Regulierung

Hedgefonds gehen gegen US-Aufsicht in die Offensive

Die US-Börsenaufsicht SEC will mit einer umfangreichen Regulierungskampagne gegen Private Funds die Transparenz am Finanzmarkt erhöhen. Doch die Branche wehrt sich – und Behördenchef Gary Gensler gerät zunehmend unter Druck.

Hedgefonds gehen gegen US-Aufsicht in die Offensive

Hedgefonds gehen gegen SEC-Regulierungskampagne in die Offensive

Branchenverbände wollen härtere Offenlegungspflichten durch Klage kippen – Behördenchef droht strategisch schmerzhafte Niederlage

xaw New York

Die US-Börsenaufsicht SEC stößt mit ihrer beispiellosen Regulierungskampagne im Finanzmarkt auf zunehmend harte Gegenwehr. Nun gehen Hedgefonds gegen neue Regeln in die Offensive, mit denen die Behörde die Transparenz rund um Leerverkäufe erhöhen und somit den Investorenschutz stärken will. So klagen drei Branchenverbände vor einem US-Berufungsgericht mit dem Ziel, eine erst im Oktober beschlossene Reform zu Offenlegungspflichten zu kippen.

Shortseller im Fokus

Gemäß dieser müssen Hedgefonds große Short-Positionen regelmäßiger offenlegen. Zuvor erhielt die Aufsicht von Broker-Dealern zweimal monatlich Momentaufnahmen zu offenen Short-Positionen. Zuletzt weitete sie die Offenlegungspflichten aber auf die Hedgefonds selbst aus. Vehikel, die im Verlauf eines Monats Aktien eines Unternehmens im Gegenwert von durchschnittlich 10 Mill. Dollar leerverkauft haben, müssen das auch zum Ende dieses Monats an die SEC melden.

Gleiches gilt, wenn sie sich mehr als 2,5% der Dividendenpapiere eines Unternehmens geliehen haben, um auf fallende Kurse zu setzen. Die Aufsicht aggregiert die Daten und veröffentlicht sie. Für Marktteilnehmer wird die Identität einzelner Shortseller dadurch nicht erkennbar – aber sie sollen klarere Einblicke dazu erhalten, welche Unternehmen sich im Fokus von Leerverkäufern befinden.

SEC-Vorsitzender will mehr Transparenz

Zudem hat die Behörde verschärfte Regeln für Wertpapier-Lender eingeführt – also Broker-Dealer und andere große Intermediäre. Diese müssen der Aufsicht nun Einzelheiten zu jedem ihrer Leihgeschäfte mitteilen. Darunter fallen die Bezeichnung des betroffenen Wertpapiers, das Tickersymbol, der Umfang der Transaktion und die erhobenen Gebühren. Zudem müssen die Lender offenlegen, welche Art von Institution am anderen Ende des Leihdeals steht – zum Beispiel ein Broker, eine Bank oder eine Verwahrstelle. Nach Ansicht von SEC-Chef Gary Gensler handelt es sich bei Leerverkäufen und Wertpapierleihen um "undurchsichtige Bereiche des Marktes", die von einer größeren Transparenz profitieren würden.

"Die Regeln gefährden die Effizienz des Marktes und die Preisbildung und schaden Marktteilnehmern und Investoren", wendet Jack Inglis, CEO der an der Hedgefonds-Klage beteiligten Alternative Investment Management Association, jedoch ein. Die SEC habe Aufrufe aus der Branche, dem Markt und dem Kongress ignoriert, die Verbundenheit und den kombinierten Effekt ihrer verschiedenen Reformen zu berücksichtigen. Im Rahmen der einen Regel trachte die Aufsicht danach, die Anonymität der Shortseller zu schützen. Durch die anderen decke sie aber Wertpapierleihen und resultierende Leerverkaufspositionen auf granularer Ebene auf – aus Sicht des Branchenverbands ein klarer Widerspruch.

Kritik an beschwerlichen Regelungen

Die Managed Funds Association betont, die Regeln seien für Hedgefonds übermäßig beschwerlich und erlaubten es anderen Marktteilnehmern, Handelsstrategien präzise zu kopieren oder sich direkt gegen diese zu positionieren. "Effektiv werden die Regeln Shortselling verhindern", heißt es in einer Mitteilung des Verbands. Wie Branchenvertreter betonen, leisten Leerverkäufe aber einen wichtigen Beitrag zur Preisbildung am Aktienmarkt.

Die Hedgefonds-Interessenvertreter haben ihre Klage bei dem als konservativ geltenden Berufungsgericht für den fünften Bundesbezirk in New Orleans, Louisiana, eingereicht. In einem anderen viel beachteten Fall hat die SEC zuletzt bereits eine De-facto-Niederlage vor dem gleichen Tribunal erlitten. Darin geht es um im Mai beschlossene härtere Offenlegungspflichten bei Aktienrückkäufen.

Das Gericht verfügte, die SEC habe nicht auf Petitionen der Branche gegen die Regeln reagiert und vor der Verabschiedung keine adäquate Kosten-Nutzen-Analyse vorgenommen. Die Buyback-Reform ist dadurch zwar noch nicht gekippt. Allerdings wiesen die Richter die Aufsicht Ende Oktober an, Mängel binnen 30 Tagen auszubügeln – wozu sie innerhalb der Frist nicht in der Lage war.

Gensler läuft die Zeit davon

Damit ist laut Wirtschaftskanzleien wahrscheinlich, dass die SEC die Regeln grundlegend überarbeiten oder ganz fallen lassen muss. Ersteres würde nach Einschätzung von Regulierungsexperten aber länger dauern, als Behördenchef Gensler Zeit hat. Denn dieser ist von US-Präsident Joe Biden eingesetzt, der 2024 um seine Wiederwahl kämpft. Für den seit April 2021 amtierenden Gensler droht damit die erste große Niederlage in Bezug auf eine Regulierungsinitiative.

Der Demokrat treibt in seinem Bemühen um einen stärkeren Investorenschutz so viele Reformen voran wie kaum einer seiner Vorgänger. So will er den Aktienhandel grundlegend überarbeiten und die Praxis der Rückvergütungen von Handelsdienstleistern an Broker (Payment for Orderflow) massiv einschränken, wogegen Republikaner und die Finanzbranche Sturm laufen. Auch Investorenschützer kritisieren, dass die SEC unter Gensler mit übermäßig ambitionierten und impulshaften Neuregelungen vorpresche und sich dadurch angreifbar mache.

Neue Klagen voraus

Muss die Aufsicht ihre Buyback-Pläne zu den Akten legen, dürfte dies die Wall Street laut Analysten ermutigen, noch vor den Präsidentschafts- und Kongresswahlen 2024 weitere Reformen der Behörde aus den vergangenen Jahren anzufechten. Auch die Gegenwehr der Hedgefonds-Branche in Bezug auf die Offenlegungspflichten gilt in diesem Umfeld als klares Signal an den Markt.

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