Cum-ex

Hanno Berger soll neun Jahre hinter Gitter

Mit Hanno Berger soll eine Hauptfigur im Cum-ex-Milliardenskandal für lange Zeit ins Gefängnis. Der ehemalige Steueranwalt bezeichnet sich heute als mittellos und macht keine Anstalten, seine Profite zurückzuzahlen.

Hanno Berger soll neun Jahre hinter Gitter

ak Bonn – Der ehemalige Steueranwalt Hanno Berger soll wegen seiner Mittäterschaft an Cum-ex-Geschäften der Warburg Bank neun Jahre ins Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft Köln sah in ihrem Plädoyer am Dienstag vor dem Landgericht Bonn den Tatbestand der Steuerhinterziehung in drei besonders schweren Fällen als erwiesen an. Der Anklagevertreter bescheinigte Berger in seinen Ausführungen „eine hohe kriminelle Energie“. Er habe gezielt die Schwächen der Finanzverwaltung ausgenutzt, über die er als früherer hoher Finanzbeamter bestens im Bilde gewesen sei. „Cum-ex war der blanke Griff in die Kasse“, resümierte der Ankläger. Bergers „halbgare Entschuldigungen“ und sein „unklares Teilgeständnis“ könnten nicht strafmildernd gewertet werden. Berger hatte spät im Verfahren einen Teil der Vorwürfe eingeräumt und sich bei einer Finanzbeamtin, die er mit persönlichen Klageandrohungen unter Druck hatte setzen lassen, entschuldigt, dabei aber auch vieles relativiert­.

Berger soll außerdem knapp 13,7 Mill. Euro zurückzahlen, die er als Honorare rund um die Transaktionen erhalten hatte. Zusammen mit seinem früheren Kanzleipartner Kai-Uwe S. hatte Berger für die Beratung der Bank, das Vermitteln von Kontakten zu Cum-ex-erfahrenen Aktienhändlern und schwerreichen Investoren insgesamt gut 27,3 Mill. Euro kassiert, die in Trustkonstruktionen in Steueroasen versteckt worden waren. Bei den Eigenhandelsgeschäften von Warbung sowie zwei Cum-ex-Fonds in den Jahren 2006 bis 2011 war der Fiskus laut Anklage um 278 Mill. Euro geprellt worden.

Kai-Uwe S., der als einer der Hauptzeugen gegen Berger ausgesagt hatte, hat mittlerweile die Rückzahlung seines Anteils konkret in die Wege geleitet, wie aus am Dienstag vom Gericht vorgestellten Dokumenten hervorgeht. S. hat nach eigenen Angaben 50 Mill. Euro bei einem Treuhänder in der Schweiz hinterlegt. Das Geld soll ausschließlich für die Rückforderungen des Fiskus zur Verfügung stehen und nicht für die Ansprüche von früheren Cum-ex-Geschäftspartnern, die gegen S. in diversen Zivilklagen juristisch vorgehen. Mit der jetzt veranlassten Rückzahlung von 13,7 Mill. Euro will S. einer möglichen Einziehungsanordnung durch das Bonner Gericht entgehen. Denn diese würde sich voraussichtlich auf die gesamten kassierten 27,3 Mill. Euro belaufen, und Berger sowie S. wären beide in einer gesamtschuldnerischen Haftung.

Berger jedoch hat sich vor Gericht als mittellos dargestellt. Allein 30 Mill. Euro sollen nach seinen Angaben in ein erfolgloses Investment in einen eigenen Holz- und Forstbetrieb geflossen sein. In seinem Plädoyer machte Bergers Verteidiger Richard Beyer denn auch keine Angaben zu möglichen Rückzahlungen durch Berger. In seinem mit Bibelzitaten, Zitaten von griechischen Philosophen und lateinischen Dichtern gespickten Vortrag ging es vor allem um die Relation von Bergers Handeln im Vergleich zu zahlreichen anderen Cum-ex-Akteuren. „Der Staat hat selbst Cum-ex betrieben. Der größte Cum-ex-Deal aller Zeiten wurde von der WestLB gemacht“, führte Beyer aus. Fast alle Landesbanken hätten Cum-ex-Geschäfte betrieben. Und in den Verwaltungsräten der Landesbanken hätten Landesfinanzminister gesessen.

Beyer griff in seinem Plädoyer vor allem Bergers früheren Partner S. an. Der sei nur durch Cum-ex groß geworden und habe sich vom einfachen Kriminellen zum geständigen Kriminellen weiterentwickelt. Berger dagegen, einer der zuvor führenden deutschen Steuerrechtler, sei an seinem eigenen Talent zugrunde gegangen. Beyer machte eine scharfe Trennung zwischen der Zeit vor 2009, als Berger nach seinen Worten ohne Vorsatz gehandelt habe, und dem Zeitraum nach dem 5. Mai 2009. Damals hatte das Bundesfinanzministerium mit einem Rundschreiben einen weiteren Versuch unternommen, die Cum-ex-Industrie auszubremsen. Die Deals gingen zwar noch drei Jahre weiter, jedoch konnten sich auch die Cum-ex-Akteure mit den neuen Regeln kaum mehr einreden, noch vollkommen legal zu handeln. Auf eine konkrete Strafforderung verzichtete Bergers Anwalt. Er appellierte an das Gericht, Güte walten zu lassen.

Das Urteil in Bonn soll am 13. Dezember gesprochen werden. In Wiesbaden läuft der Prozess gegen Hanno Berger wegen weiterer Cum-ex-Geschäfte mit der HypoVereinsbank weiter.

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