Fiserv schockt Wall Street mit Prognose-Kürzung
Fiserv schockt Wall Street mit Prognose-Kürzung
Fiserv schockt Wall Street mit Prognose-Kürzung
xaw New York
Es ist der dramatischste Einbruch in der bis 1986 zurückreichenden Börsengeschichte von Fiserv: Die Aktie des Finanztechnologie-Riesen, das Zahlungen für führende Banken und Händler verarbeitet, ist im New Yorker Handelsverlauf am Mittwoch zeitweise um 44% eingebrochen. Binnen weniger Stunden wurden so nahezu 30 Mrd. Dollar an Börsenwert ausradiert.
Denn das Unternehmen aus Milwaukee, Wisconsin, schockierte die Wall Street mit einer radikalen Prognosekürzung. Für das Gesamtjahr 2025 erwartet Fiserv nun ein organisches Umsatzwachstum von 3,5 bis 4% einen bereinigten Gewinn von 8,50 bis 8,60 Dollar pro Aktie, nachdem das Management im Juli noch einen Erlösanstieg um 10% und einen bereinigten Überschuss von 10,15 bis 10,30 Dollar pro Aktie vorhergesagt hatte. Damit überraschte der Dienstleister Analysten, die im Konsens ebenfalls 10,15 Dollar prognostiziert hatten, massiv negativ.
Zu rosige Vorhersagen
CEO Mike Lyons, der im Mai von der Bankholding PNC Financial zu Fiserv gestoßen war, bezeichnete viele der Vorhersagen des alten Managements in einer Analystenschalte als zu rosig. Bei internen Überprüfungen habe sich herausgestellt, dass „unsere Guidance inkrementelle Annahmen enthielt, darunter ein überdimensionales Wachstum des Geschäftsvolumens, Rekord-Erlöse und breit angelegte Produktivitätsverbesserungen, die allesamt selbst mit dem richtigen Investment und einer starken Ausführung objektiv schwierig erreichbar gewesen wären“.
Lyons hatte die Zügel von Frank Bisignano übernommen, der in seinen fünf Jahren an der Vorstandsspitze praktisch synonym mit dem Unternehmen geworden war. Der Sohn italienischer Einwanderer und ehemalige Chief Operating Officer von J.P. Morgan war von US-Präsident Donald Trump für den Vorsitz der US-Sozialversicherung nominiert worden und wurde nach einiger Verwirrung im Amt bestätigt. Zudem ist Bisignano seit Anfang Oktober CEO der Steuerbehörde IRS und soll die heftig kritisierte Behörde mitten in einem Shutdown der US-Regierung wieder auf Vordermann bringen.
Verwirrung um Argentinien
Der Absturz seines alten Unternehmens, das mit wachsender Konkurrenz durch junge Zahlungsabwickler wie Square konfrontiert ist, weckt bei Ökonomen diesbezüglich indes wenig Zuversicht. Nachfolger Lyons sprach davon, dass der Fokus des vorherigen Managements auf „kurzfristige Initiativen“ Fiserv daran gehindert habe, langfristige Beziehungen zu Kunden aufzubauen. Nun wolle der Dienstleister neue Prioritäten setzen, die zunächst allerdings zu Belastungen für die Profitabilität und das Wachstum führen würden.
Zudem habe die alte Guidance übermäßig optimistische Annahmen zum Wachstum in Argentinien enthalten. Die harte Abwertung des Peso und die noch immer unkontrollierte Inflation in dem südamerikanischen Staat machten bereits Anpassungen in der Gewinnberechnung für die ersten neun Monate des Jahres notwendig. Die Trump-Regierung will Buenos Aires mit einem 20 Mrd. Dollar schweren Währungstausch und einer ebenfalls 20 Mrd. Dollar schweren, bankengeführten Kreditfazilität unter die Arme greifen. Mit einem bereinigten Überschuss von 2,04 Dollar pro Aktie verpasste Fiserv die Konsensprognose von 2,64 Dollar im dritten Quartal deutlich. Auch das Erlöswachstum um 0,9% auf 5,26 Mrd. Dollar enttäuschte die Wall Street, die gemäß Factset mit 5,35 Mrd. Dollar gerechnet hatte.
Heftige Kritik von Analysten
„Das Investorensentiment war schon vor diesen Nachrichten sehr schwach“, schreiben die Analysten von BTIG in einem Kommentar. Zwischen Anfang Januar und der Zahlenvorlage hatte die Aktie bereits 35% an Wert verloren. Die „miserablen“ Ergebnisse und die Prognosesenkung würden den Appetit der Investoren nun wohl noch zusätzlich dämpfen. Die Analysten von Jefferies halten das Ausmaß, in dem Fiserv mit Zahlen und Geschäftsausblick die Erwartungen verfehlt hat, für „schwierig verständlich“.
Die angekündigte Verschiebung der Börsennotiz verstärken die Verwirrung der Investoren noch. Ab dem 11. November sollen Fiserv statt an der New York Stock Exchange an der Nasdaq handelbar sein. Und auch Wechsel im Vorstand verkomplizieren die Lage: Das Unternehmen ernannte am Mittwoch zwei neue Co-Präsidenten und einen neuen Chief Financial Officer, die Lyons dabei helfen sollen wieder ein „nachhaltiges Wachstum“ zu generieren.
