Allianz

Erste Erhöhung der Gesamt­verzinsung seit Finanzkrise

Die Zinsen auf Festgelder steigen, und die Lebensversicherer müssen sich diesem Wettbewerb wieder neu stellen. Der Marktführer Allianz gibt den Takt vor und erhöht die Gesamtverzinsung für das Jahr 2023.

Erste Erhöhung der Gesamt­verzinsung seit Finanzkrise

mic München

Börsen-Zeitung, 6.12.2022

Die Allianz erhöht erstmals seit der Finanzkrise die Gesamtverzinsung in ihrer deutschen Lebensversicherung. „Das ist absolut nicht selbstverständlich in so volatilen Märkten“, sagt Volker Priebe, der im Allianz-Leben-Vorstand für Privatkunden und Produkte zuständig ist, der Börsen-Zeitung. Im nächsten Jahr werde den Kunden für das Produkt „Perspektive“ eine Gesamtverzinsung von 3,5 % angerechnet.

Die Zinsberechnung basiere auf der Finanzstärke der Allianz und dem breiten Mix der Kapitalanlagen, erklärt Priebe: „Wir senden im gegenwärtigen Umfeld ein hochattraktives Signal.“ Es gebe schließlich auch Experten, die zum Jahreswechsel 2023/2024 ein deutlich niedrigeres Zinsniveau sähen.

Garantiezins im Schnitt 1%

Mit der neuen Festlegung steige die Verzinsung für die Lebensversicherung der Variante „Perspektive“ um 0,3 Prozentpunkte, sagt Priebe. Der Satz für die klassischen Lebens- und Rentenversicherungen erhöht sich der Allianz zufolge mit dem gleichen Tempo. Diese Versicherungen werden künftig mit 3,2% verzinst. In der Gesamtverzinsung ist eine laufende Verzinsung von 2,6 nach 2,4% (Perspektive) und von 2,5 nach 2,3% (Klassik) enthalten.

Die Kunden bekommen sogar einen höheren Satz, wenn ihr Vertrag mit einem Garantiezins über den neuen Zinsniveaus ausgestattet ist. Dies sei mittlerweile bei weniger als 30% der Kunden der Fall, sagt Priebe. Im Vorjahr war die Quote noch mit einem Drittel angegeben worden. Der durchschnittliche Garantiezinssatz sei von 1,4% per Ende 2020 auf gut 1% gesunken, erklärt der Allianz-Leben-Vorstand. Unverändert könne der Satz bis Ende 2024 auf 0,9% zurückgehen.

Im ablaufenden Jahr hatte die Allianz die Gesamtverzinsung stabil gehalten, zuvor war sie gesunken (siehe Grafik). Die letzte Erhöhung war im Jahr 2007 für das Jahr 2008 verkündet worden. Damals habe die Allianz von 5,3 % auf 5,4 % erhöht, erinnert sich Priebe: „Man merkt, was in den 15 Jahren alles passiert ist.“ Er sei megastolz darauf, in dieser Zeit immer mindestens 3,2 % angeboten zu haben. Die jetzige Erhöhung erfolge also von einem vergleichsweise hohen Ausgangsniveau.

Konkurrenz hält sich bedeckt

Die Konkurrenz der Allianz hielt sich bisher mit Zinsaussagen 2023 zurück. Die Versicherungskammer Bayern hatte vor einigen Tagen angekündigt, die Überschussbeteiligung um 0,75 Prozentpunkte zu erhöhen, allerdings ausgehend von einem deutlich niedrigeren Niveau als die Allianz, so dass für Neuverträge bei den kapitalmarktorientierten Produkten 2,8 % berechnet werden. Die Ratingagentur Assekurata geht einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa zufolge davon aus, dass Lebensversicherungsprodukte mit abgespeckter Garantie durchschnittlich etwa 2,2 nach 2,05 % im Vorjahr abwerfen.

Mit der Zinswende verändere sich die Nachfrage auch für die Allianz, räumt Priebe ein. In den vergangenen Jahren habe man die Kunden stark mit Blick auf das Nullzinsumfeld beraten: „Das gibt es so nicht mehr.“ Im Vergleich mit anderen Finanzdienstleistern sei die Allianz trotzdem mit zwei Argumenten gut positioniert. Erstens biete man einen Zugang zu nicht börsengehandelten Assetklassen, die börsengehandelte Fonds (ETFs) nicht darstellen könnten. Zweitens habe man stabilisierende Elemente im Ansparprozess über das Sicherungsvermögen. Die Zahl der Allianz-Leben-Kunden sei auch im ablaufenden Jahr gestiegen, verharre jedoch gerundet bei 10,7 Millionen.

Darüber hinaus bediene die Allianz die veränderte Nachfrage auf vielerlei Wegen, sagt Priebe. Beispielsweise realisierten Arbeitgeber, dass arbeitgeberfinanzierte Altersvorsorge ein wichtiger Faktor sei, um in einem Markt mit Fachkräftemangel attraktiv zu sein. Sehr gut komme auch an, die betriebliche Altersversorgung mit betrieblicher Krankenversorgung zu koppeln. Die Allianz habe hier ein neues Angebot.

Zugpferd Alternative Anlagen

Auf die veränderte Marktsituation habe die Allianz aber auch bei Privatkunden reagiert, betont Priebe. Die Verzinsung des Park Depots der Allianz, das einem Tagesgeldkonto ähnelt, sei von 0,05% auf 1,0% erhöht worden. Auch die Konditionen für kürzer laufende Einmalanlagen seien deutlich gestiegen.

Die „Private Finance Police“, die vor drei Jahren in den Markt gegangen sei und eine Partizipation an alternativen Allianz-Kapitalanlagen ermöglicht, habe mittlerweile mehr als 2 Mrd. Euro eingesammelt, berichtet Priebe. Das Investitionsvolumen hatte zwölf Monate zuvor noch 1 Mrd. Euro betragen, die Kunden müssen jeweils mindestens 10000 Euro anlegen.

„Die Performance ist toll“, berichtet Priebe. Im vergangenen Jahr habe die Rendite knapp 20 % betragen. In den ersten zwei Quartalen 2022 seien es 1,3 % und 2,1 % auf Quartalsbasis gewesen. Viele Kunden seien durch die irren Schwankungen der ETFs am Jahresanfang gegangen und schätzten das stabilisierende Element des Sicherungsvermögens, lautet die Erfahrung von Priebe.

Auf die Frage, ob die Allianz Leben die Volatilität ihrer eigenen Kapitalanlagen durch Umschichtungen mindern und damit ihren Bedarf an Eigenkapital verringern will, erklärt Priebe: „Tatsächlich schauen wir uns das ganz regelmäßig an.“ Er würde nicht sagen, dass die Allianz Leben besonders volatil aufgestellt sei, fügt Priebe hinzu: „Aber das sind Diskussionsprozesse.“ Er erwarte, ohne diesen Diskussionen vorgreifen zu können, dass als roter Faden die breite Diversifikation der Kapitalanlagen bestehen bleibe.

Die Allianz Leben hatte per 30. September Assets im Marktwert von 263 Mrd. Euro für Kunden verwaltet. Davon entfallen 20% auf Staatsanleihen von Industrieländern, 18% auf Unternehmensanleihen, 14% auf Pfandbriefe und andere besicherte Darlehen sowie 6% auf Staatsanleihen von Schwellenländern. Weitere 13 % stecken in Immobilien, ebenfalls 13 % in Immobilienfinanzierung, 11 % in Infrastruktur/erneuerbaren Energien/Private Equity und 5 % in Aktien (unter Berücksichtigung von Absicherungsmaßnahmen). Ende vergangenen Jahres hatten Aktien noch 9 % ausgemacht.

Wertberichtigt Seite 2