SGVHT

Grandke zieht zum Abschied Bilanz

Sparkassen-Präsident Gerhard Grandke rechnet für die Sparkassen in Hessen und Thüringen 2021 mit 5 % weniger Gewinn. Der zum Jahresende scheidende SGVHT-Chef vermisst ein klares Zielbild für ein Sparkassen-Zentralinstitut.

Grandke zieht zum Abschied Bilanz

fir Frankfurt

– Der zum Jahresende scheidende geschäftsführende Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen (SGVHT), Gerhard Grandke, wird sich voraussichtlich mit einem Jahresergebnis verabschieden, das leicht unter dem Wert von 2020 liegt. Sinkender Zinsüberschuss und etwas steigende Kosten werden der Prognose zufolge nicht von höheren Provisionserträgen kompensiert und das Betriebsergebnis vor Bewertung um knapp 5% auf gut 850 Mill. Euro schmelzen lassen. „Das wäre durchaus ein ordentliches Ergebnis“, kommentierte es Grandke am Samstag in seinem letzten Pressegespräch zur Vorstellung der Halbjahresergebnisse und Jahresprognose, das mit knapp zweieinhalb Stunden noch länger ausfiel als üblich. Zu Jahresanfang wird Stefan Reuß, Landrat des Werra-Meißner-Kreises, den Verbandsvorsitz übernehmen. Oft genug fährt der vorsichtig kalkulierende Verband am Ende aber ein etwas besseres Ergebnis ein als vorhergesagt.

Auf seine zwölfeinhalb Jahre als Verbandsvorsitzender zurückblickend, sagte der frühere Offenbacher Oberbürgermeister, dass sich seit seinem Amtsantritt im Februar 2009 an den wesentlichen Strukturen im Finanzsystem „nicht furchtbar viel verändert“ habe. „Moral Hazard feiert immer noch fröhliche Urstände. Die Notenbanken haben sich als Feuerlöscher bei der Bekämpfung der Finanzkrise verdient gemacht. Vor lauter Löschschaum haben sie aber irgendwann den Exit aus den Notmaßnahmen aus den Augen verloren.“ Die Entkopplung von Risiko und Haftung sei nach wie vor anzutreffen. Würden die Banken „vom Scheitel bis zur Sohle durchreguliert“, so kämen nun die Einschläge aus nicht oder wenig beaufsichtigten Bereichen des Finanzsektors, wie die Beispiele Archegos Capital, Greensill oder Wirecard zeigten.

Das Bewertungsergebnis der 49 Sparkassen weise keine besonderen Auffälligkeiten auf, sagte Grandke. Die Risikovorsorge im Kreditgeschäft wird den Prognosen zufolge mit 147,5 Mill. Euro höher liegen als im Jahr zuvor (92,4 Mill. Euro), was er aber nicht in erster Linie auf Ausfälle oder Einzelwertberichtigungen zurückführt, sondern auf Pauschalwertberichtigungen. Alles in allem wird das Bewertungsergebnis dem SGVHT zufolge mit 171 Mill. Euro auf Vorjahresniveau liegen. Das Kreditgeschäft legte weiter zu. Die Einlagen wuchsen im gedrosselten Tempo weiter. „Das ändert aber nichts daran, dass das Rückhaltebecken in puncto Einlagen in den Sparkassen weiter vollläuft“, bemerkte Grandke.

Über die Höhe von Rückstellungen, welche die Sparkassen wegen des Bundesgerichtshof-Urteils zu allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gebildet haben, liegen dem Verband nach eigenen Angaben noch keine Zahlen vor. Voraussichtlich Ende des Monats seien neu gefasste AGB verfügbar, hieß es. Wann der Versand an die Kunden dann erfolge, hänge vom einzelnen Institut ab.

In der Diskussion um ein Sparkassen-Zentralinstitut bekräftigte er seine grundsätzliche Unterstützung für das von Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis angestoßene Projekt, vermisst bislang aber ein Zielbild, das unabdingbar sei, um das Vorhaben voranzutreiben. So habe der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) zunächst etwa zu klären, wie ein solches Institut zusammengesetzt und wie groß es sein soll, wie hoch die risikogewichteten Aktiva sind und in welchen Geschäftsfeldern es unterwegs ist. Seit März 2020 pausiert das Projekt wegen der Corona-Pandemie. Kurz zuvor hatten die DekaBank und die Helaba, an welcher der SGVHT zwei Drittel der Anteile hält und deren Verwaltungsratsvorsitzender Grandke ist, Ge­spräche aufgenommen, um eine verstärkte Kooperation bis hin zu einer Fusion auszuloten. Damit könnten Deka und Helaba den Kern eines später um andere Landesbanken zu erweiternden Instituts bilden.

Sollte dabei im Zielbild die Unabhängigkeit von Bundesländern, die an den Landesbanken Helaba, Nord/LB, BayernLB, LBBW und SaarLB in unterschiedlicher Höhe beteiligt sind, gewünscht sein, müsse sich die gesamte Sparkassengruppe finanziell beteiligen, um die Länderanteile zu übernehmen, machte Grandke deutlich. „Wenn man ein Zentralinstitut mit redimensionierter Risikoposition schaffen will, dann muss es einen solidarischen Akt geben. Das muss die gesamte Organisation stemmen. Anders geht es nicht.“ Die Gruppe müsse dann überlegen, wie sie die Gesamtrisiken bei gemeinschaftlicher Haftung verringert und wer welchen Anteil übernehmen könnte. Schleweis hatte in der Vergangenheit wiederholt deutlich gemacht, dass er ein von den Ländern unabhängiges Zentralinstitut präferiert.  

Leitartikel Seite 6

Sparkassen in Hessen und Thüringen
Kennzahlen nach HGB
in Mill. EuroPrognose2021Ergebnisse2020Veränderung ggü. Vorjahr (%)
Zinsüberschuss inkl. Derivate19481994−2,3
Provisionsüberschuss8888474,9
Saldo sonstige Erträge/Aufwendungen2224−4,6
Verwaltungsaufwand200619691,9
  Personalaufwand12291232−0,2
  Sachaufwand7777375,3
Betriebsergebnis vor Bewertung854895−4,7
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