Goldman Sachs punktet mit Gewinnsprung

Fokus auf Handelsgeschäft zahlt sich für die Investmentbank aus - Universalbanken verzeichnen rückläufige Zinserträge

Goldman Sachs punktet mit Gewinnsprung

Eigentlich will die Investmentbank Goldman Sachs Universalbank werden. Dass sie dabei nicht recht vom Fleck kommt, hat sich im dritten Quartal ausgezahlt. Während die Bank of America und Wells Fargo unter rückläufigen Erträgen litten, konnte Goldman seinen Gewinn fast verdoppeln. Von Anna Sleegers, FrankfurtDie US-Bank Goldman Sachs hat den Markt mit einem Gewinnsprung erfreut. Die New Yorker Investmentbank, deren Chef David Solomon seit geraumer Zeit ehrgeizige Ziele für eine Verbreiterung des Geschäftsmodells in Richtung Universalbank verfolgt, wies im abgelaufenen Quartal einen Gewinn von 3,6 Mrd. Dollar aus. Das entspricht im Vergleich zum Vorquartal einem Anstieg um 92 %. Die Erträge stiegen derweil um knapp 30 % auf 10,8 Mrd. Dollar.Ironischerweise scheint sich für Goldman Sachs auszuzahlen, dass der angestrebte Vorstoß ins Privatkundengeschäft eher schleppend vorankommt. Die Bank verzeichnete den Angaben zufolge wie viele Wettbewerber die stärksten Zuwächse im Handel mit festverzinslichen Wertpapieren, Rohstoffen und Anleihen. Während dieses Geschäft für die Universalbanken J.P. Morgan Chase oder Bank of America nur eine von vielen Ertragsquellen ist, entfallen bei Goldman Sachs noch immer 23 % der Einnahmen auf dieses Geschäftsfeld. Anders als die stärker im Privatkundengeschäft engagierten Institute litt Goldman Sachs nur bedingt unter dem Nullzins, der seit der Fed-Entscheidung im März in den USA herrscht (siehe Tabelle).Daneben wirkte sich auch die deutlich zurückgefahrene Risikovorsorge positiv auf das Ergebnis von Goldman Sachs aus. Wie das Institut mitteilte, stellte es 278 Mill. Dollar für drohende Kreditausfälle zurück. Das sind 84 % weniger als im Vorquartal und immerhin 4 % weniger als im Vorjahreszeitraum, in dem die Furcht vor einer globalen Pandemie bestenfalls Inhalt theoretischer Planspiele war. Mit der deutlich rückläufigen Risikovorsorge steht Goldman Sachs allerdings nicht alleine da (siehe Grafik).Wie aus den in dieser Woche veröffentlichten Geschäftsberichten der großen US-Banken hervorgeht, hat die Kreditrisikovorsorge der großen US-Banken im Jahr der Pandemie vorläufig ihren Höhepunkt überschritten. Hatten J.P. Morgan Chase, Bank of America, Wells Fargo, Citigroup und Goldman Sachs im zweiten Quartal in der Summe noch 23,4 Mrd. Dollar für faule Kredite zurückgestellt, summierten sich die Kreditvorsorgen im dritten Quartal gerade einmal auf 7,9 Mrd. Dollar. Ein möglicher Grund dafür ist, dass sich die volkswirtschaftlichen Prognosen, insbesondere für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) seither nicht nennenswert verschlechtert haben.Rückschlüsse auf die in den kommenden Wochen erwarteten Zahlen der europäischen Banken zu ziehen, wäre gleichwohl verfrüht. Zwar dürften sich die Prognosen insbesondere für Deutschland dank der umfangreichen staatlichen Hilfsmaßnahmen tendenziell sogar etwas freundlicher darstellen als im Frühsommer. Doch die Gepflogenheiten bei der Bildung der Kreditrisikovorsorge unterscheiden sich deutlich zwischen den USA und Europa. Klotzen statt KleckernWährend die Institute hierzulande mit der Kreditvorsorge in der Regel in enger Absprache mit den Wirtschaftsprüfern versuchen, das tatsächlich drohende Ausfallrisiko möglichst exakt abzubilden, neigen die US-Institute dazu, auch für Verluste Vorsorge zu treffen, die sich erst in einem besonders negativen Szenario materialisieren sollten.Das ist nicht nur eine Frage der Bilanzierungskultur, sondern hat -insbesondere bei den stark im Privatkundengeschäft exponierten US-Banken – handfeste Gründe. Mangels Kündigungsschutz und Kurzarbeitergeld wirken sich Wirtschaftskrisen in den USA in der Regel unmittelbar auf den Arbeitsmarkt aus, was gerade im Kreditkartengeschäft immer wieder die Kreditausfälle deutlich hochschnellen lässt. Institute, die in diesem Geschäftsfeld aktiv sind, tun daher gut daran, sich rechtzeitig für den Fall der Fälle abzusichern.An der Börse wurden die Quartalszahlen der US-Banken verhalten aufgenommen. Während das anfänglich starke Kursplus von Goldman im Handelsverlauf abbröckelte, notierten die Papiere von Wells Fargo und Bank of America deutlich im Minus. Bei Wells Fargo waren die Erwartungen der Anleger wegen der anstehenden Aufräumarbeiten nach einer Serie von Vertriebsskandalen nicht hochgesteckt. Die unerwartet niedrige Kreditvorsorge wurde jedoch konterkariert durch einen kräftigen Anstieg der Kosten, den das Institut auf Maßnahmen zur Besänftigung von geschädigten Kunden und Abfindungen für den massiven Stellenabbau zurückführte, mit dem Vorstandschef Charlie Scharf das Traditionsinstitut wieder in die Spur bringen will. Der Handel enttäuschtDie Bank of America enttäuschte dagegen im Handel. Das Geldhaus verzeichnete in diesem Geschäft zwar ein Einnahmenplus von 3,6 % auf 3,3 Mrd. Dollar. Damit blieb die Bank of America jedoch nicht nur hinter den zweistelligen Zuwächsen der Wettbewerber J.P. Morgan Chase und Citigroup zurück, sondern auch hinter den Erwartungen der Analysten, die Bloomberg zufolge mit 3,5 Mrd. Dollar gerechnet hatten.