Positive Effekte der steigenden Zinsen überwiegen

Helaba steckt sich ambitioniertere Ziele

Die hessisch-thüringische Landesbank traut sich dank steigender Zinsen mehr zu. Statt jeweils 500 Mill. Euro pro Jahr strebt die Helaba nun bei Vorsteuerergebnis, Provisionsergebnis und Verbundnutzen je 750 Mill. Euro an.

Helaba steckt sich ambitioniertere Ziele

Helaba steckt sich ambitioniertere Ziele

Vorsteuerergebnis, Provisionsergebnis und Verbundnutzen von jeweils 750 Mill. statt bisher 500 Mill. Euro angepeilt

fir Frankfurt

Die hessisch-thüringische Landesbank setzt sich deutlich ambitioniertere Ziele. Statt jeweils 500 Mill. Euro pro Jahr strebt die Helaba nun bei Vorsteuerergebnis, Provisionsergebnis und Verbundnutzen je 750 Mill. Euro an.

Die Helaba hebt ihre Mittelfristziele an. Sind seit 2020 noch jeweils 500 Mill. Euro im Jahr für Vorsteuerergebnis, Provisionsergebnis und Verbundnutzen angepeilt worden, so hat CEO Thomas Groß nun dreimal 750 Mill. Euro als Zielsetzung ausgerufen. Die bisherigen Vorgaben seien erfüllt worden, sagte der Vorstandschef in einer Presseveranstaltung am Mittwochabend.

Im vergangenen Jahr verdiente die Landesbank 633 Mill. Euro vor Steuern und damit 11% mehr als 2021. Der Provisionsüberschuss lag bei 533 Mill. Euro. Der Verbundnutzen, sprich die Einnahmen im Geschäft mit Sparkassen, wurde bisher nicht ausgewiesen. In der Bilanzpressekonferenz in diesem März hatte Groß für das laufende Jahr ein Ergebnisziel von insgesamt 500 Mill. bis 700 Mill. Euro verkündet. Bei der Veröffentlichung der Halbjahreszahlen Ende August war dann eine Ergebnisprognose „am oberen Rand“ der Spanne von 500 Mill. bis 700 Mill. Euro ausgegeben worden. In der ersten Jahreshälfte war das Vorsteuerergebnis 336 Mill. Euro hoch ausgefallen.

"Wiedergeburt des Zinses"

Die ambitionierten Ziele seien ungeachtet aller geopolitischen Unsicherheiten und negativer Effekte der Zinswende der „Wiedergeburt des Zinses“ zu verdanken, sagte Groß. Die bisherigen Erfahrungen seien, dass die positiven Effekte die negativen überträfen. Das werde seiner Einschätzung nach erst einmal so bleiben.

Mehrere Wachstumsfelder

Wachstumsfelder hat die Helaba insbesondere in der Finanzierung und Begleitung einer grünen Transformation ausgemacht sowie etwa im Zahlungsverkehr, Assetmanagement und Private Banking. Schwierigkeiten bereite die rapide Zinswende im Immobiliengeschäft, und zwar sowohl in der Bank als auch in Tochtergesellschaften wie OFB Projekt­entwicklung. In der ersten Jahreshälfte hat das Immobiliensegment 173 Mill. Euro an Risikovorsorge verbucht und deshalb einen Verlust von 25 Mill. Euro erlitten. Alles in allem beweise die Landesbank, dass sie über ein resilientes, da gut diversifiziertes Geschäftsmodell verfüge, sagte Groß. Diese Fächerung der Geschäftstätigkeit werde Ankerpunkt der Strategie bleiben.

Übergangsphase nach Zinswende

Die negativen Effekte aus der Zinswende bezeichnete er als kurz- bis mittelfristig. Es sei nun Gebot der Stunde, die Vorteile zu nutzen, um die Resilienz noch weiter zu stärken. Diese Zeit der Anpassungen – samt Chancen und Risiken – werde vorübergehen, bis man sich auf einem neuen, normalen Zinsniveau bewege.

Die Anpassungen spürten jedoch manche Finanzinstitute, zumindest temporär. So hat der rasche Zinsanstieg die Kurse der auch von Sparkassen im Eigenbestand gehaltenen Wertpapiere purzeln lassen und zu Abschreibungen geführt. Allein die hessischen und thüringischen Sparkassen, darunter auch die Helaba-Tochter Frankfurter Sparkasse, hatten im vergangenen Jahr deshalb negative Bewertungseffekte bei selbst gehaltenen Wertpapieren von 1,3 Mrd. Euro zu verdauen. Für dieses Jahr seien aber wieder Zuschreibungen in Höhe von rund 160 Mill. Euro für die 48 Mitgliedssparkassen zu erwarten, prognostiziert der Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen (SGVHT).

Die aktuelle Euphorie über die sprudelnden Zinsüberschüsse dürfte nicht darüber hinwegtäuschen, dass strukturelle Herausforderungen weiterhin bestünden, welche die Helaba umtrieben, mahnte Groß. Diese bezeichnete er als die „vier Ds“: Digitalisierung, Demografie, Deglobalisierung und Dekarbonisierung.

Die vier „Ds“

In Sachen Digitalisierung seien außerordentliche Anstrengungen vonnöten – und hohe Investitionen sowie Know-how. „Wir erwarten enorme Verschiebungen im Wettbewerb nicht nur zwischen Banken, sondern zwischen anderen Marktteilnehmern und Banken“, sagte Groß. Die Rolle, die künstliche Intelligenz (KI) dabei spiele, mache die Aufgabe noch anspruchsvoller.

Angesichts der demografischen Entwicklung, mit der ein zunehmender Mangel an Fach- und Arbeitskräften einhergehe, werde es eine zentrale Herausforderung sein, als Arbeitgeber attraktiv zu sein

Eine drohende Deglobalisierung, also eine mögliche Entflechtung global umspannender Handels- und Finanzbeziehungen – gerade im Angesicht der Spannungen zwischen China und den USA – schade Deutschland nur. Groß plädierte für ein international aktives Deutschland. Um das Wohlstandsniveau zu halten, sei es nötig, international tätig zu bleiben.

Als vierte große Herausforderung bezeichnete er die Dekarbonisierung. Um die Mittel dafür aufzubringen, seien Banken nötig, denn der Staat allein könne es nicht schaffen. Vielmehr werde der Kapitalmarkt viel stärker in Anspruch genommen werden müssen.

Von Tobias Fischer, Frankfurt
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