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Ex-Anglo-Irish-Chef wegen Betrugs verurteilt

Von Andreas Hippin, London Börsen-Zeitung, 8.6.2018 Fast ein Jahrzehnt nach seinem Rücktritt als CEO der Anglo Irish Bank hat ein Gericht in Dublin David "Drummer" Drumm (51) des gemeinschaftlichen Betruges in zwei Punkten für schuldig befunden....

Ex-Anglo-Irish-Chef wegen Betrugs verurteilt

Von Andreas Hippin, LondonFast ein Jahrzehnt nach seinem Rücktritt als CEO der Anglo Irish Bank hat ein Gericht in Dublin David “Drummer” Drumm (51) des gemeinschaftlichen Betruges in zwei Punkten für schuldig befunden. Die Geschworenen am Dublin Circuit Criminal Court – neun Männer und drei Frauen – hatten zehneinhalb Stunden gebraucht, um zu der Entscheidung zu kommen. Am 20. Juni wird Richterin Karen O’Connor das Strafmaß verkünden. Bis dahin bleibt Drumm auf freiem Fuß. Die Höchststrafe für Bilanzfälschung liegt bei zehn Jahren. Für gemeinschaftlichen Betrug gibt es dagegen keine Obergrenze. Stärke vorgegaukeltDrumm wurde vorgeworfen, 7,2 Mrd. Euro zwischen Irish Life & Permanent und Anglo Irish hin und her verschoben zu haben, um die Einlagenbasis der Bank stärker erscheinen zu lassen, als sie war. Willie McAteer, der ehemalige Leiter der Finanzabteilung, wurde deshalb schon 2016 zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, John Bowe, der das Kapitalmarktgeschäft führte, zu zwei Jahren. Der frühere Chef der Irish Life and Permanent, Denis Casey, erhielt zwei Jahre und neun Monate.Das kleine Nischeninstitut hatte sich während des Aufstiegs der Grünen Insel zum “keltischen Tiger” zur Lieblingsbank der Immobilienspekulanten und Baulöwen entwickelt und musste nach dem Platzen der Blase am Immobilienmarkt im Herbst 2008 als Erstes verstaatlicht werden. Die Steuerzahler waren in der Finanzkrise gezwungen, für fast alle Bankverbindlichkeiten zu garantieren, um den völligen Zusammenbruch des irischen Finanzsystems abzuwenden. Ende 2010 nahm das Land ein 85 Mrd. Euro schweres Hilfspaket von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds in Anspruch. Drumm, Sohn eines Lastwagenfahrers aus Skerries, ist in Deutschland vor allem für seine offenherzigen Äußerungen in Telefonmitschnitten bekannt, die vom “Irish Independent” veröffentlicht wurden. Darin diskutierten die Topmanager des Instituts eine Strategie, um Notenbanker, Politiker und Steuerzahler über den Tisch zu ziehen. Die einfache Logik der Banker, die sich im Nachhinein als richtig erwies: Sobald der Staat sich einmal engagiert hat, fließen auch weitere Milliarden. Sie baten also zunächst “nur” um 7 Mrd. Euro. Die Stützung der Anglo Irish Bank kostete schließlich annähernd 30 Mrd. Euro. Das in Irish Bank Resolution Corporation umfirmierte Institut wurde vor fünf Jahren abgewickelt. Drumm kichert herzlich, als Bowe in einem der Mitschnitte die erste Strophe des Deutschlandlieds anstimmt. Schließlich hatten die Deutschen erhebliche Mittel für die irische Bankenrettung lockergemacht. Drumm lernte sein Handwerk als Wirtschaftsprüfer bei Deloitte & Touche, wo er sich auf Liquidierungen spezialisierte. 1988 wechselte er zur Risikokapitalsparte des International Fund for Ireland. Nach einem kurzen Intermezzo als Prüfer bei Bastow Charlton landete er 1993 bei der Anglo Irish Bank. Im September 2004 wurde er zum Chief Executive Officer gemacht. Unter seiner Führung verdreifachte sich das Kreditbuch der Bank. Als er im Dezember 2008 zurücktrat, gab er zu, dass er regelmäßig zum Jahresende Kredite an die Irish Nationwide Building Society verschoben hatte, um sie für Prüfer und Anleger unsichtbar zu machen. Prozess seit FebruarIm Juni 2009 verließ er Irland gen Boston, wo er ein Jahr später Privatinsolvenz beantragte, nachdem er sich mit seinem früheren Arbeitgeber nicht über millionenschwere Kredite einigen konnte, die ihm Anglo Irish für den Kauf von Aktien der Bank gewährt hatte. Allerdings verweigerte Konkursrichter Frank Bailey ihm 2015 den Neustart. Im gleichen Jahr wurde er in seinem imposanten Eigenheim im noblen Bostoner Vorort Wellesley vor den Augen seiner Frau und seiner zwei Töchter festgenommen. Nach fünf Monaten in einem US-Bundesgefängnis wurde er im März 2016 nach Irland ausgeliefert. Der Prozess gegen ihn begann erst im Februar diesen Jahres.