.

In China ist der Versicherungskonzern ein regionaler Player und mit der Ergo China Life in der Provinz Shandong aktiv, die knapp 100 Millionen Einwohner zählt. Die bisher hälftige Beteiligung am Joint Venture will die Ergo auf 65% aufstocken. Die behördliche Genehmigung dafür steht allerdings noch aus. Im Neugeschäft in der Provinz ist das Unternehmen Nummer zwei im Markt mit insgesamt rund 300 Mill. Euro Beitragseinnahmen. Profitabel ist der junge Versicherer, der sich noch im Aufbau befindet, nicht. 2025 soll der Break-even geschafft werden.

Oliver Willmes führt als Vorstandschef seit 2019 die Ergo International. Seit fast 20 Jahren arbeitet er für den Konzern.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.