IM GESPRÄCH: ANDREAS LORENZ, VOLKSBANK KARLSRUHE

"Fusionen sind ein schwieriges Thema"

Vorstandschef fürchtet Verlust von Marktanteilen - Institut im laufenden Jahr "etwas unter Plan"

"Fusionen sind ein schwieriges Thema"

Von Isabel Gomez, KarlsruheDem genossenschaftlichen IT-Dienstleister Fiducia GAD liegen für 2016 mehr als 50 Voranmeldungen für Fusionen unter Genossenschaftsbanken vor. Roman Glaser, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbandes, rechnet damit, dass etwa zehn Fusionen im Ländle stattfinden werden. Die Volksbank Karlsruhe wird ihrem Vorstandsvorsitzenden Andreas Lorenz zufolge nicht unter den Fusionierenden sein. Und aus Lorenz’ Sicht ist das bedauerlich.Während die Volksbank Stuttgart in den vergangenen beiden Jahren mit den kleineren benachbarten Volksbanken aus Korb, Kernen und Weinstadt fusionierte und so ihre Bilanzsumme auf 5,4 Mrd. Euro steigerte, will kein Institut unter das Dach der Karlsruher schlüpfen.”Fusionen sind ein schwieriges Thema”, so Lorenz. “Wir haben erkannt, dass unsere Einschätzung der Sinnhaftigkeit von größeren Einheiten nicht von allen genossenschaftlichen Akteuren im Stadt- und Landkreis geteilt wird”, sagt er weiter. Seine Aufführung der Vorteile deckt sich mit der seines Stuttgarter Amtskollegen Hans Zeisl. Die Regulatorik sei teuer und binde Kapazitäten, so dass der Markt von einigen Häusern kaum mehr optimal bearbeitet werden könne. “Meine große Befürchtung ist, dass die genossenschaftliche Finanzgruppe Marktanteile verliert, weil andere ihre Kräfte längst konzentriert haben, die Regulatorik schlanker abarbeiten und somit Kapazitäten für die Marktbearbeitung ausweiten können”, so Lorenz. “Kirchturmdenken” bremstDass vor diesem Hintergrund betriebswirtschaftliche Gründe gegen eine Fusion sprechen könnten, schließt Lorenz aus. “Es sind überwiegend persönliche Aspekte und ein gewisses ,Kirchturmdenken` “, glaubt er. Der Kostendruck auf die kleineren Banken werde weiter zunehmen. “Dennoch scheint es für mich derzeit wahrscheinlicher, dass sich zwei oder drei große Volksbanken überregional zusammenschließen, bevor sich kleinere Institute hier im Umkreis für eine Fusion entscheiden”, so Lorenz. Im direkten Umfeld der Karlsruher befinden sich drei Genossenschaftsbanken mit Bilanzsummen zwischen 230 und 820 Mill. Euro. Die Volksbank Karlsruhe ist 2,5 Mrd. Euro schwer. Jahresziele sind erreichbarDie Zukunftsfähigkeit des genossenschaftlichen Bankmodells ist auch in den regionalen und überregionalen Verbänden ein Thema. Aktiv auf Fusionen einzuwirken, sei allerdings nicht deren Aufgabe. “Wir schauen jetzt nur auf uns und wollen dafür sorgen, dass die Volksbank Karlsruhe als Braut hübsch bleibt und wir weiterhin ordentliche Erträge erwirtschaften sowie unsere Kostenstrukturen im Griff haben”, so Lorenz. Im laufenden ersten Halbjahr liegt die Bank operativ “etwas unter Plan”. Im ersten Quartal sei das Kreditgeschäft schwach angelaufen, da Kunden zu Jahresbeginn traditionell Sondertilgungen durchführten. “Das hat sich aber beruhigt, und wir liegen derzeit im Kreditgeschäft etwa 2 % über dem Vorjahr”, so Lorenz. Das Ziel, im Gesamtjahr ein Plus von 4 % zu erreichen, könne die Bank sogar “leicht übertreffen”, glaubt er. Das Teilbetriebsergebnis soll Ende 2016 rund 600 000 Euro über den 17,9 Mill. Euro aus dem Vorjahr liegen. Allerdings will die Bank daraus, “wenn es sinnvoll ist, wieder etwas aus dem operativen Ergebnis in zinsstützende Maßnahmen für die Zukunft investieren”, so Lorenz. Die Kosten will er auch durch weitere Filialschließungen erreichen. Für das laufende Jahr ist noch eine Fusion zweier Standorte geplant.Vorantreiben will Lorenz auch die Digitalisierung seiner Bank und dabei zunächst die eigenen Kollegen sensibilisieren. “Jedem Mitarbeiter muss klar sein, dass der Weg zur Bank oder zum Berater künftig viel stärker über das Smartphone oder das Tablet führt als über die Filiale”, sagt er. Die Bank müsse den Durchdringungsgrad ihrer mobilen Angebote deutlich erhöhen und “vor allem das Alterssegment zwischen 17 und 30 für unsere Lösungen gewinnen”. Angebote wie die Kontoeröffnung per Video-Chat seien “ein absolutes Muss, wenn man den Wettbewerb etwa mit den Direktbanken künftig auf Augenhöhe austragen möchte”.