Quartalszahlen

Gegenwind für Chinas Großbanken

Einige der größten chinesischen Banken haben Quartalszahlen vorgelegt. Nach einem sehr kräftigen Schub im vergangenen Jahr hat sich der Ertragstrend wieder abflacht.

Gegenwind für Chinas Großbanken

nh Schanghai

Die Riege der staatlich kontrollierten chinesischen Großbanken hat im Zuge einer insgesamt angeregten Kreditnachfrage bei stabilen Zinsmargen und gemäßigten Kreditausfällen solide Gewinnfortschritte für das erste Geschäftsquartal 2022 verbuchen können. Allerdings rechnen die Experten damit, dass die gegenwärtig schwierige Konjunktursituation und die besorgniserregende Verschlechterung der Bonitäts- und Liquiditätslage bei kleinen und mittleren Unternehmen im weiteren Verlauf des Jahres zu wachsenden Herausforderungen führen werden, die der Ergebnisqualität der chinesischen Bankenriesen zusetzen dürften.

Die am Freitag verbreiteten Ergebnisse der sechs größten Banken des Landes haben bei soliden einstelligen Gewinnfortschritten zwar keine negativen Überraschungen gebracht, zeigen aber bereits, dass sich nach den sehr kräftigen Gewinnfortschritten im vergangenen Jahr der Ertragstrend wieder abflacht. Bestes Beispiel ist Chinas Marktführer Industrial and Commercial Bank of China (ICBC), der für das erste Quartal einen Anstieg beim Gewinn nach Steuern von 5,7% auf 90,6 Mrd. Yuan (gut 12,9 Mrd. Euro) ausweist, im Geschäftsjahr 2021 aber auf eine Gewinnsteigerung von 10,3% gekommen war. Dabei zeigte sich die Non-Performing-Loan-Ratio, also der Anteil der notleidenden Kredite am gesamten Darlehensvolumen, mit 1,42% stabil.

Auch bei den wichtigsten Konkurrenten der ICBC entsprach die Ergebnislage den Erwartungen der Analysten. Der Gewinn der China Construction Bank kletterte nach Steuern um 6,8% auf 88,7 Mrd. Yuan und reicht damit bereits sehr nahe an die Gewinnsumme von ICBC heran. Die Nummer 3 des Landes, Agricultural Bank of China, kam auf einen Anstieg des Gewinns von 7,4% auf 70,8 Mrd. Yuan, während Bank of China etwas moderater um 7% auf 57,8 Mrd. Yuan zulegte. Besonders erfolgreich schnitt das auf Retaildienste fokussierte und zunehmend auf Vermögensverwaltungsdienste für Massenkunden abstellende Postbankinstitut Postal Savings Bank of China ab. Hier sah man den Gewinn nach Steuern im ersten Quartal um 17,8% auf 25 Mrd. Yuan in die Höhe schnellen.

Bereits für das laufende zweite Quartal rechnen Analysten mit mehr Gegenwind an der Ertragsfront, weil Chinas Nulltoleranzpolitik zu Corona mit harten Lockdowns und weitreichenden Mobilitätsrestriktionen schwerwiegende Verwerfungen mit sich bringt, die den Dienstleistungssektor und den Konsum lähmen und vor allem kleinere private Unternehmen in Bedrängnis bringen. Dabei zeichnet sich ab, dass chinesische Großbanken wie schon bei der ersten Pandemiewelle im Jahr 2020 zu „Solidarleistungen“ verpflichtet werden, um auch bonitätsschwächere Unternehmen mit vergünstigten Darlehen flüssig zu halten.