EU einigt sich auf Kleinanlegerregeln
EU einigt sich auf Kleinanlegerregeln
EU einigt sich auf Kleinanlegerregeln
Peer-Group-Vergleich soll angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis belegen – Definition für professionelle Privatanleger
Unterhändler aus Rat und EU-Parlament haben sich auf neue europäische Regeln zum Schutz von Kleinanlegern verständigt. Die EU-Gesetzgeber haben dabei einige ursprüngliche Vorschläge der EU-Kommission wie das partielle Provisionsverbot oder Benchmarks für alle möglichen Finanzprodukte gestrichen.
fed Brüssel
Das umstrittene, seit fünf Jahren verhandelte Gesetzespaket über den Schutz von Kleinanlegern (Retail Investment Strategy) ist so gut wie abgeschlossen. Unterhändler des EU-Parlaments haben sich mit dem dänischen EU-Ratsvorsitz auf einen Kompromiss verständigt. Er muss noch in einigen Details unter zyprischer Ratspräsidentschaft ausbuchstabiert und dann vom EU-Parlament und vom Rat bestätigt werden. Letzteres gilt als höchstwahrscheinlich.
Kosten und Gebühren auflisten
Zentrales Element sind die Bestimmungen über ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis (Value for Money). Die Anbieter von Finanzprodukten müssen nicht nur alle Gebühren und Kosten, die Kleinanlegern entstehen, beziffern. Vielmehr müssen sie auch selbst prüfen, ob sie nicht deutlich höher sind als bei ähnlichen Produkten der Konkurrenz. Von Wertpapierfirmen wird verlangt, dass sie einen Peer-Group-Vergleich eines geplanten Produkts durchführen – und im Falle unangemessener Abweichungen darauf verzichten, deren Zulassung zu beantragen. Welche Produkte dabei als Peers dienen sollen, ist noch nicht ganz klar.
Für versicherungsbasierte Investmentprodukte wie etwa eine fondsgebundene Lebensversicherung wird die EU-Aufsichtsbehörde ESMA sogenannte Benchmarks als Vergleichsreferenz entwickeln. Dem Ziel, Produkte untereinander einfacher vergleichen zu können, dient auch die Verpflichtung, den Produktbeipackzettel, also das Key Information Document, maschinenlesbar zu gestalten.
Ausnahmen von Eignungsprüfung
Bereits heute müssen Unternehmen eine Eignungsprüfung ihrer Kunden durchführen, um für die jeweiligen Anleger unangebrachte Angebote zu vermeiden. Nach dem neuen vereinfachten Rahmen müssen Berater, die Verbrauchern „Empfehlungen zu diversifizierten, unkomplizierten und kosteneffizienten Instrumenten geben“ wie beispielsweise Dax-ETF, jedoch nicht mehr das Anlagewissen und die Anlageerfahrung des Kunden im Rahmen der Eignungsprüfung beurteilen.
Das ursprünglich von der EU-Kommission vorgeschlagene europaweite partielle Verbot von Provisionen wurde im Verhandlungsprozess schon vor einiger Zeit sowohl vom Rat als auch vom EU-Parlament aus dem Gesetzesentwurf gestrichen – und hat sich im Schlusstrilog nicht wieder hineingeschlichen. Die Finanzdienstleister mehrerer EU-Staaten hatten ein Provisionsverbot immer wieder als Angriff auf ihr Geschäftsmodell gewertet und davor gewarnt, nur noch auf Honorarberatung zu setzen. Und weiterhin steht einzelnen nationalen Staaten frei, in ihrem Land ein Provisionsverbot zu erlassen.
Festgezurrt wurden freilich Vorgaben, die indirekt auf die Zuwendungen wirken. So wird die Pflicht von Unternehmen und Beratern gestärkt, „ehrlich, fair und professionell im besten Interesse ihrer Kunden zu handeln“. Die Rede ist von einem „spürbaren Nutzen" für den Kunden (tangible benefit).
Drei Kriterien
Die neuen Regeln sehen vor, dass erfahrene Investoren nicht des gleichen Schutzniveaus bedürfen wie gewöhnliche Kleinanleger. Als professioneller Kunde gilt, wer zwei der folgenden drei Kriterien erfüllt. Erstens Kunden, die sich regelmäßig am Kapitalmarkt engagieren – in den zurückliegenden drei Jahren 15 bedeutende Transaktionen oder im vorigen Jahr insgesamt 30 Order oder binnen fünf Jahren mindestens zehn richtig große Deals (mehr als 30.000 Euro). Zweitens Kunden, die an den Märkten stark exponiert sind – ein Portfolio von mindestens 250.000 Euro in den vergangenen drei Jahren. Und drittens Kunden, die mindestens ein Jahr in der Finanzbranche gearbeitet haben.
Daneben gelten hauptberufliche Fondsmanager und alternative Investmentfonds-Verwalter als Profi-Anleger. Schließlich wird im Zuge des neuen Gesetzeswerks auch die Tätigkeit sogenannter Finfluencer stärker in das Blickfeld der Aufsicht gerückt.
