US-Einlagensicherungsfonds

FDIC steht nach US-Bankenkollaps in der Kritik

Der staatliche Einlagensicherungsfonds FDIC hat seit Anfang März drei der vier größten Bankzusammenbrüche der US-Historie offiziell gemacht. Nun rückt das Vorgehen des Regulators während der jeweiligen Auktionsprozesse in den Fokus.

FDIC steht nach US-Bankenkollaps in der Kritik

FDIC gerät nach Bankenkollaps in die Kritik

Analysten bemängeln Reaktion von Einlagensicherungsfonds – Transparenz von Auktionen kollabierter Geldhäuser unter der Lupe – Krise weitet sich aus

Der Einlagensicherungsfonds FDIC hat seit Anfang März drei der vier größten Bankzusammenbrüche der US-Historie besiegelt. Doch das Vorgehen des Regulators stößt zunehmend auf Kritik. Die FDIC habe in der Krise mitunter zu langsam reagiert – sowie intransparent und kurzsichtig gehandelt.

Von Alex Wehnert, New York

Die Krise im US-Finanzsektor rückt den staatlichen Einlagensicherungsfonds FDIC ins Rampenlicht. Dieser hat mit der Silicon Valley Bank (SVB), der Signature Bank und der First Republic Bank seit Anfang März drei Kreditinstitute unter Zwangsverwaltung gestellt und damit drei der vier größten Bankzusammenbrüche in der Historie der Vereinigten Staaten offiziell gemacht. Die Furcht davor, dass der nächste schwere Kollaps in Kürze folgt, ist groß: Mit Western Alliance Bancorp und Pacwest Bancorp sind zwei weitere Regionalbanken an der Börse erheblich unter Druck geraten.

Letztgenanntes Geldhaus prüft nun strategische Optionen, darunter wohl auch einen Verkauf – und will damit wohl einer unter behördlicher Regie eingefädelten Notveräußerung wie jener der First Republic an J.P. Morgan zuvorkommen. Auch weite Teile der SVB und der Signature Bank haben mit First Citizens Bank and Trust bzw. New York Community Bancorp neue Eigentümerinnen gefunden.

Doch die FDIC ist für ihr Vorgehen während der Auktionsprozesse in die Kritik geraten. Travis Hill, der republikanische Vizechef des Einlagensicherungsfonds, räumte Mitte April ein, seine Behörde hätte schneller einen Käufer für die SVB finden müssen. Die mangelnde Dringlichkeit, so deutete es der politische Kontrahent von FDIC-Chef Martin Gruenberg an, habe die Unsicherheit im Finanzsektor erhöht und die Krise damit verschärft. Tatsächlich dauerte es 17 Tage, bis der Regulator einen Käufer für den Großteil der SVB-Assets gefunden hatte. Im Fall der Signature Bank lagen zwischen Kollaps und Übernahme immerhin acht Tage.

Dass es zu noch größerer Unklarheit kommen kann, zeigt der Zusammenbruch der Continental Illinois National Bank and Trust aus dem Jahr 1984. Gerüchte über eine Insolvenz des Chicagoer Geldhauses lösten im Mai einen massiven Run von Einlagenkunden aus, worauf die FDIC einschritt. Nach über zweimonatiger erfolgloser Suche nach einem Käufer verkündete der Regulator schließlich eine „permanente Unterstützung“ für Continental Illinois, kaufte faule Kredite im Milliardenvolumen auf und entschädigte Gläubiger sowie Einlagenkunden. Bis 1991 operierte das Finanzinstitut vorrangig unter staatlicher Kontrolle, 1994 übernahm Bank of America das Geldhaus schließlich.

Musterfall Washington Mutual

In der Regel soll der Prozess nach einem Bankenkollaps aber so ablaufen wie im Fall von Washington Mutual, der größten jemals kollabierten US-Bank, während der Finanzkrise 2008: Die FDIC stellt ein Kreditinstitut unter Zwangsverwaltung und kann praktisch unmittelbar den Verkauf an eine andere Bank vermelden, wie nun bei der First Republic schlug auch damals J.P. Morgan zu. Das führende US-Finanzinstitut zahlte 1,9 Mrd. Dollar für die mit über 300 Mrd. Dollar (in heutiger Währung nahezu 390 Mrd. Dollar) schwerste Sparkasse der Vereinigten Staaten, musste in der Folge aber auch 31 Mrd. Dollar an faulen Krediten aus dem Portfolio von Washington Mutual abschreiben.

Auch Citigroup bot damals gemäß FDIC-Dokumenten für das kollabierte Finanzinstitut, bot aber weder eine Bar-Vorauszahlung noch eine Übernahme der unbesicherten Einlagen von Washington Mutual an. Zudem forderte die Großbank unter anderem, dass der staatliche Einlagensicherungsfonds für 80% der Erstverluste aus dem Kreditportfolio der Sparkasse einstehen solle. Dieses enthielt umfangreiche Hypothekendarlehen, die im Zuge der Subprime-Krise massiv an Wert verloren hatten.

J.P. Morgan forderte dagegen keine Aufteilung von Kreditverlusten zwischen sich und der FDIC – dies stellt einen bedeutenden Unterschied zum First-Republic-Deal dar. Denn in dessen Rahmen wird der staatliche Einlagensicherungsfonds nach aktuellen behördlichen Schätzungen mit 13 Mrd. Dollar belastet. Hinzu kommt, dass J.P. Morgan vom Regulator über fünf Jahre Festzins-Finanzierungen von insgesamt 50 Mrd. Dollar erhält.

Eine weitere Differenz zum Fall Washington Mutual besteht darin, dass sich J.P. Morgan nicht gegen einen großen Mitbieter, sondern wohl gegen mindestens drei kleinere Finanzinstitute durchsetzte. Die FDIC ist verpflichtet, das Angebot zu bevorzugen, das die geringsten Kosten verursacht – dem ist der Regulator nach eigenen Angaben nachgekommen. Doch einige Marktteilnehmer kritisieren nun die mangelnde Durchsichtigkeit des Auktionsprozesses, der Öffentlichkeit seien die anderen Angebote schließlich nicht zugänglich.

Transparenz mit Risiken

„Natürlich ist mehr Transparenz grundsätzlich wünschenswert, doch sollten Kritiker der FDIC auch die Konsequenzen ihrer Forderungen bedenken“, sagt Greg Hertrich, Leiter US-Bankenstrategie bei Nomura in New York. Schließlich liefen die Bewertungsstandards der Finanzinstitute und der FDIC auf der einen und externer Analysten auf der anderen Seite aufgrund von Informationsasymmetrien auseinander. Sei der Auktionsprozess öffentlich und schalteten sich zu viele Stimmen mit unterschiedlichen Einschätzungen ein, erhöhe dies die Verunsicherung in Krisenphasen im Zweifel eher. In der Folge könne Rechtsunsicherheit um bereits vollzogene Deals entstehen.

Der ehemalige FDIC-Vorsitzende William Isaac betont indes, dass die FDIC im Rahmen der Auktionen von Bankassets nicht nur den Preis, sondern auch eine Reihe weiterer Faktoren beachten müsse. Der Verkauf der First Republic an J.P. Morgan verschärfe schließlich Konzentrationsrisiken im Finanzsystem. „Die größten Banken werden schwerer und schwerer“, kritisiert Isaac die Entwicklung. Indem sie die Marktmacht der führenden Finanzinstitute noch stärke, beraube sich die FDIC auch für künftige Auktionen wichtiger Alternativen.