Britische Wohnimmobilien

Hypo­theken­schuldner unter Druck

Vielen Briten steht eine heftige Zinserhöhung ins Haus. Zwei Fünftel aller Wohnimmobiliendarlehen müssen bis Ende Juni 2024 refinanziert werden. Mehr als 350 000 Eigenheimbesitzern könnte das Probleme bereiten.

Hypo­theken­schuldner unter Druck

hip London

Manche Briten haben den Schock schon hinter sich, den die Refinanzierung von Wohnimmobiliendarlehen derzeit mit sich bringt. Die Zinsen sind seit Herbst vergangenen Jahres erheblich gestiegen, die Bank of England hat durch bislang zehn Leitzinserhöhungen in Folge in hohem Maße dazu beigetragen. Wie die Finanzaufsicht FCA ermittelt hat, bereitet das angesichts steigender Lebenshaltungskosten nicht wenigen Eigenheimbesitzern Probleme. Ende Juni vergangenen Jahres waren 200 000 mit ihren Raten im Verzug. Für weitere 45 000 stellten sie eine erhebliche finanzielle Belastung (financial stretch) dar. Nach Definition der Financial Conduct Authority (FCA) ist das der Fall, wenn sich die monatlichen Zahlungen auf mehr als 30 % des Bruttohaushaltseinkommens belaufen.

Bis Ende 2024 könnte das für 356 000 Hypothekenschuldner zu­treffen. Für 67 000 davon könnten die Raten um die Hälfte oder mehr steigen. Für Festpreishypotheken unter Druck geratener Haushalte geht der Regulierer davon aus, dass ihre monatlichen Kosten um 340 Pfund (Median) höher liegen werden. Schuldnern zwischen 18 und 34 Jahren dürfte es nach Schätzung der Behörde schwerer fallen, ihre Verbindlichkeiten zu bedienen. Je nach Region beläuft sich der Anteil der Hypotheken mit „financial stretch“ auf 2,3 bis 5,9 % aller ausstehenden Wohnimmobiliendarlehen.

Weniger Betroffene

Die großen Immobilienfinanzierer Lloyds Banking Group und Natwest haben diese Entwicklung natürlich mit Argusaugen im Blick. Die Aufsicht stellt ihnen ein gutes Zeugnis aus: Dass rund 90% der Hypotheken, die bis Ende Juni 2024 Zinsrisiken ausgesetzt sind, vermutlich nicht zur erheblichen Belastung für die Schuldner werden, „zeigt vielleicht den Wert kluger Prüfungen der Schuldentragfähigkeit durch die Kreditgeber“, heißt es in einer aktuellen Studie der FCA.

Den Instituten dürfte Hoffnung machen, dass der Regulierer die Zahl der Haushalte, denen ihre Monatsraten Probleme bereiten dürften, im September vergangenen Jahres noch mit 570 000 angesetzt hatte. „Die FCA erwartet, dass Firmen Schuldner, die sich in finanziellen Schwierigkeiten befinden, unterstützen“, teilte die Behörde mit. Zu den Optionen gehören eine Laufzeitverlängerung ihrer Hypotheken und niedrigere Monatsraten für einen befristeten Zeitraum. Der für Verbraucherthemen zuständige FCA-Direktor Sheldon Mills empfahl allen Betroffenen, ihre Kreditgeber zu ­kontaktieren. Das wirke sich nicht negativ auf ihre Kreditwürdigkeit aus.

Der Vermögensverwalter Hargreaves Lansdown kommt zu einem alarmierenderen Ergebnis als die Aufsicht. Sein HL Savings & Resilience Barometer unterstellt, dass am Jahresende bei gut einem Viertel (26%) der Hypothekenschuldner – mehr als zwei Millionen Wohnimmobilienkredite – das Risiko eines Zahlungsausfalls besteht.

Bei rund 650 000 von ihnen sei das Risiko hoch, weil ihnen nicht nur ein kräftiger Anstieg ihrer Monatsraten ins Haus steht. Sie verfügten auch nicht über Ersparnisse, auf die sie im Notfall zurückgreifen können. Rund 347 000 befänden sich bereits in der Situation, monatlich mehr auszugeben, als sie einnähmen.