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Ex-Minister Passera soll Unicredit führen

Von Thesy Kness-Bastaroli, Mailand Börsen-Zeitung, 21.6.2016 Die Würfel bei Unicredit scheinen gefallen und der Nachfolger des vor drei Wochen zurückgetretenen CEO Federico Ghizzoni gefunden zu sein: Der ehemalige Chef des traditionellen...

Ex-Minister Passera soll Unicredit führen

Von Thesy Kness-Bastaroli, MailandDie Würfel bei Unicredit scheinen gefallen und der Nachfolger des vor drei Wochen zurückgetretenen CEO Federico Ghizzoni gefunden zu sein: Der ehemalige Chef des traditionellen Unicredit-Rivalen Banca Intesa, Corrado Passera, soll bereits am Freitag offiziell zum Chef der HypoVereinsbank-Mutter ernannt werden. Dies schreibt die gut unterrichtete Tageszeitung “Il Fatto Quotidiano”. Bei Unicredit heißt es, dass noch keine offizielle Ernennung erfolgt sei und weiterhin mehrere Kandidaten, darunter auch Corrado Passera, zur Auswahl stünden. Die Politik machte DruckUrsprünglich wollte der Unicredit-Verwaltungsrat eine Entscheidung erst Ende Juli treffen. Der Politik und dem Markt dauerte das aber zu lang. Der Aktienkurs von Unicredit verlor seit dem Rücktritt Ghizzonis bis zu 25 %. Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan drang am Wochenende auf eine schnelle Entscheidung, weil die Unsicherheit für ein “Element der Schwäche” sorge. Und auch Nationalökonom Alessandro Penati, Präsident des Bankenrettungsfonds Atlante, kritisierte, dass der Verwaltungsrat der Bank keine Alternative parat hatte, als er Ghizzoni zur Kündigung aufforderte. Der 61-jährige in Como geborene Corrado Passera scheint die richtige Entscheidung zu sein. Denn Passera weist als langjähriger Chef von Banca Intesa, der späteren Intesa Sanpaolo, eine profunde Erfahrung sowohl im Retail als auch im Investment Banking auf. Er kennt den Inlandsmarkt, aber auch das Auslandsgeschäft, da er die Expansion von Intesa Sanpaolo ins Ausland überwachte. Des Weiteren hatte er als Chef von Intesa Sanpaolo Kontakte zu den wichtigsten in- und ausländischen Investoren. Last but not least will Passera wieder zu seinen Wurzeln, zum Bankgeschäft, zurückkehren. Von der Politik scheint er die Nase voll zu haben. Denn seine politische Karriere war nicht gerade erfolgreich. Als Industrie- und Transportminister der Regierung Mario Monti (2011-2013) war er nur knapp zwei Jahre im Amt. Danach gründete er seine eigene, liberal orientierte politische Bewegung “Italia Unica”, hatte aber auch damit wenig Erfolg. Schließlich bewarb er sich als Bürgermeister von Mailand, schloss dann aber mit dem von Silvio Berlusconi ernannten Kandidaten Stefano Parisi ein Bündnis. Doch Parisi unterlag am Sonntag bei den Kommunalwahlen dem von Regierungschef Matteo Renzi ernannten Kandidaten, Giuseppe Sala. Aufbau von OmnitelNach seinem Wirtschaftsstudium an der Mailänder Elite-Universität Bocconi und dem anschließenden Master in Business Administration (MBA) an der Wharton School in Philadelphia trat er bei McKinsey ein. Dort blieb er als Berater für Finanzdienstleister fünf Jahre lang. Passera zählt zu jenen McKinsey-Mitarbeitern, die Anfang des Jahrtausends in der Mailänder Finanzwelt den Ton angaben. Unter anderem waren da Mario Greco, der einstige Chef des Versicherers RAS und später Generali-Chef, oder etwa der einstige Unicredit-Chef Alessandro Profumo mit von der Partie. Danach begann er eine Zusammenarbeit mit der CIR-Gruppe von Carlo De Benedetti. Er war zunächst für den Mondadori-Verlag zuständig und wurde Anfang der neunziger Jahre Generaldirektor des Olivetti-Konzerns. Unter den Fittichen Passeras wurde das Mobilfunkgeschäft von Olivetti, Omnitel, aufgebaut. Dieses wurde dann mit großem Gewinn an Mannesmann verkauft. 1998 berief ihn der damalige Finanzminister Carlo Azeglio Ciampi nach Rom, damit er den hochdefizitären Postkonzern saniere. Passera gelang es, Poste Italiane in einen profitablen Finanzdienstleister umzubauen. 2002 wurde er als CEO der Banca Intesa eingesetzt und leitete dort 2006 die Fusion mit Sanpaolo aus Turin ein. Intesa Sanpaolo ist heute die größte Inlandsbank in Italien. Im Jahr 2010 verließ er seinen Bankposten, um seine politische Karriere zu starten. Passionierter RadfahrerCorrado Passera ist ein passionierter Radfahrer. Samstags sieht man ihn oft mit seinen drei kleinen Kindern aus zweiter Ehe durch das Mailänder Viertel “Brera” radeln und gesellig mit Kaffeehaus- und Marktleuten plaudern. Wo Passera auch war, er war bei seiner Belegschaft auch wegen seines diplomatischen Auftretens äußerst beliebt.Unicredit steht vor schwierigen Aufgaben. Infolge der relativ schwachen Kapitalausstattung erwarten mehrere Analysten eine Kapitalerhöhung im Volumen von mindestens 5 Mrd. Euro oder aber den Verkauf von Assets wie etwa den Aktivitäten in Polen und der Türkei. Diese Verkäufe aber würden das Ergebnis belasten, wie es in Finanzkreisen heißt. Sicher ist, dass Entscheidungen in Kürze getroffen werden müssen, um einen weiteren Wertverlust zu verhindern.