IM INTERVIEW: ERIK MÜLLER

"Große Häuser zeigen Interesse"

Eurex sieht Chancen für Initiative bei Zinsswaps

"Große Häuser zeigen Interesse"

Die Deutsche Börse startet im Bereich des Clearings von Zinsswaps ein neues Partnerschaftsprogramm. Erik Müller, als CEO der Eurex Clearing für das Clearinghaus zuständig, erläutert im Interview den Plan. Gemeinsam mit seinem Kollegen Thomas Book verantwortet Müller das Derivatesegment Eurex der Deutschen Börse.- Herr Müller, welches Ziel verfolgt die Deutsche Börse/Eurex Clearing mit dem Partnerschaftsprogramm?Im Interest-Rate-Swap-Markt wird täglich weltweit ein Volumen größer als das Bruttoinlandsprodukt von Frankreich bewegt. Das Clearing für Interest Rate Swaps erfolgt heute fast ausschließlich in einem einzigen CCP (Central Counter Party) in London. Das nominal ausstehende Geschäftsvolumen in diesem CCP sind rund 250 Bill. Euro. Der Markt braucht eine liquide Alternative. Wir haben zusammen mit Marktteilnehmern nun ein attraktives Angebot entwickelt, das Rechte und Pflichten fair verteilt, mit dem Ziel, einen liquiden Marktplatz für Interest Rate Swap Clearing in der Eurozone zu etablieren. Wir teilen dabei wirtschaftlichen Erfolg und Governance mit unseren Kunden.- Weshalb ist der Markt für Sie so interessant, und wie hoch ist Ihr aktueller Anteil daran?Es handelt sich bei den Zinsswaps mit einem Volumen von 3 Bill. Euro täglich nach dem Devisenmarkt um den zweitgrößten Finanzmarkt weltweit. Nach dem Dollar ist der Euro darin die zweitwichtigste Währung. In London beträgt der Bestand in Euro-Geschäften – das Notional Outstanding – aktuell knapp 80 Bill. Euro. Wir kommen derzeit auf rund 2 Bill. Euro im Vergleich zu 1 Bill. Euro im Vorjahr. Hier wollen wir mit unserem neuen Partnerschaftsprogramm exponentiell wachsen. Wir sehen dafür über die nächsten 12 bis 18 Monate eine gute Chance.- Inwiefern?Viele Marktteilnehmer haben Bauchschmerzen damit, dass ein Anbieter den Markt dominiert. Mit diesen Akteuren haben wir das Programm entwickelt. Besser wäre es, zwei Anbieter zu haben – wie dies auf den meisten Märkten ja auch der Fall ist. Zudem ist es mit Blick auf den Markt für Zinsswaps im Euro so, dass mit Deutschland, den Niederlanden und Italien die größten Schuldner in der Eurozone sind und auf der anderen Seite viele Marktteilnehmer, die langfristiges Exposure suchen, auch zum Beispiel Pensionsfonds und Versicherungsgesellschaften. Das Clearing findet derzeit aber außerhalb der Eurozone statt. Daher haben auch die Regulatoren ein großes Interesse daran, dass das Clearing in der Eurozone erfolgt.- Ihr vorgestellter Ansatz klingt fast so, als mache die Eurex Clearing Kunden zu Aktionären?So kann man das sehen. Ein Aktionär ist am wirtschaftlichen Erfolg beteiligt und hat Mitspracherechte. Genau das sind auch die Fundamente unseres Programms. Allerdings erreichen wir das ohne die Ausgabe von Aktien, denn es ist nicht ganz unproblematisch, Aktien an einem CCP auszugeben. Banken müssen Aktienbeteiligungen mit Eigenkapital unterlegen, und Pensionsfonds haben wieder andere Restriktionen. Kurzum: Wir wollten ein Programm schaffen, das für alle Kundengruppen offen ist und klare Vorteile für den Markt insgesamt bietet.- Warum kommt die Deutsche Börse zum jetzigen Zeitpunkt mit diesem Programm?Unsere Kunden müssen mit erheblichen Unsicherheiten in Bezug auf die politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen umgehen, insbesondere im Clearinggeschäft. Zentralbanken, Regulatoren und Politiker beschäftigen sich mit der Fragestellung, wie die Stabilität der Märkte nach dem Austritt des Vereinten Königreichs aus der EU sichergestellt werden kann. Als Marktbetreiber tragen wir Verantwortung für Finanzmarktstabilität und haben uns dafür entschieden, unseren Kunden eine echte Partnerschaft für Interest Rate Swap Clearing anzubieten.- Welche Marktteilnehmer machen mit, und wann startet das Programm?Wir haben das Programm in sehr enger Zusammenarbeit mit wichtigen Marktteilnehmern entwickelt. Mit Bank of America Merrill Lynch, Citigroup, Commerzbank, Deutsche Bank, J.P. Morgan und Morgan Stanley haben bereits einige der größten Häuser in diesem Markt ihr Interesse angezeigt. Die Nachfrage weiterer Interessenten aus USA, UK und Kontinentaleuropa ist groß. Der Registrierungsprozess für das Programm läuft seit dem 9. Oktober 2017. Eine frühzeitige Registrierung bis zum 20. November 2017 bietet Kunden zusätzliche Vorteile.- Wie hoch ist die Chance auf einen Erfolg des Programms?Der Erfolg wird davon abhängen, wie stark sich die Marktteilnehmer in dem Programm engagieren und darin nicht nur eine Versicherung gegen politische und regulatorische Entwicklungen sehen. Ich bin aber sehr zuversichtlich, denn diese Initiative nutzt den Kunden und stärkt den gesamten Finanzmarkt. Sie schafft Wahlmöglichkeiten und Wettbewerb, erhöht Preistransparenz und reduziert Konzentrationsrisiken.- Was sagen die Aktionäre der Deutschen Börse? Die Deutsche Börse hat in der Vergangenheit den Erfolg ja nicht unbedingt mit den Kunden geteilt.Das Programm ist vollständig konsistent mit den strategischen Zielen der Deutschen Börse: mehr Wachstum und Kundenorientierung. An den finanziellen Mittelfristzielen für Interest Rate Swap Clearing ändert sich nichts – 50 bis 70 Mill. Euro Umsatz für die Eurex in 2019. Das Programm sollte jedoch die Wahrscheinlichkeit zur Erreichung dieser Ziele erhöhen.- Welche Bedeutung hat das Clearinghaus Eurex Clearing für die Deutsche Börse?Im Derivatesegment verfügt die Deutsche Börse mit Eurex Deutschland über einen internationalen Marktplatz und mit Eurex Clearing über eines der führenden Clearinghäuser weltweit. Spätestens seit der Finanzkrise ist die Bedeutung der CCP und ihr Beitrag zur Finanzmarktstabilität auch in der breiteren Öffentlichkeit bekannt.- Was bedeutet das Programm für den Finanzplatz und den Standort?Unser Finanzplatz ist im Vergleich mit Chicago, New York, London oder Hongkong mit Sicherheit heute eher klein. Aber wir haben eine sehr gute Infrastruktur und verfügen mit der Deutschen Börse auch über einen höchst leistungsfähigen Marktbetreiber. Gerade im Bereich Derivatehandel, Clearing, Risiko- und Sicherheitenmanagement sind wir Weltklasse. Unsere Kompetenzen hier ergänzen sich auch sehr gut mit denen der BaFin, Bundesbank und EZB. Mit mutigen Schritten und Weltoffenheit können wir gemeinsam mit allen Akteuren am Finanzplatz sehr viel erreichen.—-Die Fragen stellte Dieter Kuckelkorn.