EU-Regulierung

EU sattelt beim Anlegerschutz drauf

Die Einigung der EU-Gesetzgeber auf die Retail Investment Strategy löst wenig Freude in der Finanzbranche aus. Ganz im Gegenteil: Das Gesetzeswerk wird wegen Kompliziertheit und Aufwand scharf kritisiert.

EU sattelt beim Anlegerschutz drauf

EU sattelt beim Anlegerschutz drauf

Einigung über Regeln für Retailinvestoren trifft auf Kritik der Finanzbranche

fed Brüssel

Nach jahrelangen Verhandlungen haben sich Unterhändler von Rat und EU-Parlament auf neue Regeln zum Schutz von Kleinanlegern verständigt. Einige Details müssen noch ausbuchstabiert werden, und das Gesetz muss noch abgesegnet werden, aber das gilt als wahrscheinlich.

Ein Kernelement der „Retail Investment Strategy“ sind die Bestimmungen unter der Überschrift „Value for money“. Sie sollen ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis sicherstellen. Das politische Ziel dahinter: Kleinanleger sollen keine Sorge mehr haben, bei Finanzprodukten über den Tisch gezogen zu werden. Denn dann sollen mehr Sparer zu Anlegern konvertieren, ein zentrales Ziel der Spar- und Investitionsunion.

Vergleichsstandards für fondsgebundene Lebensversicherungen

Vorgesehen ist, dass Anbieter von Finanzprodukten im Zuge eines Peer-Group-Vergleichs selbst prüfen müssen, dass Gebühren und Kosten ihrer geplanten Produkte nicht deutlich von ähnlichen Angeboten der Konkurrenz abweichen. Für fondsgebundene Lebensversicherungen wird die EU-Aufsicht ESMA Vergleichsstandards (benchmarks) entwickeln.

Ein europaweites Provisionsverbot, das noch Teil des Gesetzesentwurfs der EU-Kommission war, wird es nicht geben. Das hatte sich aber bereits seit langem abgezeichnet. Allerdings werden Unternehmen und Berater auf einen „spürbaren Nutzen" für den Kunden verpflichtet. Schließlich werden Halbprofis definiert, für die ein anderes Schutzniveau als für typische Kleinanleger gilt. Und für den Vertrieb simpler und kostengünstiger Produkte wie ETF sollen Ausnahmen von der Eignungsprüfung des Kunden gelten.

Kritik aus der Finanzbranche

Die Finanzbranche reagiert kritisch auf das Verhandlungsergebnis. Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des Fondsverbands BVI, beklagt: „Die Kleinanlegerstrategie verursacht mehr Aufwand als Nutzen, und praktisch alle Beteiligten sind mit ihr unzufrieden.“ Die Deutsche Kreditwirtschaft bedauert, dass die Retail Investment Strategy auch in der nun vereinbarten Form nicht dazu beitragen werde, dass deutlich mehr Kleinanleger die Chancen des Kapitalmarkts nutzten. „Die Vielzahl neuer Pflichten und Prozesse schafft weiterhin ein noch komplexeres Regelwerk, das eher abschreckt als motiviert.“

„Was die Vergütung für Beratung angeht, macht die neue RIS alles noch komplizierter", lautet die Kritik von Helge Lach, Vorsitzender des Bundesverbands deutscher Vermögensberater. Der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft, Jörg Asmussen, moniert: „Leider ist das neue Regelwerk immer noch zu kompliziert.“

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