Credit-Suisse-Pleite

Finanzmarktaufsicht setzt Bankanleihen unter Druck

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma hat mit ihrer Entscheidung, die Additional-Tier-1-Anleihen der Credit Suisse komplett abzuschreiben, für große Verunsicherung an den Finanzmärkten gesorgt.

Finanzmarktaufsicht setzt Bankanleihen unter Druck

Von Philipp Habdank, Frankfurt

Der Notverkauf der Schweizer Credit Suisse an ihren Wettbewerber UBS hat viele Verlierer hervorgebracht. Zu den größten zählen zweifelsohne die Gläubiger der besonders riskanten Nachrangangleihen. Wie die Bank zusammen mit der Schweizer Finanzmarktaufsicht (Finma) be­kannt gab, werden sogenannte Additional-Tier-1-Anleihen (AT1) mit einem Nominalvolumen von rund 16 Mrd. Schweizer Franken komplett abgeschrieben.

Diese Maßnahme an sich sollte für keine große Verwunderung sorgen, schließlich wurden die AT1-Anleihen nach der Finanzkrise eben dafür ins Leben gerufen: um einer Bank in Not zu helfen, ohne dass der Steuerzahler einspringen muss. Und dennoch haben die Schweizer die Finanzmärkte mit dieser Maßnahme stark verunsichert. Zunächst steht die Frage im Raum, wer von diesen Ab­schreibungen direkt betroffen ist und ob andere Banken in diese Papiere investiert sind. Der Regulator untersagt Banken lediglich Investments in eigene AT1-Anleihen, nicht aber in die anderer Geldhäuser. Der Montag brachte dahingehend ein wenig Klarheit. Sowohl die Deutsche Bank als auch die Commerzbank gaben auf Nachfrage bekannt, dass sie nicht in AT1-Anleihen der Credit Suisse in­vestiert seien. Auch die Landesbanken LBBW, BayernLB, Helaba und Nord/LB betonten auf Nachfrage, dass sie kein Exposure hätten, ebenso die privatisierte Landesbank Hamburg Commercial Bank. Die zur Unicredit gehörende HypoVereinsbank wollte sich dazu auf Nachfrage nicht äußern, die HSBC ebenfalls nicht. Der deutsche und der europäische Bankensektor scheinen von den Ab­schreibungen zunächst, wenn überhaupt, nur geringfügig betroffen. Zu den größten Verlierern gehören laut Bloomberg Investoren aus der Golf-Region. Die rund 16 Mrd. Franken sind zwar die bislang größte Ab­schreibung, dennoch nur ein Bruchteil des gesamten AT1-Marktes, der auf rund 250 Mrd. Euro taxiert wird. Bei anderen AT1-Investoren löste die Finma mit ihrer Abschreibung dennoch Panik aus. Der europäische Finanzmarkt äußerte breites Unverständnis darüber, dass Anleihegläubiger ihren Einsatz bei der Credit Suisse komplett verlieren, während die Aktionäre immerhin noch mit UBS-Aktien im Wert von rund 3 Mrd. Franken entschädigt werden.

Die Folge: AT1-Investoren haben sich am Montag umfangreich von Bankanleihen getrennt, woraufhin die Kurse von AT1-Papieren flächendeckend stark gesunken sind. Reuters berichtet, dass die Kurse von Additional-Tier-1-Anleihen der Deutschen Bank, HSBC, UBS und BNP Paribas am Montag um zehn bis zwölf Cent nachgegeben haben. Investoren durchforsten das Kleingedruckte auf der Suche nach möglichen Fußnoten, die ein ähnliches Vorgehen wie von der Finma ermöglichen könnten. EZB, Single Resolution Board und EBA sahen sich daraufhin gezwungen, den Markt in einem gemeinsamen Statement zu beruhigen. Instrumente des harten Kernkapitals seien die ersten, die Verluste auffangen müssten. Erst nach deren vollständiger Nutzung müsse das zusätzliche Kernkapital abgeschrieben werden. „Dieser An­satz wurde in der Vergangenheit konsequent angewandt und wird auch weiterhin die Maßnahmen des SRB und der EZB-Bankenaufsicht bei Kriseninterventionen leiten“, so die Regulatoren.

Den AT1-Anleihen hat die Finma mit ihrem Schritt dennoch einen Bärendienst erwiesen. Experten der BayernLB schreiben, dass die Investoren ihre Risiken nun neu bewerten würden. Neue AT1-Anleihen dürften es auf absehbare Zeit schwer im Markt haben. Die LBBW schreibt in einem Report, dass das Vertrauen in die Funktionsweise des AT1-Marktes kurz- bis mittelfristig beschädigt sein dürfte. Die Bank rechnet nun mit höheren Fundingkosten für Banken – sowohl für AT1-Anleihen als auch Europas Bankenbranche als Ganzes.

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