EU-Kommission unterstützt Vorstoß für Gütesiegel „Finance Europe“
EU-Kommission unterstützt Vorstoß für Gütesiegel „Finance Europe“
Albuquerque würdigt Initiative von sieben nationalen Regierungen als komplementäre Maßnahme – Positive Bewertung seitens des Bankenverbands
Von Detlef Fechtner, Frankfurt
Der jüngste Vorstoß von sieben nationalen Regierungen, auf eigene Faust ein Gütesiegel für Finanzprodukte zu lancieren, die vorwiegend in Europa investiert sind, trifft auf breite Unterstützung. Sogar die EU-Kommission zeigt sich mit der Initiative einverstanden, obwohl sich die Frage stellt, warum sie sich nicht vorbehält, selbst ein solches Siegel zu kreieren. „Wir begrüßen und unterstützen alle Initiativen der Mitgliedstaaten, die mit unseren eigenen Prioritäten im Rahmen der Spar- und Investitionsunion übereinstimmen und diese ergänzen“, erklärte EU-Kommissarin Maria Albuquerque anlässlich der Lancierung des neuen Labels.
Schließlich sei „eine Kombination von Maßnahmen auf EU- und nationaler Ebene“ nötig, um beim Vorhaben voranzukommen, mehr privates Kapital zu mobilisieren und mehr Kleinanlegern den Weg an den Finanzmarkt zu ebnen. Durch Abstimmung werde die Komplementarität der Maßnahmen sichergestellt.
Die Portugiesin verhehlt zwar nicht, dass ihre Behörde das gemeinsame Vorhaben der sieben Staaten kritisch beäugt habe. Aber zugleich unterstrich die EU-Kommissarin, dass sich ihr Haus in Sachen „Finance Europe“-Label zurückhalten wolle. „Die Mitgliedstaaten haben das Sagen, nicht die EU-Kommission.“
Mehr Orientierung für Anleger
Mit dem Label „Finance Europe“ wollen Frankreich, Deutschland, Spanien, die Niederlande, Portugal, Estland und Luxemburg privaten Anlegern mehr Orientierung über Finanzprodukte geben. Dieses Gütesiegel soll es Retail-Investoren erleichtern, einfach verständliche, langfristig orientierte und eben auf europäische Assets konzentrierte Fonds, Konten oder kapitalmarktbezogene Versicherungsprodukte zu identifizieren. Das Investmentuniversum soll Eltifs ebenso wie Ucits-Fonds oder auch Aktien und Anleihen umfassen. Ausgeschlossen sollen indes Krypto-Vermögenswerte sein.
Hauptkriterium ist eine Mindestschwelle von 70% europäischer Assets, wobei Europa als EU plus Norwegen, Liechtenstein und Island definiert ist. Ein verabschiedetes Merkblatt sieht vor, dass sich einzelne Staaten entscheiden können, Finanzprodukte mit dem „Finance Europe“-Label steuerlich zu begünstigen – vorausgesetzt, dass sie fünf Jahre gehalten werden. Dabei soll am Grundsatz festgehalten werden, dass über „die steuerliche Behandlung von jedem einzelnen Mitgliedstaat selbst entschieden wird“.
Ausdrücklich wird hervorgehoben, dass das eingezahlte Kapital nicht garantiert werde und dass es auch keine Vorgaben für Vertriebsgebühren geben soll. Die Governance des Labels soll in den Händen der Finanzindustrie liegen, die (nachträgliche) Kontrolle bei Aufsichtsbehörden. EU-Rechtsakte seien verzichtbar.
Deutschlands private Banken begrüßen die Initiative. Hauptgeschäftsführer Heiner Herkenhoff sagt, dass der Bankenverband „klar hinter der Initiative Finance Europe steht“. Ein Ziel der Kapitalmarktunion sei die Förderung der europäischen Wirtschaft. Wenn ein gemeinsames Label mehrerer EU-Staaten dem Anleger dabei Orientierung gebe, in vordringlich europäische Vermögenswerte zu investieren, sei das „ein wichtiger Schritt“.
BVI äußert Bedenken
Der Fondsverband BVI hatte sich zuvor vorbehaltlicher geäußert. Das Ziel, mehr Menschen an die Kapitalmärkte zu bringen und die europäische Wirtschaft zu finanzieren, sei zwar gut. „Allerdings kann sich das Label nicht an unerfahrene Sparer richten, weil es unter anderem Anlagen mit geringer Liquidität ermöglicht“, erklärte Hauptgeschäftsführer Thomas Richter. Auch für die Altersvorsorge eignet sich seiner Ansicht nach das Siegel nicht, denn das engere Anlageuniversum führe langfristig zu geringeren Renditechancen. Zudem sei fraglich, ob die EU-Länder es schafften, die notwendigen steuerlichen Anreize zu gewähren.