Im Gespräch:TSI-Geschäftsführer Jan-Peter Hülbert

„Es gibt erheblichen Nachbesserungsbedarf“

Jan-Peter Hülbert, Geschäftsführer des Interessenverbands True Sales International, ist mit dem geplanten Gesetzespaket zur Wiederbelebung des europäischen Verbriefungsmarkts unzufrieden. Die Regelungen seien aus Sicht der Marktteilnehmer noch immer zu komplex.

„Es gibt erheblichen Nachbesserungsbedarf“

Im Gespräch: Jan-Peter Hülbert

„Es gibt erheblichen Nachbesserungsbedarf“

Der Geschäftsführer von True Sale International bemängelt den Gesetzentwurf der EU-Kommission zur Wiederbelebung der Verbriefungsmärkte in Europa

Am Dienstag stellt EU-Kommissarin Maria Albuquerque das Gesetzespaket zur Wiederbelebung der Verbriefungsmärkte vor. Der Entwurf der Gesetzesvorschläge trifft auf ein kritisches Echo. Die True Sale International als Interessensvertretung der Marktakteure moniert Komplexität und Kompliziertheit.

Von Detlef Fechtner, Frankfurt

„Es gibt erheblichen Nachbesserungsbedarf“, urteilt Jan-Peter Hülbert, Geschäftsführer von True Sale International (TSI), zum umlaufenden Entwurf des Gesetzgebungsvorschlags. Die Einschätzung der von führenden Banken gegründeten Interessensvertretung zur Förderung des Verbriefungsmarkts in Deutschland und Europa dürfte für Europas Gesetzgeber durchaus von Interesse sein, spiegelt sie doch die Einschätzung wichtiger Marktteilnehmer wider. Gesellschafter von TSI sind Deutsche Bank, Commerzbank, Unicredit, BayernLB, Helaba, HCOB, Deka, DZ Bank, Citi und KfW.

Ernüchterung auf den zweiten Blick

Die Regulierung ist aus Sicht von Emittenten und Investoren bereits hochkomplex und umfangreich. Entsprechend müsse der Gesetzgeber an einer ganzen Reihe von Stellschrauben drehen, um die Voraussetzungen für eine Wiederbelebung des Verbriefungsmarkts zu schaffen. „Vor diesem Hintergrund ist es erst einmal positiv, dass der Gesetzgebungsvorschlag der EU-Kommission alle Punkte dem Grunde nach berücksichtigt, die wir für entscheidend halten – von Kapitalanforderungen über Transparenzpflichten und Due-Diligence-Vorgaben bis hin zur Liquiditätsquote.“ Dieser Anerkennung folgt das Aber: „Leider fällt unsere Beurteilung des Gesetzgebungsvorschlags auf den zweiten Blick deutlich ernüchternder aus. Es gibt erheblichen Nachbesserungsbedarf“, so der TSI-Geschäftsführer.

Vorbehalte gegen neue Kategorie

Hülbert veranschaulicht diese Bewertung zum Beispiel am Thema Kapitalgewichte. Da werde im Gesetzentwurf die Einführung einer neuen Kategorie der „resilienten“ Verbriefung vorgeschlagen mit reduzierten Kapitalgewichten, die an strenge Bedingungen geknüpft seien. „Einer solchen zusätzlichen Kategorie bedarf es nicht“, findet er und ergänzt: „Die einfache Reduzierung der geforderten Überkapitalisierung von Verbriefungen sowohl im Segment STS sowie Nicht-STS wäre am sinnvollsten.“

TSI habe Banken, die Verbriefungsgeschäfte tätigen, um eine Einschätzung gebeten, was die neue Kategorie für sie bedeuten würde. Die Tatsache, dass sie diese Evaluierung in wenigen Tagen nicht leisten konnten, deutet aus seiner Sicht darauf hin, dass die Vorgaben ausgesprochen komplex und kompliziert seien. „Zudem sind die Bedingungen, die Kategorie ‚resilient‘ zu nutzen, restriktiv“, erklärt der TSI-Geschäftsführer. Es sei absehbar, dass nur ein Teil des Verbriefungsvolumens davon betroffen sein würde. Der erhoffte Effekt werde sich daher nicht einstellen.

Kapitalanforderungen könnten sogar steigen

Auch beim P-Faktor müsse man genau hinschauen. Dieser Faktor sorgt bei der Berechnung des Output Floors dafür, dass die Kapitalanforderungen für Verbriefungen um bis zu 100% höher sind als die Kapitalpflichten für die jeweils unterliegenden Portfolien. Nun will die EU-Kommission diesen Faktor zwar deutlich senken. Hülbert merkt dazu an: „Allerdings entfällt die aktuelle Übergangsregelung gemäß Boyer mit einem reduzierten P-Faktor zur Berechnung des Output Floors.“ Das bedeute: „Wenn die engen Voraussetzungen des aktuellen Vorschlags nicht erfüllt werden, steigen die Kapitalanforderungen sogar an“, mahnt Hülbert.

Reduzierung von Datenfeldern

Beim Thema Due Diligence, also Sorgfaltspflichten, schickt Hülbert voraus: „Die Behauptung, die Investoren müssten künftig nicht mehr genau hinschauen, ist natürlich falsch.“ Es gehe, so betont der Interessensvertreter, vielmehr darum, „sinnlose Doppelarbeiten zu verringern“. Aus Sicht des TSI gibt es einige grundsätzlich gute Aspekte im Vorschlag der EU-Kommission. „Aber wenn beispielsweise eine europäische Autobank ein Portfolio mit britischen Autofinanzierungen über eine Verbriefung finanzieren möchte, kann sie von den Erleichterungen nur sehr bedingt profitieren.“

Was die Transparenzvorschriften angeht, sei es zwar begrüßenswert, wenn die Zahl der Datenfelder um mindestens 35% reduziert werden solle. Aber natürlich entstehe dabei ein IT-Aufwand, wenn die Templates umgestellt werden. „Deshalb ist es entscheidend, dass die Änderungen ein echter Schritt nach vorne sind und in enger Abstimmung von Aufsicht, Regulierern und Marktteilnehmern erstellt werden“, hebt Hülbert hervor.

Lob für geplantes Verbriefungsregister

Zudem sei vorgesehen, dass die Definition von öffentlichen Verbriefungen deutlich erweitert werde. „Die Notwendigkeit dieser Änderung erschließt sich nicht, und sie wird zu negativen Auswirkungen auf die Verbriefungsmärkte führen“, lautet die Prognose des TSI-Geschäftsführers. Den Vorschlag, dass private Verbriefungen ihre Daten an ein Verbriefungsregister melden, begrüße TSI. Aber wichtig wäre, „dass die konkreten Transparenzpflichten stark vereinfacht werden, nur die aufsichtlichen Anforderungen umfassen und wiederum durch eine enge Abstimmung von Aufsicht, Regulierern und Marktteilnehmern erstellt werden“.

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