Firmenkundengeschäft auf dem Prüfstand

Deutsche Banken sind laut einer Umfrage ungenügend auf eine zweite Digitalisierungswelle vorbereitet

Firmenkundengeschäft auf dem Prüfstand

fir Frankfurt – Die deutschen Banken wissen um die Bedeutung der Digitalisierung des Firmenkundengeschäfts, tun sich aber schwer, diese Erkenntnis in Strategien umzumünzen. So stimmen zwar 86 % der von der Boston Consulting Group (BCG) befragten Führungskräfte im Rahmen der Studie “Global Corporate Banking 2018” zu, dass die Digitalisierung die Wirtschaftlichkeit im Firmenkundengeschäft und den Wettbewerb umwälzen wird. Allerdings verfügen nur 43 % über eine Digitalstrategie. In dieser Hinsicht tue sich jedoch nun etwas. Hätten viele Banken in den vergangenen drei, vier Jahren in einer ersten Welle bereits zahllose vereinzelte Initiativen zur Digitalisierung des Firmenkundengeschäfts auf den Weg gebracht, so zeichne sich eine zweite Welle ab, in der Aktivitäten zusammengefasst und in ein Gesamtkonzept gegossen würden, sagten Carsten Baumgärtner, globaler Leiter des Corporate Banking bei BCG, und Oliver Dany, Leiter des deutschen Corporate-Banking-Bereichs, am Donnerstag bei der Vorstellung der Studienergebnisse. In fünf Jahren werden 30 % der Erträge von Banken in diesem Segment ausschließlich über digitale Kanäle erwirtschaftet, wie die Prognose von BCG lautet. Die erhofften Prozessverschlankungen und dadurch bedingten Kosteneinsparungen sowie die Erschließung neuer Ertragsquellen täten not. Denn angesichts hoher Eigenkapitalanforderungen und eines in Deutschland besonders ausgeprägten Wettbewerbs, der niedrige Margen zur Folge hat, rechne sich das reine Kreditgeschäft hier derzeit nicht. 45 % von 130 untersuchten Banken verdienen im Firmengeschäft der Berechnung von BCG zufolge ihre Kapitalkosten nicht, und das trotz einer vorteilhaften Risikosituation, fällt doch wegen der gut laufenden Konjunktur kaum noch Risikovorsorge für ausfallgefährdete Kredite an. Besserung sei vorerst nicht in Sicht. “Wir erwarten, dass die Erträge aus dem Firmenkundengeschäft bis 2021 in Deutschland nur um circa 0,5 % pro Jahr steigen. Regulatorische Kosten werden weiter zunehmen, und die Digitalisierung erfordert hohe Investitionen”, sagte Dany. Stiegen die Erträge im Firmenkundensegment zwischen 2011 und 2016 um insgesamt 5 Mrd. Euro bzw. 2,4 % pro Jahr, so rechnen die Berater damit, dass der Gesamtzuwachs bis 2021 nur noch 1 Mrd. Euro beträgt (siehe Grafik). Ausländer drängen in MarktDer Konkurrenzkampf werde schärfer, da ausländische Kreditinstitute ungeachtet der Überkapazitäten hierzulande das Firmenkundengeschäft ausbauten. “Ausländische Adressen nutzen die relative Schwäche der deutschen Banken, außerdem ist die Volkswirtschaft als größte in Europa per se attraktiv”, erklärte Baumgärtner. Zumindest von Fintechs drohe keine Gefahr mehr, hieß es. Der überwiegende Teil jener neuen Akteure, die ins Finanzwesen drängten, komme für Banken mittlerweile als Partner und nicht mehr als Gegner daher. Bedrohlich seien vielmehr beispielsweise datenbasierte Plattformen. Um sich der Wettbewerber zu erwehren, müssten die klassischen Banken etwa Datenanalyse ausschöpfen, um neue Geschäftsfelder aufzutun und Produkte auf Kunden besser zuzuschneiden, Kreditprozesse digitalisieren und eine auf Digitalisierung gerichtete Unternehmenskultur etablieren. Denkbar seien auch Firmenkunden-Direktbanken.