Preisabrieb bei Vertragserneuerungen

Hannover Rück verstimmt Anleger

Erneut ein Preisabrieb bei Vertragserneuerungen und ein operatives Ergebnis im zweiten Quartal, das Markterwartungen verfehlt: Anleger haben verstimmt auf den Halbjahresbericht der Hannover Rück reagiert. Dabei stärkt der Rückversicherer seine Reserven weiter und steuert 2025 auf ein Rekordergebnis zu.

Hannover Rück verstimmt Anleger

Hannover Rück verstimmt Anleger

Preisabrieb bei Vertragserneuerungen – Operatives Ergebnis verfehlt Erwartungen – Aktie fällt trotz bekräftigter Prognose

ste Hamburg

Erneut ein Preisabrieb bei Vertragserneuerungen und ein operatives Ergebnis im zweiten Quartal, das Markterwartungen verfehlt: Anleger haben verstimmt auf den Halbjahresbericht der Hannover Rück reagiert. Dabei stärkt der Rückversicherer seine Reserven weiter und steuert 2025 auf ein Rekordergebnis zu.

Die Hannover Rück sieht sich nach dem zweiten Quartal auf Kurs, ihren Gewinn 2025 auf den neuen Bestwert von rund 2,4 (i.V. 2,33) Mrd. Euro zu steigern. Doch die mit dem Halbjahresfinanzbericht bekräftigte Prognose des weltweit drittgrößten Rückversicherers stand für Anleger am Dienstag nicht im Vordergrund. Erneut artikulierten sich Sorgen, der Rückversicherungsmarkt stehe möglicherweise vor einer Trendwende. Wie der Branchenführer Munich Re vor dem Wochenende berichtete auch die Talanx-Tochter über einen neuerlichen Preisabrieb bei Vertragserneuerungen. Die Hannover Rück-Aktie, die im Sog der Munich Re am Freitag bereits um 4% nachgegeben hatte, fiel am Dienstag in der Spitze um mehr als 3,5%.

Im Zuge der Vertragserneuerungen in der Schaden-Rückversicherung zum 1. Juni und 1. Juli sank das Preisniveau des erneuerten Geschäfts inflations- und risikobereinigt um 2,9%, wie die Hannover Rück mitteilte. Zu den Terminen werden Teile des Nordamerikageschäfts sowie Verträge aus Australien und Neuseeland erneuert. Es sei ein um 2,1% geringeres Vertragsvolumen gezeichnet worden, da ein Großvertrag weggefallen sei, so der Rückversicherer. Ohne diesen Effekt hätte sich ein Wachstum um 4,5% ergeben. Im Mai hatte die Hannover Rück über einen Preisrückgang von 2,4% beim erneuerten Geschäft in den Vertragsverhandlungen zum 1. April berichtet, bei denen es um Geschäft im asiatisch-pazifischen Raum und in Nordamerika sowie um Teile des Spezialgeschäfts geht. In der Vertragserneuerungsrunde zum 1. Januar war ein inflations- und risikobereinigter Preisabrieb um 2,1% registriert worden.

„Auskömmliches Niveau“

„Die Preise und Konditionen am Markt für Rückversicherung befinden sich nach wie vor auf einem auskömmlichen Niveau", unterstrich Clemens Jungsthöfel, seit April Vorstandschef der Hannover Rück, am Dienstag. In einem im Juni erschienenen Interview mit der Börsen-Zeitung hatte er erklärt, der rückläufige Preistrend bereite ihm keine Sorgen. Die leichten Preisabriebe seien auch eine Folge von mehr Kapazität im Markt, die in vielen Teilen auf eine höhere Nachfrage treffe. „Mit Blick auf die vergangenen zehn bis 15 Jahre bewegen wir uns in der Schaden-Rückversicherung immer noch in einem sehr attraktiven Marktumfeld mit angemessenen Raten über das gesamte Buch hinweg.“

Für das erste Halbjahr 2025 weist die Hannover Rück einen um 13,2% auf 1,31 Mrd. Euro gestiegenen Nettogewinn aus. Die Eigenkapitalrendite blieb mit 23 (22,3)% deutlich über dem strategischen Zielwert von mehr als 14%. Dank einer geringeren Steuerlast sprang allein das Ergebnis des zweiten Quartals um 38% auf 833 Mill. Euro, womit das Unternehmen den Analystenkonsens von 792 Mill. Euro um 5,2% übertraf. Operativ verfehlte die Hannover Rück indes Erwartungen: Das im Berichtsquartal um gut ein Viertel auf 1,07 Mrd. Euro gestiegene operative Ergebnis (Ebit) lag um rund 4,7% unter dem Schätzwert. Während die Schadenrückversicherung mit 851 (532) Mill. Euro um gut 2% zurückblieb und dabei von positiven Wechselkurseffekten von 170 Mill. Euro profitierte, verfehlte die Personenrückversicherung mit 217 (248) Mill. Euro die Markterwartung um 13%.

Reserven erhöht

Das zweite Quartal verlief für den Rückversicherer „bemerkenswert schadenarm“, wie Finanzchef Christian Hermelingmeier Medienvertretern sagte. Die Waldbrände in Kalifornien im Januar blieben mit 615 Mill. Euro der größte Einzelschaden im ersten Halbjahr. Auf sie entfielen fast zwei Drittel der gesamten Großschadenlast von 976,1 (566,5) Mill. Euro. Budgetiert hatte die Hannover Rück 935 Mill. Euro. Für das Gesamtjahr gilt ein Erwartungswert von 2,1 (1,825) Mrd. Euro. Den guten Geschäftsverlauf der ersten sechs Monate in Verbindung mit dem positiven Währungsergebnis habe man, so Hermelingmeier, genutzt, um die Reserven in der Schaden-Rückversicherung weiter zu erhöhen.

Damit bereite man sich besser auf künftige Schadenereignisse vor und halte Ergebnisschwankungen gering. Vorstandschef Jungsthöfel sagte, er sei auf Basis der Halbjahreszahlen „sehr zuversichtlich“, dass die Hannover Rück ihre Ziele im Gesamtjahr erreichen werde. Zu diesen gehören auch ein währungskursbereinigtes Wachstum des Rückversicherungsumsatzes in der Schadenrückversicherung um mehr als 7% und eine kombinierte Schaden-/Kostenquote in dem Segment unter 88%. Nach 82,1 (87,6)% im zweiten Quartal liegt der Rückversicherer mit einem Niveau von 88,4 (87,8)% im ersten Halbjahr nahe am Zielniveau.

Anlagerendite auf Zielniveau

Auch die Entwicklung in der Personenrückversicherung, auf die knapp 30% der Versicherungserträge im Konzern entfallen, bleibe positiv, fügte Jungsthöfel hinzu. Das Neugeschäft entspreche den Erwartungen. Zudem trügen das Kapitalanlageergebnis sowie das anhaltend positive Zinsniveau im Portefeuille wesentlich zur Stabilität und Rentabilität der Hannover Rück bei. Die Kapitalanlagerendite entsprach im ersten Halbjahr mit 3,3% dem Prognosewert von mindestens 3,2%. Im zweiten Quartal lag die Rendite allerdings mit 2,9% unter dem Zielniveau. Dazu trug eine Realisierung stiller Lasten bei, wie Finanzchef Hermelingmeier erklärte.

Die DZ Bank, die ihre Kaufempfehlung für die Hannover Rück-Aktie am Dienstag bei einem Kursziel von 308 Euro bekräftigte, wertete die von dem Rückversicherer vorgelegten Quartalszahlen als „auf den ersten Blick durchwachsen“. Da aber die versicherungstechnischen Ergebnisse in beiden Segmenten sowie das Kapitalanlageergebnis gezielt konservativ ausgewiesen würden, sei „das ökonomische Ergebnis wahrscheinlich besser als das ausgewiesene Ergebnis“. Die in der Bilanz zwischengespeicherten Gewinne würden voraussichtlich in den kommenden Jahren in der Erfolgsrechnung auftauchen, wenn die Preisqualität des Portfolios in der Schaden-Rückversicherung weniger attraktiv sei als gegenwärtig.