IM BLICKFELD

Für die Nord/LB wird es schwer

Von Carsten Steevens, Hamburg Börsen-Zeitung, 18.1.2020 Ein Jahr nach der Entscheidung der Altträger und der Sparkassen-Finanzgruppe, eine Kapitalstärkung von rund 3,6 Mrd. Euro sowie eine Schrumpfung und Neuausrichtung der mit der langen...

Für die Nord/LB wird es schwer

Von Carsten Steevens, HamburgEin Jahr nach der Entscheidung der Altträger und der Sparkassen-Finanzgruppe, eine Kapitalstärkung von rund 3,6 Mrd. Euro sowie eine Schrumpfung und Neuausrichtung der mit der langen Schifffahrtskrise in Schieflage geratenen Nord/LB anzugehen, ist die weitere Existenz der viertgrößten deutschen Landesbank vorerst gesichert. Die EU-Kommission befand kurz vor Weihnachten, dass der Kapitalisierungsplan für die Nord/LB europäischem Wettbewerbsrecht entspreche und keine unzulässige Beihilfe enthalte. Mit ihren Einschätzungen, die im Januar 2019 noch im Raum stehenden Optionen einer Institutsabwicklung und eines Verkaufs an Finanzinvestoren nicht weiterverfolgen zu müssen, lagen die bisherigen und neuen Eigentümer also richtig.Die Kapitalmaßnahmen, mit denen die Nord/LB auf die angestrebte Kernkapitalquote von mindestens 14 % kommt und regulatorische Anforderungen wieder erfüllt, wurden inzwischen umgesetzt. Die Landesbank und ihre Träger können sich auch bereits über eine Anhebung der Bonitätsnote durch Moody’s um zwei Stufen freuen, womit sich – wie man bei der Nord/LB hervorhebt – alle wichtigen Ratings der Bank wieder im Investment-Grade-Bereich befinden. Damit sinken tendenziell die Refinanzierungskosten, was die Wettbewerbsfähigkeit im Kreditgeschäft stärkt und zudem den seit 2017 forcierten Kurs der Kostenreduzierung unterstützt. Die defizitäre Landesbank soll von 2021 an wieder Jahresüberschüsse erwirtschaften und nach einem vollständigen Rückzug aus der Schiffsfinanzierung, einer Reduzierung von Risiken und Arbeitsplätzen 2024 auf eine Eigenkapitalrendite von 8 % kommen. Zweifel … Ob die Nord/LB in fünf Jahren eine solche Rendite zeigen wird, auf die nach Jahren guter Konjunktur und geringer Kreditwertberichtigungen derzeit kaum ein Kreditinstitut in Deutschland kommt, steht in den Sternen. Das mit nun 53 % weiterhin mehrheitlich beteiligte Land Niedersachsen geht in der Überzeugung, dass sich sein Rekapitalisierungsbeitrag von 2,3 Mrd. Euro auszahlen wird, davon aus, ein Konzept für eine wirtschaftlich starke und gesunde Bank entwickelt zu haben. Diese Einschätzung erscheint gewagt – nicht nur wegen des intensiven Wettbewerbs in der deutschen Bankenlandschaft und konjunktureller Risiken. In den vergangenen 15 Jahren erwiesen sich Einschätzungen im Zusammenhang mit Kapitalmaßnahmen bei der Nord/LB wiederholt als zu optimistisch. Befürchtungen, Aussichten würden abermals zu rosig dargestellt, sind kaum erstaunlich.Es kann nicht verwundern, wenn Land und Sparkassen nicht auf einer Linie liegen. Das Interesse am Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze auf der einen Seite konvergiert mit dem Bestreben auf der anderen, die Bank so schlank wie möglich aufzustellen.Nicht zuletzt bei den Instituten in Niedersachsen, deren vom Regionalverband in Hannover gehaltene Nord/LB-Beteiligung sich nach einer Komplettabschreibung nun im Zuge des Rekapitalisierungsbeitrags von gut 26 % auf knapp 10 % verringert hat, würde man der Landesbank keine Träne nachweinen. Schließlich hatte der Verband seinen Mitgliedern schon 2005 nach einem Beitrag von knapp 1 Mrd. Euro an einer Kapitalmaßnahme zugesichert, künftig würden keine neuen Gelder mehr in die Nord/LB gesteckt. Eigene Vorstellungen einer Redimensionierung und Risikolimitierung bei der Landesbank konnten die Sparkassen gegen die Interessen des Mehrheitsträgers in den vergangenen Jahren offenbar nicht hinreichend durchsetzen. Nun bestehen Zweifel, ob sich daran in Anbetracht der neuen Kräfteverhältnisse etwas ändern wird.Mit dem Einstehen für eine Landesbank in Schieflage hat die Sparkassengruppe gezeigt, bei allen regionalen Eigeninteressen zu solchen Entscheidungen imstande zu sein. Auf dem Prüfstand standen das sogenannte Verbundprivileg und damit einhergehende regulatorische Vorteile: Hätten sich Sparkassen und Landesbanken, die formal ein Verbund unabhängiger Unternehmen sind, aufsichtsrechtlich aber wie ein Konzern behandelt werden, nicht verständigt, wäre die Gruppe mit ihrem Versprechen der gegenseitigen Unterstützung unglaubwürdig geworden. Neben dem Verlust von Eigenkapitalerleichterungen hätte ein hoher Reputationsschaden gedroht.Das hat die Finanzgruppe vermeiden können. Um zu verhindern, dass sich bei der Redimensionierung und Risikobegrenzung der Nord/LB Probleme auftun, sollen nun Erfahrungen mit dem Erbe der Mitte 2012 zerschlagenen WestLB zum Einsatz kommen. Für die neu beteiligten Fides-Gesellschaften des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), der im Rahmen der Institutssicherung an der Kapitalstärkung der Nord/LB teilnahm, ist der bis 2019 amtierende Vorstandssprecher der WestLB-Bad-Bank EAA (Erste Abwicklungsanstalt), Matthias Wargers, bereits in das Kontrollgremium gerückt. Im weiteren Jahresverlauf soll auch Herbert Hans Grüntker in den Aufsichtsrat kommen, sobald er Ende Mai den Posten als Helaba-Vorstandschef abgegeben hat. … und SpekulationenDie Landesbank Hessen-Thüringen übernahm 2012 das WestLB-Verbundgeschäft. 2018 stand eine Verbindung von Helaba und Nord/LB im Raum. Aus der wurde nichts. Dennoch: Der Einzug des in der Sparkassen-Finanzgruppe bestens vernetzten Grüntker in den Nord/LB-Aufsichtsrat könnte auch die Debatte über die Beteiligung der Nord/LB an einer auf Sparkassenebene geforderten Konsolidierung der Landesbankenlandschaft neu beleben. Die Frage nach der Funktionsfähigkeit von Geschäftsmodellen stellt sich nicht nur in Hannover.