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„Impact und Impact sind zwei Paar Schuhe"

Die Bedeutung des Begriffs „Impact“, also der nachhaltigen Wirkung, gewinnt in der Finanzindustrie an Bedeutung. Allerdings gibt es ein Problem. Denn was „Impact“ bedeutet und wie er sich konkret bestimmen lässt, das ist nach Ansicht von Prof. Timo Busch von der Universität Hamburg nicht abschließend geklärt.

„Impact und Impact sind zwei Paar Schuhe"

Im Gespräch: Timo Busch

„Impact und Impact sind zwei Paar Schuhe“

Der Nachhaltigkeitsexperte über Defizite bei Definition und Messung, Art.-9-Fonds und die Komplexität der Vorgaben

fed Frankfurt
Von Detlef Fechtner, Frankfurt

Die Bedeutung des Begriffs „Impact“, also der nachhaltigen Wirkung, gewinnt in der Finanzindustrie an Bedeutung. Allerdings gibt es ein Problem. Denn was „Impact“ bedeutet und wie er sich konkret bestimmen lässt, das ist nach Ansicht von Prof. Timo Busch von der Universität Hamburg nicht abschließend geklärt.

Bei der Umsetzung der nachhaltigen Transformation von Unternehmen stellt nach Ansicht von Prof. Timo Busch der Mangel einer anerkannten Definition des Begriffs „Impact“ ein Problem dar. Es sei zwar erfreulich, dass sich immer mehr Marktteilnehmer mit der nachhaltigen Wirkung, also dem Impact für die reale Wirtschaft, beschäftigten, sagt der Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Hamburg, der zugleich Mitglied der Wissenschaftsplattform Sustainable Finance ist, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Der Begriff sei aber nicht eindeutig definiert. Gemeinsam mit zehn anderen Wissenschaftlern hat Busch vorgeschlagen, Impact Investments in zwei Kategorien zu unterscheiden: in Impact-generating Investments und Impact-aligned Investments. Impact-generating Investments erzeugten unmittelbar eine Wirkung. Impact-aligned Investments tun das nach Buschs Worten nicht zwangsläufig. „Für eine Wirkung bei liquiden Assets ist eine wichtige Stellschraube, dass Investoren Einfluss auf das Unternehmen ausüben – also das Investment mit Engagement in Form von Dialogen mit dem Unternehmen oder der Stimmabgabe auf der Hauptversammlung verbinden“, erläutert der Wirtschaftswissenschaftler.

Ein Impact-generating Investment funktioniere relativ gut bei Mikrofinanzierungen. Denn da könnten Investoren sehr gut sicherstellen, dass ihr Investment etwas bewirkt, etwa bei Krediten für Bauern in Entwicklungsländern. Schwieriger sei das im liquiden Bereich, also wenn beispielsweise große Fondsgesellschaften Impact-Produkte anböten. Denn da sei die konkrete Wirkung weniger einfach steuerbar. Wenn ein Fonds Geld aus braunen Unternehmen zurückziehe und es stattdessen in grüne Projekte steuere, dann habe das zunächst einmal keine unmittelbare Wirkung in der Realwirtschaft. „Denn irgendwer kauft die Aktien des braunen Unternehmens, es beschränkt sich also erst nur auf eine Umschichtung“, veranschaulicht Busch.

Die EU-Wertpapieraufsicht ESMA habe den Ansatz der Differenzierung in Impact-generating und Impact-aligned gerade erst vor wenigen Tagen in einem Dokument über Greenwashing aufgenommen. In dem ESMA-Bericht werde differenziert, dass Anleger Impact kaufen können oder kreieren. Und das entspreche „genau der Logik unserer Unterscheidung zwischen Impact-aligned und Impact-generating“, erklärt Busch und fügt an: „Es zeichnet sich ab, dass wir auf dieser Grundlage ein gemeinsames Verständnis von Impact Investing erhalten – und das ist ein wichtiger Schritt nach vorne.“

Klärungsbedarf bei der Messung

Jenseits der Definition bestünde noch Klärungsbedarf bei der Messung. „Die Messung von Impact ist noch alles andere als ein Selbstläufer“, unterstreicht der Universitätsprofessor. Dabei gebe es drei zentrale Fragen. Erstens: Ab welcher Schwelle können wir von einem Impact Investing sprechen? Wenn eine Tonne CO2 eingespart wird? Oder erst wenn 100.000 Tonnen CO2 eingespart werden? Die Antwort auf diese Frage liegt nach Ansicht von Busch wahrscheinlich in einer Ableitung von den Pariser Klimazielen. Denn ausgehend von diesen Klimazielen ließen sich Reduktionspfade für Unternehmen bestimmen. Auf dieser Basis wiederum könnte man einstufen, ob ein bestimmtes Vorhaben ausreiche. Und das wäre dann ein Maßstab, ob ein Investment die Bezeichnung Impact Investment verdiene. Zweitens: Jedes Vorhaben habe unbeabsichtigte Nebenwirkungen. Wie berechnet man Impact, wenn ein Vorhaben zeitgleich negative Nebenwirkungen hat. Wie verrechnet man das? „Da bräuchten wir dringend Standards“, fordert Busch. Und drittens: Kann man einen Impact, der generiert wurde, übertragen? Wird dieser Impact nur einmal gezählt – oder auch in den Folgejahren, weil die Reduktion an Schadstoffen anhält? Mit dieser Frage befasse sich, so berichtet der Nachhaltigkeitsexperte, derzeit auch der Berufsverband der Investment Professionals, die DVFA, und werde hierzu bald ein Positionspapier vorlegen.

Im Ursprungsplan der EU für nachhaltiges Wachstum sei die Transformation der Realwirtschaft das eigentliche Kernstück. Der Gesetzgeber habe das jedoch anders übersetzt – das Kernstück Transformation finde sich nur noch am Rande. Beispiel Taxonomie: „Da wird definiert, was ist braun und was ist grün. Das beschränkt sich auf eine bloße Segmentierung des Marktes“, argumentiert Busch. „Die Frage, wie kann ich ein braunes Unternehmen dazu bewegen, sich in ein grünes Unternehmen zu wandeln, ist ja eine andere Frage.“

Immerhin tue sich etwas. In neueren Berichten der Aufsichtsbehörden und auch beim Regulierer werde das Thema Transformation stärker in den Mittelpunkt gerückt. „Aber da gibt es noch Nachbesserungsbedarf.“

Viele klassische nachhaltigkeitsorientierte Privatanleger, so berichtet Busch, wollten und wollen ausschließlich in grüne Projekte investieren. Dabei erreiche man die größte Wirkung, wenn man in die schmutzigen Unternehmen investiere und dann darauf Einfluss nehme, dass sie sich transformieren.

Zur Kategorisierung in Fonds nach Art. 6, Art. 8 und Art. 9 merkt der Hochschullehrer an, dass im Markt die Meinung vorherrsche, Art.-9-Fonds seien Impact-Fonds. „Dem widerspreche ich.“ Sein Team habe eine Analyse gemacht, erzählt Busch: „Art. 9 ist sicherlich die dunkelgrüne Variante. Aber es ist nur ein kleinerer Teil der Art.-9-Fonds, der einen unmittelbaren Wirkungsbezug hat.“ Hier stünden die Anbieter in der Verantwortung, das zu ändern. Wer Art. 9-Produkte anbietet, sollte Wirkungsbezug darlegen können und sich zu Engagement verpflichten.

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Konferenz

Prof. Timo Busch wird – neben anderen führenden Forschern wie Prof. Robert Eccles und Prof. Alex Edmans – am 4. Oktober 2023 an der High Level Impact Konferenz in Frankfurt teilnehmen, die von der Börsen-Zeitung gemeinsam mit Sustainable Impact in Action veranstaltet wird. Mit von der Partie werden unter anderem der norwegische Pensionsfonds, der Kenfo und die niederländische Anthos sein. Anmeldung via s.maenecke@boersen-zeitung.de.

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