Kreditwirtschaft

Hamburger Volksbank plant weiter ohne Fusion

Nach einem 2020 gescheiterten Anlauf für einen Zusammenschluss mit der Volksbank Lübeck plant die Hamburger Volksbank weiter ohne Fusion. Man könne in der prosperierenden Region Hamburg wachsen und komme mit den regulatorischen Anforderungen im Moment klar, erklärt Vorstandssprecher Rathje.

Hamburger Volksbank plant weiter ohne Fusion

Im Gespräch: Thorsten Rathje

Hamburger Volksbank plant weiter ohne Fusion

Vorstandschef: Institut kann in prosperierender Region weiter wachsen – Neues Hausbankmodell soll Kunden anziehen

Die Hamburger Volksbank setzt im lokalen Wettbewerb mit der deutlich größeren Hamburger Sparkasse und anderen Instituten auch aus dem eigenen genossenschaftlichen Bankenlager auf Eigenständigkeit. In einer Region, die prosperiere, könne man weiter wachsen, sagt der Vorstandssprecher.

Von Carsten Steevens, Hamburg

Die Hamburger Volksbank sieht sich nach einem vor allem von der privaten und gewerblichen Baufinanzierung getragenen Kreditwachstum im vergangenen Jahr um gut 150 Mill. Euro inklusive Bürgschaften und einem als “gut” bezeichneten Jahresergebnis weiterhin auf eigenständigem Kurs. Man sei “allein lebensfähig”, Pläne für eine Fusion gebe es im Moment nicht, sagt Thorsten Rathje, Vorstandschef des Instituts, das mit einer Bilanzsumme von knapp 4,6 Mrd. Euro unter den ersten 60 der Ende 2022 bundesweit noch 735 genossenschaftlichen Primärbanken rangiert, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Die Hamburger Volksbank, die vor drei Jahren erfolglos Gespräche über einen Zusammenschluss mit der Volksbank Lübeck geführt hatte, kommt aktuell auf das Dreifache der durchschnittlichen Bilanzsumme aller Volks- und Raiffeisenbanken in Deutschland. Man könne in einer prosperierenden Region weiter wachsen.

Zusatzanforderung abgefedert

“Wir gehen unseren Weg weiter”, unterstreicht Rathje, der zugleich aber eine bereits bekannte Position bekräftigt, dass man sich Gesprächen über eine Fusion, sollten sie sich anbieten, nicht verschließen würde. Mit den regulatorischen Anforderungen komme die Hamburger Volksbank derzeit “gut klar”. Mit einer 2022 konstant gehaltenen Gesamtkapitalquote von 16,5% sei die aufsichtsrechtliche Anforderung von 13,5% erfüllt worden. Das Eigenkapital sei in etwa zu gleichen Teilen aus der eigenen Ertragskraft sowie aus eingeworbenen Geschäftsguthaben um insgesamt 23 Mill. auf 285 Mill. Euro gestärkt worden. Der seit Februar 2023 geltende antizyklische Kapitalpuffer von 0,75% der Risikoaktiva sowie der zweiprozentige Kapitalpuffer für systemische Risiken bei durch Wohnimmobilien gesicherten Krediten würden abgefedert. Laut dem Bankchef bedeuten die beiden neuen Anforderungen eine zusätzliche Eigenkapitalbindung von 20 Mill. Euro für sein Haus.

Rathje betont mit Blick auf sich verschärfende Anforderungen, es sei weiterhin erforderlich, das Eigenkapital zu stärken. Deshalb bemüht sich die Hamburger Volksbank auch, die 2022 um gut 500 auf 62.837 gesunkene Mitgliederzahl wieder zu steigern. Das Institut, das unter anderem mit der größten deutschen Sparkasse, der Hamburger Sparkasse, einer in Kürze fusionierten neuen PSD Bank Nord sowie mit einer wieder aggressiver im Privatkundenmarkt agierenden Sparda-Bank Hamburg im Wettbewerb steht, hat zum 1. Juli ein neues Hausbankmodell etabliert. Damit wolle man mehr junge Kunden und Mitglieder gewinnen, so der Vorstandschef. Das Modell sieht vor, dass Kunden Kontoführungsgebühren bis auf null reduzieren können, je mehr Geschäft sie bei der Hamburger Volksbank machen.

Für 2023 erwartet das Institut unter anderem im Zuge des geplanten Kundenkreditwachstums eine auf 15,6% sinkende Gesamtkapitalquote. Wenn alles gut laufe, werde man beim Wachstum des Kundenkreditgeschäfts an das Vorjahresniveau anschließen, prognostiziert Rathje. Grundsätzlich wird ein jährliches Nettowachstum von mindestens 100 Mill. Euro angestrebt. Dass der Zinsüberschuss im Berichtsjahr um 5,7% auf 52,2 Mill. Euro schrumpfte, lag den Angaben zufolge vor allem an temporären EZB-Tendergeschäften, die inzwischen Geld kosteten. Waren 2021 in der Spitze 500 Mill. Euro aufgenommen, sollen die inzwischen auf 45 Mill. Euro gesunkenen Mittel bis Februar 2024 vollständig zurückgeführt sein.

Marktnormalisierung

Rathje unterstreicht in diesem Zusammenhang, dass der originäre Zinsüberschuss im Kundengeschäft 2022 gestiegen sei. Man fühle sich weiterhin wohl damit, dass 80% der Kredite durch Immobilien abgesichert seien. Größere Rückschläge im Hamburger Immobilienmarkt als Folge des kräftigen Zinsanstiegs könne die Bank nicht bestätigen. Nach dem jahrelangen Boom sei derzeit eine Marktnormalisierung zu beobachten, so Rathje. Das negative Bewertungsergebnis von −6,9 Mill. Euro im vergangenen Jahr sei auf temporäre, zinsinduzierte Abschreibungen auf Wertpapiereigenanlagen von 9,5 Mill. Euro infolge der EZB-Zinswende zurückzuführen.

Das Betriebsergebnis nach Bewertung und vor Steuern übertraf 2022 den Angaben zufolge mit 15,2 (i.V. 18,5) Mill. Euro den Planwert von gut 10 Mill. Euro. Dass der Jahresüberschuss auf 8,2 (5,8) Mill. Euro anstieg, habe an einem steuerlichen Einmaleffekt infolge des Übertrags von Pensionsverpflichtungen auf einen Pensionsfonds gelegen. Die Bank, deren Aufwand-Ertrag-Relation im vergangenen Jahr infolge des gesunkenen Zinsüberschusses und höherer Verwaltungsaufwendungen mit 73,1% knapp über dem Planwert von 72,6% lag, zahlt ihren Mitgliedern eine im Vorjahresvergleich unveränderte Dividende von 3%.

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