GesprächElma Sefer Periškić, Forvis Mazars

„ESG rückt in den Kern des Geschäftsmodells von Banken“

Künftig sollen Klimarisiken im KWG geregelt und über einen ESG-Risikoplan gesteuert werden. Was das für Governance und kleine Institute bedeutet, sagt Forvis-Mazars-Partnerin Elma Sefer Periškić.

„ESG rückt in den Kern des Geschäftsmodells von Banken“

Im Gespräch: Elma Sefer Periškić

„ESG rückt in den Kern des Geschäftsmodells von Banken“

Forvis-Mazars-Partnerin: Klimarisiken werden zusätzlich im KWG geregelt – Steuerung über ESG-Risikoplan – Folgen für Kreditinstitute

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Mit dem Regierungsentwurf für das Bankenrichtlinienumsetzungs- und Bürokratieentlastungsgesetz (BRUBEG) setzt die Bundesregierung zentrale Vorgaben der EU-Bankenrichtlinie CRD VI um. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Klimarisiken, die künftig zusätzlich im Kreditwesengesetz (KWG) verankert werden sollen und damit über den Rang reiner Verwaltungsvorschriften hinausreichen. Die Anwendung ist ab Januar 2026 vorgesehen; für kleine und nicht komplexe Institute besteht die Pflicht zum ESG-Risikoplan ab Januar 2027.

Aufsicht verstärkt Druck

Elma Sefer Periškić, Partnerin Financial Services bei Forvis Mazars, sieht darin kein Entlastungsprogramm. „Bei ESG-Risiken, vor allem bei den Klimarisiken, geht es im KWG nicht um Erleichterungen – im Gegenteil: Die Aufsicht will das Thema jetzt bewusst intensiver und konkreter umsetzen.“ Periškić berät Institute zu ESG im Risikomanagement. In Deutschland ist Forvis Mazars an 13 Standorten vertreten und gehört zu den größeren Prüfungs- und Beratungsgesellschaften.

Auffällig ist aus ihrer Sicht vor allem die Umsetzung. „Außergewöhnlich ist, dass ESG-Anforderungen über das KWG kommen und nicht wie üblich über die MaRisk. Das zeigt, welchen Stellenwert das Thema inzwischen im Aufsichtsrecht hat.“ Damit würden Klima- und andere Nachhaltigkeitsrisiken enger mit den allgemeinen Governance- und Steuerungsanforderungen im KWG verbunden und zugleich stärker in den Fokus von Aufsicht und Abschlussprüfung rücken. ESG-Risiken würden damit nicht mehr nur als Querschnittsthema in Rundschreiben behandelt, sondern als Bestandteil des Kernaufsichtsrechts.

Proportionalität heißt mehr Zeit

Die neuen Vorgaben richten sich an alle Institute, unabhängig von Größe oder Geschäftsmodell. Periškić warnt daher vor einem Missverständnis: „Die neuen Vorgaben gelten ausdrücklich für alle Institute – auch für kleine und nicht komplexe. Proportionalität heißt hier nur: etwas mehr Zeit, aber ganz sicher keine Entwarnung.“

Konkret zielt der Entwurf auf einen ESG-Risikoplan. Dieser soll die Strategie und Steuerung der Institute für ESG-Risiken bündeln und mit bestehenden Steuerungsinstrumenten verzahnen. „Ein Risikoplan für Klimarisiken bedeutet im Grunde: die MaRisk vollständig umsetzen. Unsere Erfahrung zeigt, dass die vollständige Umsetzung in einigen Häusern noch eine Herausforderung darstellt“, sagt Periškić.

Kleine Banken dürfen qualitativ arbeiten

Für kleine Institute enthält der Entwurf Erleichterungen, ohne die Pflicht infrage zu stellen. In den nächsten Jahren dürfen sie Kennzahlen nach Anzeige bei der Aufsicht auch qualitativ beschreiben, wenn quantitative Vorgaben nicht möglich oder unverhältnismäßig wären. Periškić: „Aber sie müssen das der BaFin anzeigen und begründen, warum sie nicht quantifizieren. Sich zurücklehnen können sie sich damit nicht.“ In der Aufsichtspraxis dürfte damit die Qualität der Begründung selbst zum Maßstab werden.

Deutlich wird zugleich, dass sich der Blick nicht auf interne Prozesse beschränkt. „Banken steuern ESG-Risiken über ihr Kreditportfolio – damit tragen sie im Grunde alle Risiken der Realwirtschaft mit, vom Immobilienfinanzierer bis zum Landwirt, der wegen Klimarisiken ausfällt.“ Die Bewertung von Branchen, Sicherheiten und Geschäftsmodellen gewinne damit an Bedeutung, ebenso wie mögliche Anpassungen bei Margen, Laufzeiten oder Portfolio-Umschichtungen.

ESG im Kern des Geschäftsmodells

Bemerkenswert ist aus Sicht von Periškić der Zeithorizont. „Neu ist die klare Erwartung, physische und transitorische Klimarisiken vorausschauend über mindestens zehn Jahre zu bewerten und zu steuern. Damit rückt ESG endgültig in den Kern des Geschäftsmodells von Banken.“ Für Institute bedeutet dies, Klimaszenarien und Transformationspfade in die strategische Planung und Kapitalsteuerung einzubeziehen und langfristige Wirkungen auf Ausfallrisiken, Sicherheitenwerte und Ertragsprofile mitzudenken.

Voraussetzung dafür sind belastbare Daten und konsistente Zielbilder. „Ohne Carbon Accounting und einen belastbaren Transitionsplan kann kein Risikoplan erstellt werden. Viele große, von der EZB beaufsichtigte Institute haben das – kleinere Institute häufig noch nicht.“

ESG-Risiken wandern aus dem Rundschreiben ins Kernaufsichtsrecht. Künftig sollen Klimarisiken im KWG geregelt und über einen ESG-Risikoplan gesteuert werden. Was das für Governance und kleine Institute bedeutet, sagt Forvis-Mazars-Partnerin Elma Sefer Periškić.