Für die Helaba Invest gilt "Ertrag vor Wachstum"
“Geiz ist geil” – auch im Assetmanagement und namentlich im Masterfondsgeschäft, also bei Administrationsdienstleistungen. Doch aus dem zuweilen aggressiv geführten Preiskampf will sich die Helaba Invest fortan heraushalten und verzichtet dabei bewusst auf Volumen. Auskömmlich ist dagegen das eigene Assetmanagement. Hier bleibt die auch mit Aktien- und Emerging-Markets-Produkten sehr erfolgreiche Helaba-Tochter auf Wachstumskurs.Von Bernd Wittkowski und Silke Stoltenberg, FrankfurtGemäß der Maxime “Ertrag vor Wachstum” hat sich die Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) Helaba Invest entschieden, den teilweise als brutal empfundenen Preiswettbewerb namentlich im Masterfondsgeschäft nicht länger mitzumachen. Sie verzichtet daher bewusst auf Volumen und Marktanteile. Im Ergebnis wird das von der Landesbank-Tochter betreute Gesamtvolumen in diesem Jahr voraussichtlich massiv von 161 Mrd. auf etwa 125 Mrd. Euro schrumpfen. “Nicht mehr auskömmlich”Insgesamt ist das Volumen im Jahresverlauf bereits auf 140 Mrd. Euro gesunken. Das berichten der Vorsitzende der Geschäftsführung, Uwe Trautmann, sowie seine Kollegen Ulrich Lingner und Hans-Ulrich Templin im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Die Margen im Masterfondsgeschäft seien “inzwischen ganz klar nicht mehr auskömmlich”, sagt Trautmann. Bei manchen großvolumigen Mandaten würden Preise von 1 Basispunkt (BP) aufgerufen. Damit sei dieses Geschäft schon für die Helaba Invest, die in der Branche nach unabhängigen Untersuchungen als Kostenführer gelte, nicht profitabel zu betreiben. Soll heißen: für andere wohl umso weniger. Manche in der Zunft wüssten gar nicht, dass sie im Administrationsgeschäft Geld verbrennen, meint Trautmann. Für ein durchschnittlich komplexes Mandat brauche man mindestens eine Marge von 1,5 BP, um die Gewinnschwelle zu erreichen. Und die Mandate würden ja immer komplexer, nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden regulatorischen Anforderungen, die an die Kunden der Investmentgesellschaften gestellt werden. Um diesen Anforderungen – zum Beispiel das Regelwerk Solvency II für Versicherer – auf der KVG-Seite gerecht zu werden, seien schon einige Klimmzüge erforderlich. Solche Mehrleistungen müssten aber auch bepreist werden, sonst werde ein Mandat defizitär. VerdrängungswettbewerbVor diesem Hintegrund “gehen wir nicht mehr jeden Deal mit”, so Trautmann. Konkret gebe man zwei große Mandate ab. Zum einen geht es um Direktanlagen von 20 Mrd. Euro, bei denen der Kunde das Reporting, das freilich für die Helaba Invest ohnehin nicht kostendeckend gewesen sei, nicht mehr brauche. Zum anderen ist die Gesellschaft bei einem 15 Mrd. Euro schweren Masterfondsmandat von einem nicht genannten Wettbewerber deutlich unterboten worden.Auf dem zu schätzungsweise mehr als 90 % gesättigten Markt, auf dem es nicht mehr Hunderte Milliarden an Mandaten zu verteilen gebe, herrsche zunehmend Verdrängungswettbewerb, und das Produkt Masterfonds sei zu einer “Commodity” geworden, also zur Standardware mit von Anbieter zu Anbieter kaum noch unterscheidbaren Administrationsdienstleistungen.Eine Erklärung für den erbitterten Preiskampf sehen Trautmann und Kollegen im Niedrigzinsumfeld, in dem es Anlegern immer schwerer falle, noch ihren Garantiezins zu erwirtschaften. Hinzu kommt der Kosten- und Ertragsdruck aufgrund der Regulatorik. Folglich werde versucht, die internen und die externen Kosten zu drücken – bei Letzteren trifft es dann in hohem Maße unter anderem die Vermögensverwalter. Man darf wohl unterstellen, dass der Kampf um Marktanteile seitens weniger ertragsorientierter Anbieter eine weitere Erklärung ist.Mit ihrer Politik, nicht um jeden Preis Volumen und Marktanteile zu gewinnen, und der Absage an die “Geiz ist geil”-Mentalität sieht sich die Helaba Invest unter den größeren Adressen der Assetmanagement-Branche durchaus als Pionier. Und der Verzicht auf einzelne, wenn auch große Mandate heißt keineswegs, dass die Gesellschaft kein Neugeschäft mehr macht. Vielmehr habe man praktisch im Gegenzug ein neues Mandat eines Dax-Konzerns mit auskömmlicher Marge gewonnen. Und natürlich werde die Helaba Invest Master-KVG bleiben und bei jedem Pitch mitmachen – in der Hoffnung, dass mehr und mehr Kunden erkennen, dass der Preis nicht alles ist. Vom erwarteten Gesamtvolumen von 125 Mrd. Euro entfielen immer noch mehr als 100 Mrd. Euro auf das Masterfondsgeschäft. Gewinn auf hohem NiveauAuf die Ertragslage der hochprofitabel arbeitenden Helaba Invest, die zurzeit 302 Leute beschäftigt, soll sich der deutliche Abbau des Gesamtvolumens kaum auswirken. In der Planung steht für 2017 ein Gewinnausweis von 24 Mill. Euro, nachdem in den beiden Vorjahren jeweils 25 Mill. Euro gezeigt und an die Mutter abgeführt wurden. Die Cost-Income-Ratio würde demnach leicht auf 69 % von zuletzt 67 % steigen.Mit den im eigenen Assetmanagement verwalteten Vermögen bleibt die Helaba Invest derweil auf Wachstumskurs (vgl. Grafik). Hier wird für das Gesamtjahr jetzt ein Anstieg um 4 Mrd. auf 53 Mrd. Euro angestrebt, Ende Juli waren es rund 52 Mrd. Euro. Mit dem erreichten Zuwachs – weit überwiegend Neugeschäft, zum kleineren Teil Performance – wurde die ursprüngliche Planung schon um die Hälfte übertroffen. Rückenwind von MärktenBeigetragen zu der “sehr erfolgreichen nachhaltigen Wachstumsstrategie”, so Lingner, haben nicht zuletzt die von ihm verantworteten Alternative Investments (Immobilien, Private Equity, Infrastruktur et cetera). Vor fünf Jahren und damals wohl eher als Spätberufener ist der Full-Service-Anbieter mit einem Mandat der SV SparkasssenVersicherung von gut 1 Mrd. Euro in diesen Bereich eingestiegen. Heute belaufen sich die Kapitalzusagen auf 10,5 Mrd. Euro, das allozierte Kapital (Verträge mit Anbietern) auf 9,2 Mrd. Euro und das für Kunden bereits investierte Kapital auf 6,7 Mrd. Euro.Von den Märkten gab es erfreulichen Rückenwind – Stichworte “Niedrigzinsumfeld” und “Jagd nach Rendite”. In zwei bis drei Jahren will Lingner über ein noch deutlich höheres Volumen verfügen: “Wir haben uns sehr viel vorgenommen.” Trautmann glaubt, dass die Helaba Invest, die sich am Markt als “erster deutscher Multimanager” (Verbindung von Consulting und Dachfondsmanagement) positioniert hat, in dem Bereich schon jetzt zu den führenden Adressen gehöre. Ein Team von 23 Mitarbeitern – “Wir stellen in jedem Quartal neue ein”, sagt Lingner – betreut aktuell mehr als 80 institutionelle Kunden.Derzeit hat die Investmentgesellschaft im Bereich illiquide Anlagen vier große Beratungsmandate, 30 nach Kundenwünschen etwa hinsichtlich Assetklassen oder Regionen maßgeschneiderte Ein-Anleger-Dachfonds sowie fünf Mehranleger-Dachfonds, bei denen sich mehrere Kunden in einem Fonds zu einem bestimmten Thema treffen. Infrastruktur-DachfondsMomentan sind Lingner zufolge zudem zwei praktisch voll investierte Multimanagerfonds mit 250 Mill. Euro beziehungsweise 300 Mill. Euro am Markt. Für das vierte Quartal ist ein Folgeprodukt mit einer Größenordnung von 500 Mill. Euro geplant. Ebenfalls noch in diesem Jahr will die Helaba Invest einen Infrastruktur-Dachfonds nach dem Multimanager-Konzept “auf die Rampe schieben”. Der Investitionsfokus soll auf bestehenden, schwerpunktmäßig europäischen Anlagen mit stabilen, inflationsgeschützten Ausschüttungen von mindestens 3 % pro Jahr liegen, investiert wird in zehn bis zwölf Zielfonds.Gerne würde die Gesellschaft bei der Asset-Allokation mehr auf deutsche Infrastruktur setzen, aber die Bundesregierung räume leider wenig Möglichkeiten dafür ein. Auch das 2014 vom damaligen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eingesetzte Expertengremium (“Fratzscher-Kommission”) habe keinen Durchbruch für mehr private Infrastruktur-Investitionen gebracht. In anderen Märkten sei diese Assetklasse weitaus stärker verbreitet und sehr erfolgreich etabliert. Zweiter Secondaries-FondsAuch noch 2017 soll ein zweiter Immobilien-Secondaries-Fonds platziert werden, nachdem das erste, 2015 aufgelegte Zweitmarkt-Produkt mit einem Zielvolumen von 150 Mill. Euro aus Kundensicht “hochattraktiv läuft”. Der große Vorteil von Secondaries gerade in der heutigen Zeit sei, dass man sofort voll investiert ist, während neue Immobilieninvestments ab Kapitalzusage bei seriösem Vorgehen durchaus zwei bis vier Jahre brauchen könnten. Am Angebot mangele es nicht: “Mancher Anleger sagt, ,die Party ist gut gelaufen, ich möchte jetzt aber raus`. Wenn wir glauben, dass das Investment sich nachhaltig weiter positiv entwickeln wird, steigen wir ein”, so Lingner. Nicht selten seien auch, etwa aufgrund international unterschiedlicher Bewertungslogiken, Reserven in einem Portfolio versteckt, die sich für den Fonds heben ließen.Die Helaba Invest leidet erkennbar ein wenig darunter, dass sie von der Außenwelt kaum als Aktienhaus wahrgenommen wird, obwohl sie beispielsweise mit dem “HI-DividendenPlus” über ein in der Tat überzeugendes Produkt verfügt, das fünf Morningstar-Sterne und einen Track Record von 14 Jahren aufweist und vor allem mit einer deutlichen Outperformance gegenüber dem Marktportfolio glänzt: gut 151 % im Vergleich zu rund 118 % beim Euro Stoxx im Zeitraum Ende 2003 bis Ende Juli 2017. Trotzdem kommt der wie sämtliche Produkte des Hauses nicht an Retailkunden vertriebene Fonds nur auf ein Volumen von rund 1 Mrd. Euro. Unter Wert gehandeltEine Assetklasse, die die Helaba Invest in jüngster Zeit intensiver bearbeitet, ist Emerging Markets, wie der für die Produktentwicklung und das gesamte Wertpapier-Assetmanagement verantwortliche Geschäftsführer Templin berichtet. Beim Management von Renten aus Schwellenmärkten hat die Gesellschaft eine Historie seit 2006. Das Team sei zuletzt durch Zugänge von prominenten Adressen hochkarätig verstärkt worden.Auch hier wird die nachgewiesene Expertise der Gesellschaft womöglich etwas unter Wert gehandelt, denn der “HI-Renten Emerging Markets” zeigt ebenfalls eine nachhaltige Outperformance. Templin: “Jedes Jahr vor der Benchmark zu liegen, kann nicht jeder von sich behaupten.” Als neue Idee ist für Dezember dieses Jahres der “HI-EM Credits Quality Select” in Vorbereitung, der breit diversifiziert in Staats- und Unternehmensanleihen im Investment Grade aus Emerging Markets investieren soll. Lokalwährungsrisiken will Templin dabei nicht eingehen. Mehr als ein SparkassenhausImmer mehr an Bedeutung gewinne für die Helaba Invest die betriebliche Altersvorsorge – ein Thema, bei dem sie Hand in Hand mit der Muttergesellschaft Helaba agiere, so die Geschäftsführer. Das hohe Gewicht der Altersvorsorge kommt auch in der Kundenstruktur zum Ausdruck: Gemessen am Volumen der verwalteten Spezialfonds entfallen zusammen mehr als 60 % auf Versicherungen und den Bereich “Institutionalisierte Altersvorsorge”. Ein reines “Sparkassenhaus” wie in der Anfangszeit nach ihrer Gründung vor 26 Jahren ist die Gesellschaft also längst nicht mehr. Gleichwohl arbeitet sie bundesweit mit rund 200 Sparkassen in unterschiedlichem Ausmaß zusammen. Nur ist der Anteil der anderen Anlegergruppen in ihrem Kundenkreis im Lauf der Zeit wesentlich stärker gewachsen.Nach seiner Markteinschätzung gefragt, sagt Trautmann, eine Versteilerung der Zinskurve, die allen Banken helfen würde, sei zurzeit sein wahrscheinlichstes Szenario. Einen Anstieg der zehnjährigen Bundrendite auf 1,25 % bis Ende 2018 schließt er vor dem Hintergrund der weiterhin sehr robusten Konjunktur nicht aus. Er rechnet mit einem sukzessiven Ausstieg aus der “extrem offensiven Ausrichtung” der Geldpolitik der EZB und erwartet im nächsten Jahr auch eine verstärkte Diskussion über den negativen Einlagenzins von 0,4 %. Die Inflation werde “weit weg von 2 % bleiben”.