EU-Einheit von J.P. Morgan wird zum Schwergewicht
EU-Einheit von J.P. Morgan wird zum Schwergewicht
Von Bernd Neubacher, Frankfurt
Die in Frankfurt angesiedelte EU-Einheit von J.P. Morgan macht sich infolge brexitbedingter Verlagerungen im deutschen Bankenmarkt breit. FĂŒr 2021 plant die J.P. Morgan AG mit Wachstumsraten, die man eher von ĂŒberoptimistischen Start-ups erwartet als von einer GroĂbank. Nachdem sich die Bilanzsumme laut GeschĂ€ftsbericht bereits 2020 von 64 Mrd. auf 244 Mrd. Euro knapp vervierfacht hat, kĂŒndigt das Institut an, dass sie âbis Ende 2021 Ă€hnlich wie im Vorjahr ansteigen könnteâ. Dies liefe, eine BilanzverlĂ€ngerung um abermals 180 Mrd. unterstellt, auf ein Volumen von rund 425 Mrd. Euro hinaus. Damit wĂŒrde die EU-Einheit Adressen wie die LBBW (276 Mrd. Euro) oder die BayernLB (256 Mrd. Euro) deutlich hinter sich lassen und zur Nummer vier nach Bilanzsumme im deutschen Markt hinter der Deutschen Bank, der DZBank und der Commerzbank avancieren.
FĂŒr die Explosion der Bilanzsumme sorgt nicht nur die Verlagerung von Handels- und Risikopositionen von der Insel auf den Kontinent im groĂen Stil, sondern auch die Rechnungslegung. Die britischen, gemÀà US-GAAP bilanzierenden Einheiten dĂŒrfen Derivatepositionen miteinander verrechnen, der nach IFRS-Vorgaben vorgehenden, seit November von Stefan Behr geleiteten J.P. Morgan AG ist dies verwehrt. Da die Europa-Einheit kein Retail-GeschĂ€ft betreibt und zudem in den Konzernverbund der US-Bank eingebunden ist, zĂ€hlt sie wohlgemerkt nur einen Bruchteil der Mitarbeiter der Wettbewerber. Ende 2021 dĂŒrfte sie eigenen Angaben zufolge rund 1300 Leute beschĂ€ftigen, das wĂ€ren 30% mehr als Ende 2020. Wie im Falle des Konkurrenten Citigroup hat die Pandemie ohnehin die Verlagerung von Mitarbeitern verzögert. J.P Morgan dĂŒrfte der dickste Brocken gewesen sein, mit dem die europĂ€ische Bankenaufsicht klĂ€ren musste, welche AktivitĂ€ten angesichts des Brexits in die EU-27 zu verlagern gewesen sind.
Den entsprechenden Transfer von Assets von Risikopositionen, fĂŒr welche die J.P. Morgan AG die zentrale Risikomanagement-Einheit des Konzerns werden soll, sowie die Ăbernahme von Handelspositionen will das Haus bis Jahresende abschlieĂen, wie im GeschĂ€ftsbericht zu lesen ist. Die fĂŒrs kommende Jahr, unabhĂ€ngig vom Brexit, geplante Verschmelzung der Einheiten in Luxemburg und Irland auf die EU-Einheit dĂŒrften dieser 2022 abermals einen Schub verleihen. Das KalkĂŒl des Managements: Eine Einheit lĂ€sst sich einfacher steuern als drei. Zudem ergĂ€nzen sich die AG, deren KapitalmarktgeschĂ€ft tendenziell LiquiditĂ€t benötigt, und die einlagenlastige Luxemburger Einheit, die unter anderem das Private Banking umfasst, recht gut.
Neue Positionen im MarktgeschĂ€ft, ein Ausbau von Kundenbeziehungen dort sowie steigende Kreditrisiken dĂŒrften die Risikoaktiva der J.P. Morgan AG im laufenden Jahr um bis zu 75% erhöhen, wie es im GeschĂ€ftsbericht heiĂt. Weitere Kapitalerhöhungen sollen derweil sicherstellen, dass die Kernkapitalquote dabei nicht unter 20% fĂ€llt. Das Vorsteuerergebnis wird dem rund 200 Seiten starken GeschĂ€ftsbericht zufolge nach einem rasanten Zuwachs 2020 (siehe Tabelle) im laufenden Jahr ânoch einmal deutlich steigenâ und die Eigenkapitalrendite von 1,1% auf 2,7% hieven. Der Ergebnisentwicklung dĂŒrfte dabei zugutekommen, dass die Bank die Risikovorsorge im vergangenen Jahr bereits auf 177 Mill. knapp verachtfacht hat und daher im laufenden Berichtsturnus bei einem wenngleich vorsichtigen wirtschaftlichen Ausblick nur mehr mit einer Aufstockung der RĂŒckstellungen um rund Zehntel rechnet. Zugleich aber stellt sich das Institut auf einen Anstieg des Gesamtaufwands um 300% ein. So dĂŒrften Investitionen in den Ausbau des GeschĂ€fts im Segment Commercial Banking dessen Zins- und Provisionsergebnis zwar um rund 50% treiben, dort zugleich aber einen kleinen Verlust nach sich ziehen. Generell soll der Status als primĂ€re GeschĂ€ftseinheit der Corporate & Investment Bank fĂŒr Kunden im EuropĂ€ischen Wirtschaftsraum der AG eine erhebliche Steigerung des Zins- und Provisionsergebnisses bescheren, wobei das Segment Markets rund 70% der Einnahmen beisteuern und den Umsatz verdreifachen soll. Vom Segment Banking erwartet das Institut eine Verdopplung des Zins- und Provisionsergebnisses vor allem dank des Investment Bankings. Auch ansonsten ist das Haus auf Wachstum gepolt und geht davon aus, dass es in den nĂ€chsten Jahren nicht mehr nur den âHigh Valueâ-Zahlungsverkehr im Euro global verantworten wird, sondern auch den Massenzahlungsverkehr fĂŒr Firmenkunden und Finanzinstitute.
2020 hat der Ăberschuss von 140 Mill. Euro die Erwartung âtrotz deutlich höherer Risikovorsorge im KreditgeschĂ€ft nahezu erfĂŒlltâ, wie es heiĂt. Den Absturz des ZinsĂŒberschusses auf knapp 100000 Euro erklĂ€rt die Bank mit dem Zinsumfeld. Sie verweist auf den âAnstieg der im Posten Barmittel und Zentralbankguthaben ausgewiesenen Guthaben bei der Deutschen Bundesbankâ als âmaĂgebliche EinflussgröĂeâ.