Gesetzgebung

Evaluierung der Investmentbesteuerung kommt nur in kleinen Schritten voran

Sieben Jahre nach der Reform der Investmentbesteuerung wurden Steuerschlupflöcher geschlossen, so ein Zwischenbericht. Doch es bleibt weiter unklar, ob die Reform den Fondstandort belastet.

Evaluierung der Investmentbesteuerung kommt nur in kleinen Schritten voran

Investmentbesteuerung wirkt und bleibt komplex

Cum-cum-Gestaltung erfolgreich gestoppt – Evaluierung kommt spät und nur schrittweise voran – KPMG-Gutachten lässt auf sich warten

Sieben Jahre nach der Reform der Investmentbesteuerung legt das Bundesfinanzministerium dem Bundestag einen Zwischenbericht zur Evaluierung der damaligen Novelle vor. Steuerschlupflöcher wurden erfolgreich geschlossen. Ob die Reform den Fondstandort belastet, bleibt aber bis auf Weiteres im Unklaren.

Von Angela Wefers, Berlin

Mit deutlicher Verzögerung hat das Parlament vom Bundesfinanzministerium einen Bericht zu der 2016 reformierten Investmentbesteuerung erhalten. Wesentliche Erkenntnis: „Die mit der Investmentsteuerreform adressierten Steuersparmodelle werden grundsätzlich wirksam verhindert.“ EU-rechtliche Risiken sind dem Bericht zufolge mit der Reform ausgeräumt worden und die Neuregelungen mit EU-Recht vereinbar. Auch das Ziel einer rechtlichen und administrativen Vereinfachung der Besteuerung sei bei Publikumsfonds weitgehend erreicht worden, hält das Ministerium fest. Bei Spezialfonds seien Aufwand und rechtliche Komplexität indessen erhöht.

Das Haus von Christian Lindner (FDP) veröffentlichte am Freitag einen Bericht (Stand April 2023), der laut Ministerium jüngst dem Bundestagsfinanzausschuss zuging. Mit der Investmentsteuerreform 2016 hat der Ausschuss um eine Evaluierung dieser und weiterer Punkte nach Ablauf der ersten drei Anwendungsjahre der Novelle gebeten. Das Gesetz gilt in seiner Gänze seit 2018. Die Evaluierung hätte damit 2021 kommen sollen – in einem Wahljahr.

Denn sicher waren sich die Abgeordneten 2016 nicht, ob sie Steuergestaltungen um den Dividendenstichtag wie in den Cum-cum-Modellen mit der Novelle ein Ende bereiten würden. Zudem befürchteten sie, das Steuerrecht zu kompliziert gemacht zu haben. Das Gesetz sei gut, sagte damals der Steuerexperte und Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion, Fritz Güntzler. Cum-cum-Geschäften werde ein Riegel vorgeschoben. Ob das Gesetz auch zukunftsfest sei, ließ er indessen offen. Es müsse „schnell nachjustiert“ werden können. Für die SPD gestand deren damaliger finanzpolitischer Sprecher Lothar Binding ein: „Das Gesetz ist objektiv recht kompliziert.“ Gerhard Schick, noch für die Grünen im Bundestag, warnte: „Komplexität lässt sich nicht mit Komplexität bekämpfen.“

System der Vorabpauschalen

Mit der Evaluierung sollte auch die Wirkung auf die Steuereinnahmen geprüft werden, vor allem, ob System und Höhe der neu eingeführten Vorabpauschalen und Teilfreistellungssätze weiterhin angemessen sind. Bei Aktienfonds – mit einer Aktienquote von über 50% – gelten 30% Freistellung, bei Mischfonds mit einer Quote von einem Viertel bis zur Hälfte sind es 15%. Bei sonstigen Fonds mit einer Aktienquote von weniger als 25% wird nichts freigestellt.

Vergeben hatte das Ministerium zur Evaluierung 2019 zwei Forschungsaufträge. Die Untersuchung zur Wirksamkeit gegen Steuersparmodelle, zur Steuervereinfachung und Vereinbarkeit mit EU-Recht ging an die Professoren Heribert M. Anzinger (Ulm), Werner Haslehner (Luxemburg) und Falko Tappen (Worms). Das Forschungsgutachten wurde schon Ende November 2022 vorgelegt und ist Gegenstand des Berichts, der faktisch nur ein Zwischenbericht ist und auch so genannt wird. Denn ein zweites Gutachten zur Auswirkung der Reform auf den Fondsstandort steht aus. Es ging an die Beratungsgesellschaft KPMG. „Das Gutachten hat sich erheblich verzögert und derzeit liegt noch kein Termin für die Fertigstellung vor“, schreibt das Ministerium. Zu Gründen äußerte es sich auf Anfrage nicht. Gegenstand dieses Forschungsauftrags ist auch die Evaluierung der Teilfreistellungssätze. Der Zwischenbericht werde ergänzt, wenn das Gutachten fertiggestellt und ausgewertet sei, stellt das Ministerium in Aussicht.

Die Wirkung auf Cum-cum-Gestaltungen, bei denen mit Hilfe von Finanzderivaten die jährliche Besteuerung von Zinsen und Dividenden umgangen wurden, untersuchte das Bundeszentralamt für Steuern anhand von Daten zur Wertpapierübertragung. Es zeigte sich, dass Geschäfte um den Dividendenstichtag mit Anwendung der Neuregelung Anfang 2016 zurückgehen (siehe Grafik). Wenig enthusiastisch konstatierte jedoch der Finanzpolitiker Richard Pitterle (Linke) damals: Mit der Abschaffung von Steuergestaltungsmodellen würden „zahlreich neue Möglichkeiten geschaffen“. Tatsächlich stellt das Forschungsteam der Professoren fest, die aktuelle Besteuerung habe neue Räume für Steuergestaltung geöffnet. „Diese neuen Gestaltungsspielräume schätzt das Bundesfinanzministerium aber als von untergeordneter Bedeutung ein“, schreibt die Lindner-Behörde. „Gleichwohl können Abwehrmaßnahmen erwogen werden.“

| Quelle:

Mit Blick auf die angestrebte Vereinfachung bei Publikumsfonds gibt es Kritik an den unterschiedlichen Teilfreistellungsätzen. Der Effekt werde damit relativiert, wie auch durch die Rücknahmen bei steuerbegünstigten Anlegern und durch den komplexen Übergang vom alten zum neuen Recht.

Kommentar Seite 1
BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.