ESMA sieht Hürden für Blockchain
jsc Frankfurt – Die Blockchain steht nach Ansicht der EU-Aufsicht im Wertpapiergeschäft vor hohen Hürden: Derzeit ist unklar, welche Standards sich beim Einsatz der neuen Technik etablieren werden, wie verschiedene Systeme interagieren sollen, wie gut sich große Volumen abwickeln lassen, wie genau Zentralbankgeld eingebunden werden soll und wie neue Systeme gesteuert und überwacht werden können, wie die European Securities and Markets Authority (ESMA) in einem Bericht offenlegt. Die Blockchain befinde sich in einer frühen Phase, und es bleibe unklar, “ob die Technik alle diese Herausforderungen meistern wird”. Der Bericht baut auf einem Diskussionspapier von Juni 2016 auf, zu dem Marktteilnehmer bereits Stellung bezogen haben.Die Blockchain, auch als “Distributed Ledger Technology” (DLT) bekannt, speichert Transaktionen in Form von Datenblöcken und verbreitet sie über ein Netzwerk. In Verbindung mit computerbasierten Verschlüsselungsmethoden lassen sich auf diese Weise Transaktionen jenseits einer zentralen Autorität weitgehend sicher abwickeln. Mit der Zeit könnte die Blockchain einige Prozesse im Wertpapiergeschäft überflüssig machen und die Rollen von Akteuren verändern, schreibt die ESMA. Der Bedarf an Marktinfrastruktur wie durch zentrale Gegenparteien und durch Zentralverwahrer bleibt demnach aber voraussichtlich erhalten. Bekannt ist die Blockchain durch die virtuelle Währung Bitcoin. Doch während sich hier jeder an dem Handel beteiligen kann, dürften sich im Wertpapiergeschäft zunächst geschlossene Systeme für ausgewählte Teilnehmer etablieren, wie es im Bericht heißt. Experimente mit der KetteDerzeit experimentieren etwa die Deutsche Börse, das internationale Zahlungsverkehrssystem Swift, Bankenkonsortien einschließlich der Deutschen Bank und verschiedene Start-ups mit Blockchain-Systemen. Zu den möglichen Vorteilen der Technik zählt die ESMA effiziente Nachhandelsprozesse, ein erweitertes Berichtswesen und Datenmanagement sowie geringe Kosten, zugleich sieht die Aufsicht aber auch Nachteile. Die Bestätigung, die Ausführung und die Verrechnung von Transaktionen können demnach theoretisch unmittelbar in einem Schritt erfolgen, doch müssen dafür bestehende Marktpraktiken geändert werden. Computer-Codes können vertragliche Grundlagen in automatisierte Prozesse (Smart Contracts) einbinden, doch ist mitunter unklar, ob und wie Transaktionen rückabgewickelt werden können. Nach einer Cyber-Attacke schließlich lassen sich Daten und Prozesse schneller wieder herstellen, doch ist aus Sicht der ESMA nicht ausgeschlossen, dass Verschlüsselungsmethoden geknackt werden können, auch wenn das derzeit unwahrscheinlich erscheint. Das Bedürfnis nach Datenschutz und die öffentliche Nachvollziehbarkeit von Transaktionen geraten aus Sicht der Aufseher womöglich in Konflikt. Geschlossene Netzwerke könnten weitere Marktteilnehmer ausschließen, gar monopolähnliche Strukturen sind denkbar, wie die ESMA warnt.Bislang ist laut dem Bericht unklar, wohin sich die Blockchain entwickelt. Die derzeitigen Regelwerke der EU stehen der Technik demnach vorerst nicht im Weg, doch müssen Detailfragen geklärt, die Regulierung eventuell später angepasst werden. Eine neue Technik befreie die Akteure nicht von gegenwärtiger Regulierung, betont die Aufsicht.