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FTX treibt Neustart von internationaler Plattform voran

Das neue Management der insolventen FTX plant angeblich einen Neustart der Krypto-Handelsplattform. Doch das Projekt dürfte sich laut Rechtsexperten als schwierig gestalten – auch aufgrund regulatorischen Gegenwinds.

FTX treibt Neustart von internationaler Plattform voran

Kryptobörse FTX treibt Neustart voran

Insolventer Plattformbetreiber verhandelt mit potenziellen Partnern – Hoffnung für Gläubiger – Rechtsexperten skeptisch bezüglich Aussichten

xaw New York

Die insolvente FTX treibt einen Wiedereinstieg in den Kryptohandel voran. Die Marktplatzbetreiberin führe mit potenziellen Partnern Gespräche über einen Neustart der internationalen Plattform FTX.com, wie der als Nachfolger des mit schweren Betrugsvorwürfen konfrontierten Unternehmensgründers Sam Bankman-Fried eingesetzte CEO John J. Ray gegenüber dem „Wall Street Journal“ mitteilte.

Rebranding wahrscheinlich

Laut Insidern diskutieren die Parteien über verschiedene neue Strukturen für den Betrieb des Handelsdienstleisters, darunter wohl auch ein Joint Venture mehrerer Geldgeber. Ein Rebranding im Rahmen des Neustarts gilt als sehr wahrscheinlich. Bestandteil der Gespräche sind zudem angeblich Regelungen für Bestandskunden von FTX, die seit dem Kollaps der Kryptobörse im vergangenen November keinen Zugriff auf ihre Mittel haben. Diese Account-Inhaber könnten demnach Anteile an einer reorganisierten internationalen Geschäftseinheit erhalten.

FTX war in Liquiditätsnöte geraten, nachdem Berichte über Solvenzprobleme bei der Schwesterfirma Alameda die Runde machten. Zunächst kündigte die inzwischen selbst mit massiven rechtlichen Problemen konfrontierte Konkurrentin Binance eine Übernahme der Kryptobörse an – nahm von diesem Plan aber Abstand, nachdem sie bei ihrer Due Diligence auf ein milliardenschweres Bilanzloch stieß. Am 11. November beantragte FTX in den USA Insolvenz.

Gründer Bankman-Fried wurde im Dezember auf den Bahamas verhaftet, wo die Kryptobörse ansässig ist, und an die Vereinigten Staaten ausgeliefert. Das US-Justizministerium wirft ihm vor, in großem Stil Kundengelder seiner Handelsplattform missbraucht zu haben, um damit Trades von Alameda zu finanzieren. Weitere Anklagepunkte gegen den 31-Jährigen lauten auf Bankbetrug, Geldwäsche und Bestechung. Bankman-Fried plädiert auf unschuldig.

Ein Neustart von FTX hängt wohl davon ab, ob es dem neuen Management gelingt, vermisste Kundengelder an mutmaßlich Geschädigte zurückzuzahlen. Ray deutete aber bereits mehrfach an, dass sich dies als äußerst schwierig erweisen könnte. Der erfahrene Insolvenzverwalter und seine Finanzberater stießen bei einer forensischen Prüfung auf eine 9 Mrd. Dollar große Lücke zwischen Assets und Verbindlichkeiten gegenüber Kundenaccounts.

Um diese zu schließen, arbeitet das neue Management daran, Assets zu verkaufen und Spenden und Anlagen rückgängig zu machen, die Bankman-Fried und seine Vertrauten wohl mit Kundenmitteln tätigten. Allerdings haben viele Investments des in Ungnade gefallenen Unternehmensgründers massiv an Wert verloren. Zuletzt erhielt FTX die nötige Freigabe, um die Derivatebörse Ledger X für 50 Mill. Dollar zu veräußern – beim Kauf im August 2021 zahlte die Kryptoplattform laut Finanzberichten ungefähr 298 Mill. Dollar.

Streit um Token

Insofern ist ein Neustart von FTX.com für Gläubiger die größte Quelle der Hoffnung. Denn in diesem Fall bestünde auch die Aussicht, dass der hauseigene Krypto-Token FTT nicht vollkommen wertlos würde. Kunden setzten die Cyberdevise ein, um Transaktionsgebühren auf FTX zu bezahlen und untereinander zu handeln. Im November beschlagnahmten Regulatoren der Bahamas 195 Millionen FTT-Einheiten, der anhängige Rechtsstreit ist noch offen.

Derweil türmen sich die Kosten für die Restrukturierung von FTX und verbundene juristische Prozesse auf. Bis April schuldete das Unternehmen Anwälten und Beratern 200 Mill. Dollar. Die offenen Beträge müssen im Rahmen des Insolvenzprozesses nach Chapter 11 beglichen werden, bevor alte Gläubiger entschädigt werden können. Einen Plan zur Reorganisation will das Unternehmen wohl im Juli vorlegen.

Beobachter halten einen Neustart von FTX aber nicht nur aufgrund der durch mutmaßliche kriminelle Machenschaften entstandenen Reputationsverluste für kompliziert. Vielmehr stelle auch das harte Vorgehen der US-Behörden gegen zahlreiche Digital-Assets-Dienstleister ein Hindernis dar. So hat die Börsenaufsicht SEC Klagen gegen die Handelsplattformen Binance und Coinbase eingereicht, denen sie massive Verstöße gegen das Wertpapierrecht vorwirft.

Gerade im Zuge der Coinbase-Verhandlungen dürfte laut Wirtschaftskanzleien eine Grundsatzentscheidung zur Kryptoregulierung anstehen. Denn die SEC stuft praktisch alle Cyberdevisen außer Bitcoin als unrechtmäßig begebene Wertpapiere ein, die unter bestehenden Gesetzgebungen zu regulieren seien und nicht unter gesonderten Digital-Assets-Regeln. Auch einen Wiedereinstieg von FTX in den Kryptohandel dürfte die Behörde laut Analysten damit äußerst kritisch betrachten.

Interesse aus der Szene

CEO Ray beruft sich indes auf Kunden und Anspruchsberechtigte, die das Geschäftsmodell von FTX trotz mutmaßlicher rechtswidriger Vorgänge in der Vergangenheit als grundsätzlich funktionsfähig einstuften. Angeblich zeigt das Blockchain-Technologie-Unternehmen Figure Interesse daran, an einem Neustart der Handelsplattform mitzuwirken. Andere potenzielle Investoren oder Partner sollen laut Insidern noch in der laufenden Woche Interesse an einer Beteiligung an dem Projekt bei FTX einreichen.

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