Bankfusionen

Fall Unicredit/BPM hat Nachspiel in Brüssel

Die EU-Kommission leitet ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien ein. Beanstandet wird die Einflussnahme der Regierung, um Bankübernahmen zu stoppen.

Fall Unicredit/BPM hat Nachspiel in Brüssel

Fall Unicredit/BPM hat Nachspiel in Brüssel

EU leitet Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien wegen Behinderung von Fusionen ein

bl/fed Mailand/Frankfurt

Schon lange wurde darüber spekuliert, jetzt ist es offiziell: Die EU-Kommission knöpft sich die „Golden Power“-Regelung Italiens vor. Die EU-Kommission reagiert damit – auch wenn der Fall in der Mitteilung aus Brüssel nicht explizit erwähnt wird – auf die an strengen staatlichen Bedingungen gescheiterte Übernahme der Banco BPM durch den Unicredit.

Die EU-Behörde hat ein Vertragsverletzungsverfahren eröffnet, an dessen Ende eine Klage vor dem EU-Gerichtshof und, falls dem Urteil nicht Folge geleistet wird, die Verhängung von Zwangsgeldern stehen kann. Das Verfahren richtet sich gegen ein italienisches Dekret, das der Regierung weitreichende Befugnisse zur Überprüfung, Blockierung und Auferlegung von Bedingungen für Fusionen und Übernahmen unter Banken einräumt.

„Diese Rechtsvorschriften sollen zwar die nationale Sicherheit und die öffentliche Ordnung schützen, bergen jedoch, so wie sie von den italienischen Behörden angewendet werden, die Gefahr, dass aus wirtschaftlichen Gründen ungerechtfertigte Eingriffe vorgenommen werden, die die Grundsätze der Niederlassungsfreiheit und des freien Kapitalverkehrs im Binnenmarkt beeinträchtigen“, so die EU-Behörde.

Zudem würden sich die italienischen Rechtsvorschriften mit den ausschließlichen Zuständigkeiten der EZB im Rahmen der einheitlichen Aufsicht überschneiden. Italiens Wirtschafts- und Finanzminister Giancarlo Giorgetti versprach umgehend, in „konstruktiver und kooperativer Weise Vorschläge vorzulegen, die Klarheit schaffen und die Einwände ausräumen.“ Er gab sich überzeugt, eine Lösung zu finden.

De facto keine Auswirkungen

De facto hat die Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens zumindest in Bezug auf den konkreten Fall der geplanten BPM-Übernahme durch Unicredit keine Auswirkungen. Denn die HVB-Mutter hatte zwar Berufung gegen die Anwendung der Golden-Power-Regelung durch Italiens Regierung eingelegt. Doch die Bank hat ihre Offerte längst zurückgezogen. Und CEO Andrea Orcel hat ausgeschlossen, sie zu erneuern.

Mit der Berufung wollte sich die Unicredit gegen den Vorwurf Roms schützen, mit der geplanten Übernahme die nationale Sicherheit gefährdet zu haben. Außerdem möchte sie sich wohl vor möglichen Ansprüchen von Aktionären schützen, die ihr vorwerfen könnten, ihre Interessen nicht zu vertreten.

Unicredit hatte die Offerte zurückgezogen, nachdem ein Gericht ihren Einspruch im Juli nur teilweise stattgegeben hatte. Rom hatte die Übernahme zwar genehmigt, aber dafür so strenge Bedingungen gestellt, dass das Vorhaben für die HVB-Mutter unattraktiv wurde. Auch Italiens Staatsrat überprüft die Rechtmäßigkeit des Vorgehens Roms.

Mit Blick auf das EU-Vertragsverletzungsverfahren hat Rom nun zwei Monate, um sich zu verteidigen. Danach zündet Brüssel die nächste Stufe und dürfte, sofern Italiens Argumente nicht überzeugen, mit einer Klage vor dem EU-Gerichtshof drohen.