Jens Tolckmitt, VDP

EU-Parlament lenkt bei Basel III ein

Nach zäher Kompromisssuche steht das Bankenpaket Basel III zur Abstimmung im EU-Parlament. Der Branchenverband VDP sieht Fortschritte, doch Vorbehalte bleiben – und es lauert eine neue Hürde.

EU-Parlament lenkt bei Basel III ein

Von Stefan Reccius, Brüssel

Das EU-Parlament nähert sich in der Umsetzung des Bankenpakets BaselIII an zentralen Stellen der Linie von EU-Kommission und Mitgliedstaaten an. Bei strikteren Eigenkapitalvorschriften für Banken soll es Übergangsfristen sowohl für Assets von Unternehmen ohne Kreditrating als auch für Wohnimmobilienkredite geben. Das geht aus dem Kompromisspaket hervor, das an diesem Dienstag zur Abstimmung steht und der Börsen-Zeitung vorliegt. Vom Tisch sind umstrittene Überlegungen, Vorschriften zur Höhe des Eigenkapitals stärker mit Nachhaltigkeitskriterien (ESG) zu verbinden.

Erwartet wird eine breite Mehrheit im zuständigen Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments (Econ). Im Februar dürfte dann das Plenum grünes Licht für die Schlussverhandlungen mit EU-Kommission und EU-Staaten geben. Die Positionen liegen nun überwiegend recht nah beieinander, auch wenn die Finanzminister den Vorschlag der EU-Kommission an manchen Stellen abschwächen wollen. Das war alles andere als klar, weil wiederum die Vorstellungen einiger Abgeordneter um den Berichterstatter José Fernández zum Teil weit über den Vorschlag der EU-Kommission hinausgingen.

In der Bankenbranche ist gewisse Erleichterung zu verspüren – mit Einschränkungen. „Wir hätten uns gewünscht, dass die EU-Gesetzgeber bei Ausnahmen für die Eigenkapitalvorgaben in der Immobilienfinanzierung noch weiter gehen“, sagt Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (VDP). „An anderen Stellen haben sich EU-Kommission, Rat und Parlament hingegen um Entlastungen bemüht. Das macht das Gesamtpaket Basel III insgesamt besser verträglich als die ursprünglichen Empfehlungen des Baseler Ausschusses.“

Verzögerungen durch Krypto?

Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung gibt sich Tolckmitt zuversichtlich, dass die Schlussverhandlungen mit EU-Kommission und EU-Staaten rasch zum Abschluss kommen werden. „Wir gehen davon aus, dass das Basel-III-Paket nun recht zügig verabschiedet wird. Alles andere ist nach den langen Verhandlungen und der zähen Kompromissfindung unwahrscheinlich.“ Tolckmitt will allerdings nicht ausschließen, „dass Diskussionen über umstrittene Themen wieder geöffnet werden“.

Diese Sorge könnte in der Tat begründet sein. Nach Informationen der Börsen-Zeitung will das EU-Parlament die Regulierung von Kryptowährungen in Bankbilanzen auf den letzten Metern in die Basel-III-Gesetzgebung aufnehmen. In der Branche wird befürchtet, dass dies die Verhandlungen mit EU-Kommission und Rat deutlich verzögert. Das wiederum könnte die Institute bei der Umsetzung der EU-weiten Regelwerke CRR und CRD in Zeitnot bringen. Nach mehrjährigem Aufschub sollen die Basel-III-Regeln in der EU eigentlich ab 2025 greifen.

Bei der Erhöhung des Eigenkapitals spricht sich das EU-Parlament wie Kommission und Rat für Übergangsfristen aus. Die EU-Kommission soll diese nach Konsultation der Bankenaufsicht EBA einmalig verlängern können. „Diese Möglichkeit begrüßen wir ausdrücklich, sie reicht aber nicht aus“, sagt Tolckmitt. Denn die Verlustraten seien erwiesenermaßen sehr gering. Es sei trotz der Zinswende nicht damit zu rechnen, dass sich dies grundlegend ändert. „Die niedrigen Verlustraten im Immobiliengeschäft sind daher kein vorübergehendes, sondern ein strukturelles Phänomen. Deshalb wäre es angemessen, dem Rechnung zu tragen und die niedrigere Risikogewichtung zu entfristen.“

Eine Bevorzugung als grün etikettierter Assets, womit der spanische Sozialdemokrat Fernández sympathisierte, wird aller Voraussicht nach nicht kommen. Tolckmitt lässt das aufatmen: „Die Umsetzung von BaselIII sollte nach Risikoerwägungen erfolgen und nicht nach politischen Wünschen.“ Gerade für Immobilienfinanzierer, deren Interessen der Verband vertritt, wären die Folgen andernfalls eklatant. Denn nur ein verschwindend geringer Teil würde dann von den sich abzeichnenden Übergangsbestimmungen beim sogenannten Output Floor profitieren. Dahinter steckt eine stärkere Belastung des Eigenkapitals in der EU nach Basel-III-Maßstäben.

Enttäuscht zeigt sich Tolckmitt, dass sich die Gesetzgeber in Sachen Gewerbeimmobilienfinanzierung nicht bewegen. Hier sollen Ausnahmen und Übergangsfristen nicht greifen. Tolckmitt macht eine „diffuse Angst“ aus, dass es sich dabei um ein sehr risikoreiches Geschäftsfeld handele. „Das widerspricht den Erfahrungen im Finanzierungsgeschäft in diesem Bereich.“ Mit der Basel-III-Umsetzung sei zu befürchten, dass sich das Geschäft mit Immobilienfinanzierungen in schlechter regulierte Segmente verlagere. Das könne an anderer Stelle sogar neue Risiken erzeugen, sprich die Finanzstabilität gefährden, und so die Basel-III-Umsetzung konterkarieren. Als Beispiele nennt Tolckmitt Kreditfonds und neue Anbieter jenseits klassischer Banken. „Ist das wirklich die Absicht der Regulatoren?“

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