Fonds brauchen keinen Fußabdruck

Von Jan Schrader, Frankfurt Börsen-Zeitung, 4.12.2015 "Einen ersten, wichtigen Schritt hin zu einer weltweiten Dekarbonisierung der Wirtschaft" - nicht weniger hat sich Candriam Investors Group mit der Veröffentlichung einer Klimabilanz ihrer...

Fonds brauchen keinen Fußabdruck

Von Jan Schrader, Frankfurt”Einen ersten, wichtigen Schritt hin zu einer weltweiten Dekarbonisierung der Wirtschaft” – nicht weniger hat sich Candriam Investors Group mit der Veröffentlichung einer Klimabilanz ihrer ethisch ausgerichteten Fonds vorgenommen. Die ehemalige Tochter der mittlerweile weitgehend zerschlagenen belgisch-französischen Bank Dexia rechnet vor, wie hoch der Ausstoß des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid (CO2) je Millionen Euro Umsatz bei den Unternehmen ist, deren Wertpapiere Candriam in die Fonds gelegt hat. Anhand ihres Portfolios rechnet die Gesellschaft aus, wie hoch der sogenannte CO2-Fußabdruck des jeweiligen Fonds ist. Die Produkte, die Candriam unter dem Schlagwort Socially Responsible Investment (SRI) aufgelegt hat und die insgesamt 15 Mrd. Euro umfassen, sind in wichtigen Kategorien demnach deutlich sauberer als eine vergleichbare Zusammensetzung des Indexanbieters MSCI. Das lässt die mittlerweile zum US-Versicherer New York Life gehörende Gesellschaft in einer Mitteilung wissen, offenbar mit Blick auf die gerade laufende Klimakonferenz in Paris.Auch andere Fondsgesellschaften rühmen sich mit angeblich klimafreundlichen Produkten. Vor wenigen Tagen erst veröffentlichte die zur österreichischen Erste Group Bank zählende Erste Asset Management die CO2-Bilanz für Aktienfonds, die insgesamt viel sauberer sein sollen als ein gewöhnliches weltweites Portfolio, ebenfalls zusammengestellt von MSCI. Die christliche Steyler Ethik Bank hat sich kürzlich erneut für ihren “Fair und Nachhaltig – Aktien” auszeichnen lassen, dem “ersten Fonds mit einer zertifizierten CO2-Bilanz”, der ebenfalls besonders sauber investieren soll, hier im Vergleich zum Dax. Der Indexanbieter MSCI fasst wiederum CO2-freundliche Werte in modifizierten Indizes zusammen, die zum Beispiel von einigen börsengehandelten Indexfonds (ETF) als Vorlage genutzt werden. Und auch Anlegerschützer schielen auf den Fußabdruck: Die Verbraucherzentrale Bremen hat im vergangenen Jahr die CO2-Bilanz verschiedener Fonds berechnet, wonach der “DWS Top Dividende” als klassisches Produkt vergleichsweise schmutzig, einige ethisch ausgerichtete Vehikel, vorneweg der “Triodos Sustainable Equity” aber sehr sauber sind. Das Konzept zieht Kreise. Keine SchokoladeEs wirkt beinahe so, als kaufe der Anleger mit einem Fondsprodukt einen Verbrauchsgegenstand. So wie ein Milch- und Fleischkonsument für das Wohlergehen der Tiere oder der Besitzer eines Dieselfahrzeuges für die Emission von Stickoxiden mitverantwortlich ist, so trägt jeder Konsument mit seinem Verbrauch gewöhnlicher Güter auch zum Ausstoß von CO2 und anderen Klimagasen bei. Einige Hersteller informieren bereits dazu, welcher Ausstoß etwa mit einer Tafel Schokolade verbunden ist.Nur ist ein Fonds keine Schokolade. Der Sparer verspeist keine Wertpapiere. Er hält sie zeitweise und hofft auf Dividenden und Kursgewinne. Allenfalls indirekt über die Kursentwicklung üben Anleger somit Druck auf die Unternehmen aus, wenn sie von Wertpapieren großer Umweltsünder die Finger lassen – vorausgesetzt freilich, dass nicht andere, weniger ethisch interessierte Investoren die Lücke füllen, was in funktionierenden Märkten häufig der Fall sein dürfte. Der Zusammenhang zwischen dem CO2-Ausstoß und dem Fondsinvestment ist jedenfalls nicht so klar, wie es der “Fußabdruck” nahelegt.Auch Candriam räumt ein, dass der Wert interpretationsbedürftig ist. “Der komplette Ausschluss aller emissionsintensiven Sektoren ist keine Lösung”, schreibt das Fondshaus. Denn dann gebe es “weniger Kapital für Unternehmen, die Lösungen für die Dekarbonisierung entwickeln – denn die stammen oft ebenfalls aus genau diesen Sektoren”. Fondsmanager müssen eben genau hinsehen, abwägen und auch die Unternehmen zu Veränderungen drängen – so wie es Candriam für sich in Anspruch nimmt. Ob die Fondsgesellschaft dabei hält, was sie verspricht? Das kann der Anleger jedenfalls nicht an einer Zahl ablesen. Der Fußabdruck verfehlt seinen Zweck. ——–Die CO2-Bilanz für Fonds zieht Kreise. Eine klimaschonende Anlage soll so Realität werden.——-