Abgeordnete prüfen sichere Rechtsgrundlage

Gesetzgeber nimmt Speicherdauer bei Schufa ins Visier

Wenn Daten von Schuldnern mit schleppender Zahlungsmoral nicht mehr gespeichert werden dürfen, steigen die Kreditkosten. Ein Verfahren gegen die Schufa ist beim Bundesgerichtshof anhängig. Der Bundestag erwägt Abhilfe und will die Rechtsunsicherheit zur Speicherfrist auf solide gesetzliche Füße stellen.

Gesetzgeber nimmt Speicherdauer bei Schufa ins Visier

Gesetzgeber nimmt Speicherdauer bei Schufa ins Visier

Abgeordnete prüfen sichere Rechtsgrundlage für Aufbewahrungsfrist von Daten bei schleppender Zahlungsmoral – Druck auf Kosten für alle Kreditnehmer

Wenn Daten von Schuldnern mit schleppender Zahlungsmoral nicht mehr gespeichert werden dürfen, steigen die Kreditkosten. Ein Verfahren gegen die Schufa ist beim Bundesgerichtshof anhängig. Der Bundestag erwägt Abhilfe und will die Rechtsunsicherheit zur Speicherfrist auf solide gesetzliche Füße stellen.

wf Berlin

Der Disput über die erlaubte Speicherfrist von Daten zu Kreditkunden mit „erledigten Zahlungsstörungen“ könnte auf eine Lösung durch den Gesetzgeber hinauslaufen. Im Bundestag gibt es Überlegungen, im Zuge der Umsetzung der EU-Verbraucherkreditrichtlinie in deutsches Recht eine klarstellende Regelung zu den Speicherfristen bei Auskunfteien zu ergänzen. Dies erfuhr die Börsen-Zeitung aus Parlamentskreisen.

Damit wären der Wirtschaftsauskunftei Schufa, der Kreditwirtschaft und der großen Gruppe der Kreditnehmer geholfen, die ihren Verpflichtungen pünktlich nachkommen. Die Auskunftei muss sich vor dem Bundesgerichtshof derzeit gegen eine Schadenersatzklage verantworten. Es geht um die erlaubte Speicherdauer für Daten aus sogenannten erledigten Zahlungsstörungen. Sie treten bei Kreditkunden auf, die ihren Verpflichtungen nachgekommen sind, aber schleppend gezahlt haben. Die Schufa speichert die Daten für drei Jahre. Betroffen sind 564.000 Menschen.

Die Kläger dringen auf sofortige Löschung und fordern Schadenersatz. Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln hatten sie Recht bekommen. Das Gericht hatte die Speicherung als nicht konform mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) angesehen. Es wich damit von der langjährigen Rechtsprechung ab. Die Schufa ging in Revision. Der BGH urteilt im Dezember in nächster Instanz im Berufungsverfahren.

Deutlich höheres Ausfallrisiko

„Informationen über Zahlungsstörungen, auch wenn sie erledigt sind, haben für die Bewertung der Kreditwürdigkeit eine erhebliche Relevanz“, sagte eine Sprecherin der Schufa der Börsen-Zeitung. „Denn die Statistik zeigt: Menschen haben auch nach dem Begleichen offener und längst fälliger Schulden ein statistisch mindestens zehnfach höheres Risiko, erneut in Zahlungsschwierigkeiten zu geraten, verglichen mit Menschen, die ihren Zahlungsverpflichtungen vertragsgemäß nachkommen.“

Im Kreditscoring wird die Ausfallwahrscheinlichkeit der säumigen Zahler bislang berücksichtigt. Stünden diese Daten Banken und anderen Unternehmen zum Prüfen der Bonität nicht mehr zur Verfügung, dann hätte dies weniger Kredite und höhere Zinsen zur Folge“, erklärte die Sprecherin. „Zudem würde der gesetzlich geforderte Schutz der Verbraucher vor Überschuldung leiden.“

Mit der dreijährigen Speicherfrist ist Deutschland kein Einzelfall und bewegt sich in guter Gesellschaft. In Europa speichern nach Angaben der Schufa 58% der Auskunfteien die Daten für „erledigte Zahlungsstörungen“ für drei Jahre und länger. In den Niederlanden gelten fünf Jahre, in Österreich gilt dieselbe Frist bezogen auf Banken. Die bis Mai 2018 in Deutschland im Bundesdatenschutzgesetz verankerte Frist von drei Jahren ging mit der Einführung der europäischen Datenschutzgrundverordnung verloren.

Bei der Speicherdauer ist Deutschland im Mittelfeld
ben/iGrafik.de

„Die Speicherfristen sind seit 2018 in dem gemäß Art. 40 DSGVO erstellten und durch einen behördlichen Verwaltungsakt, durch die Datenschutzaufsichtsbehörde genehmigten Code of Conduct Prüf- und Speicherfristen geregelt“, erläuterte die Schufa-Sprecherin. Unterschrieben hat der hessische Landesdatenschutzbeauftragte. „Sämtliche Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder haben dem Regelwerk zugestimmt“, betonte die Sprecherin. "Die Speicherfristen gelten für alle Auskunfteien in Deutschland.“

Im Mai 2024 wurde der Code angepasst: Einmalige Zahlungsstörungen, die innerhalb von 100 Tagen erledigt werden, löscht die Schufa schon nach 18 Monaten. Abgestimmt ist der Code of Conduct mit den kreditwirtschaftlichen Verbänden, Verbraucherschützern und dem Bundesverband der Verbraucherzentralen sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungen.

Im Interesse der Kreditwirtschaft

Auch die deutsche Kreditwirtschaft hat Interesse, schwarze Schafe weiterhin zu identifizieren. Sie wurde von der Unionsfraktion in der öffentlichen Anhörung zur EU-Verbraucherkreditrichtlinie im Bundestag dazu befragt. Für einen Lösungsweg gibt es demnach eine Blaupause. Die Ampel hatte eine Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes vorbereitet, konnte sie aber nicht mehr zu Ende bringen. Die Reform könnte leicht wieder aufgegriffen werden. Vorgesehen war, die Speicherfristen auf rechtssichere Füße zu stellen. Alternativ zur Gesetzesänderung könnte der Code of Conduct rechtlich aufgewertet werden. Dies wäre nicht so verbindlich wie eine Gesetzesänderung, sollte aber verlässlicher als der aktuelle Zustand sein.

Das Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der EU-Verbraucherkreditrichtlinie steht unter Zeitdruck. Die Umsetzungsfrist aus Brüssel ist am 20. November abgelaufen. Viele Fragen zum Gesetzentwurf sind noch offen und von den Abgeordneten zu klären. Womöglich könnte sich der Prozess deshalb bis ins neue Jahr verzögern. Bis dahin dürfte auch der BGH mehr Klarheit geschaffen haben.