Im InterviewHeiner Herkenhoff (BdB)

„Es braucht einen klaren, verlässlichen CO₂-Preis“

Der Bankenverband macht sich für den Emissionshandel als zentrales Steuerinstrument in der Klimapolitik stark. Hauptgeschäftsführer Heiner Herkenhoff sieht den neuen ETS 2 nicht als Belastung, sondern als Investitionssignal.

„Es braucht einen klaren, verlässlichen CO₂-Preis“

Im Interview: Heiner Herkenhoff

CO2-Preis „zentrales Element“

Plädoyer des Bankenverbands für den Emissionshandel – Naturschutz eine ökonomische Frage

Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) macht sich für den Emissionshandel als zentrales Steuerinstrument in der Klimapolitik stark. Hauptgeschäftsführer Heiner Herkenhoff sieht den neuen ETS-2 nicht als Belastung, sondern als Investitionssignal und verweist auch auf die Bedeutung von naturbezogenen Risiken.

Herr Herkenhoff, der Bankenverband mischt sich jetzt auch in die Debatte um den Emissionshandel ein und fordert, den neuen ETS-2 weder zu verschieben noch zu verwässern. Warum?

Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit sind kein Widerspruch – sie gehören zusammen. Wer frühzeitig in saubere Technologien investiert, sichert langfristig die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft. Dafür braucht es einen klaren, verlässlichen CO2-Preis, der als zentrales Element für Klimaschutz auch im Koalitionsvertrag steht. Er schafft Planungssicherheit und faire Bedingungen im europäischen Binnenmarkt.

Und wenn sich die EU in der kommenden Woche auf ein Klimaziel für 2040 verständigen sollte…

…dann begrüßen wir das. Das gibt Orientierung. Jetzt kommt es darauf an, diesen Kurs glaubwürdig zu halten und den ETS-2 ohne Aufschub einzuführen – nicht als Belastung, sondern als Investitionssignal.

Aber die Industrie läuft derzeit Sturm gegen den Emissionshandel.

Wir teilen die Sorgen der Industrie, international durch strangulierende Regeln ins Hintertreffen zu geraten. Das gilt aber vor allem für ETS-1 – also die Regeln zur Emissionsvergabe an die energieintensive Industrie. Was Unternehmen derzeit am meisten bremst, ist nicht der CO2-Preis, sondern Unsicherheit, überbordende Bürokratie und das ständige Hin und Her in der europäischen Industriepolitik.

Sie plädieren dafür, den steigenden CO2-Preis im Verkehrs- und Gebäudebereich sozialverträglich abzufedern. Sollte die Bundesregierung doch über ein Klimageld nachdenken?

Klimaschutz funktioniert nur, wenn Menschen und Unternehmen mitgehen. Steigende CO2-Preise lenken Investitionen – sie müssen aber so ausgestaltet sein, dass Wirtschaft wie Bürgerinnen und Bürger sie nachvollziehen können. Entscheidend ist nicht das Instrument, sondern die Wirkung: Die Entlastung muss einfach, treffsicher und unbürokratisch sein. Ob das über ein Klimageld geschieht oder andere Wege – das zu entscheiden, ist Sache der Politik.

Zu den Forderungen des Bankenverbands gehört auch, naturbezogene Leistungen und Risiken stärker in wirtschaftliche Entscheidungen einfließen zu lassen. Warum ist das wichtig?

Intakte Ökosysteme sind keine moralische, sondern eine ökonomische Frage. Über 70% der Unternehmen in Europa hängen direkt von natürlichen Ressourcen ab. Wer Natur zerstört, gefährdet seine eigene Wertschöpfung.

Aber was bedeutet das für Banken und Unternehmen?

Für sie bedeutet das: Naturbezogene Risiken gehören genauso auf die Agenda wie Klimarisiken. Der EU-Fahrplan zu Nature Credits kann Wege aufzeigen, wie sich die Leistungen der Natur künftig verlässlicher wirtschaftlich bewerten lassen. Das eröffnet neue Chancen für Finanzierung und Innovation.

Sollte mit Blick auf die grüne Transformation auch das Agieren der Förderbanken von Bund und Ländern nachjustiert werden?

Wir haben in Deutschland ein starkes Fördersystem und eine hervorragende Zusammenarbeit mit der KfW wie auch mit den Förderbanken der Länder. Das ist ein, wenn nicht der zentrale Pfeiler. Insgesamt wäre es aber gut, wenn wir von der Spezialförderung wieder zurück zur Breitenförderung kommen. Unternehmen brauchen außerdem einfache Programme, klare Budgets und lange Planungshorizonte. Förderbanken könnten stärker dort Risiken übernehmen, wo private Investoren noch zögern – dann wird aus Förderung ein echter Hebel.

Sie kritisieren, dass die Omnibus-Politik der EU-Kommission bislang nicht die besonderen Herausforderungen des Finanzsektors berücksichtigen. Auf welche Punkte zielen Sie konkret ab?

Europa will Unternehmen entlasten – das ist richtig. Dazu benötigen Wirtschaft wie Banken nicht nur einfachere, stringentere Regeln, sondern auch dringend Klarheit darüber, welche ESG-Regeln von wem und innerhalb welcher Fristen anzuwenden sind. Bei der Entlastung darf der Finanzsektor nicht aus dem Blick geraten: Banken brauchen praxistaugliche Regeln. Andernfalls entsteht eine Lücke zwischen den Daten, die Unternehmen zur Verfügung stellen, und den Daten, die Banken aufgrund von Risiko- und Aufsichtsanforderungen liefern müssen.

Und was ist mit den kleineren Banken?

Kleine und mittlere Banken sollten bei der Umsetzung von ESG-Vorgaben proportional entlastet werden. Sonst lähmt Regulierung genau die Akteure, die den Wandel finanzieren sollen.

Die Fragen stellte Andreas Heitker.