Finanzmarktaufsicht

In der Schweiz greifen längst nicht alle Kleinbanken nach Erleichterungen

Die Schweizer Finanzmarktaufsicht betreibt seit 2019 ein Kleinbankenregime. Der Ansatz folgt der Idee, dass geringere Risiken auch einen proportional geringeren Aufsichtsaufwand nach sich ziehen sollen. Die Erfahrungen sind positiv.

In der Schweiz greifen längst nicht alle Kleinbanken nach Erleichterungen

In der Schweiz greifen längst nicht alle Kleinbanken zu

Finanzaufsicht Finma gewährt schon seit Jahren kleinen Instituten regulatorische Erleichterungen – Zurückhaltung der Banken

Von Dani Zulauf, Zürich

In Deutschland wird es gerade erst zur Diskussion gestellt, in der Schweiz ist das Kleinbankenregime schon seit sechs Jahren aufsichtliche Praxis. Die Schweizer Finanzmarktaufsicht folgt dabei bereits dem Prinzip, dass kleine, robuste Institute proportional weniger Regulierung und Aufsicht bedürfen als Großbanken.

Von den regulatorischen Erleichterungen profitieren Klein- und Kleinstbanken, die von der Aufsichtsbehörde Finma den Kategorien 4 und 5 zugeordnet werden. Banken aus der Kategorie 5 haben eine Bilanzsumme von weniger als 1,125 Mrd. sfr. Banken der Kategorie 4 können im Prinzip eine Bilanzgröße von bis zu 17 Mrd. sfr erreichen, bleiben aber mehrheitlich deutlich darunter.

Zum Vergleich: Die Schweizer Banken wiesen 2024 eine kumulierte Bilanzsumme von 3.177 Mrd. sfr aus. Davon entfiel fast genau die Hälfte auf die UBS. Die drei anderen systemrelevanten Banken Raiffeisen, Zürcher Kantonalbank und Postfinance erreichten zusammen eine Bilanzsumme von gut 600 Mrd. sfr.

Zusätzliche Kriterien

Die zum Kleinbankenregime zugelassenen Institute können Erleichterungen vom aufsichtsrechtlichen Standardprozedere in Anspruch nehmen, sofern sie eine vereinfachte Eigenkapitalquote (Leverage Ratio) von mindestens 8% erreichen. In puncto Liquidität und Refinanzierung (Deckung der Ausleihungen durch Spargelder und Eigenkapital) müssen die Institute Werte von 110% (12-Monatsdurchschnitt) bzw. 100% vorweisen können, um mit einem Zulassungsantrag erfolgreich zu sein.

Weniger Bürokratie

Die Erleichterungen für die Kleinbanken sind zum Teil von erheblich. So entfällt die Pflicht, die risikogewichteten Aktiva zu ermitteln. Gleiches gilt für die Bildung des antizyklischen Kapitalpuffers, den die Notenbank in besonderen Situationen verlangen kann, um die Finanzstabilität zu sichern. Auch die strukturelle Liquiditäts- bzw. Finanzierungsquote, die sogenannte Net-Stable-Funding-Ratio, müssen sie nicht mehr berechnen und einzuhalten. Auch qualitativ sind Klein- und Kleinstinstitute besser dran. Es entfallen Vorgaben im Umgang mit elektronischen Kundendaten sowie ein Teil der Offenlegungspflichten und bestimmte Anforderungen an die Risikokontrolle. Zudem können die Banken die Häufigkeit der internen Revision vermindern.

Gläubigerschutz geht vor

Vor diesem Hintergrund überrascht, dass 2023 nur 54 der über 200 Kleinbanken der Kategorien 4 und 5 an dem Regime teilgenommen haben.  Die Finma erklärt dies auf Anfrage mit dem selektiven Zutrittsregime, das der Zielsetzung des Gläubigerschutzes zu genügen habe. Tatsächlich würde im langjährigen Schnitt nur rund die Hälfte aller für einen Antrag qualifizierten Institute die Zutrittskriterien des Kleinbankenregimes erfüllen.

Steigendes Interesse

Und selbst von den Banken, die es könnten, nehmen längst nicht alle die regulatorischen Erleichterungen in Anspruch. Außen vor bleiben laut Finma oftmals die Tochtergesellschaften ausländischer Finanzgruppen, denn konzernintern werde die Teilnahme am Kleinbankenregime oftmals als Mehraufwand gesehen. Aktuell beobachtet die Finma aber ein anhaltend erhöhtes Interesse am Kleinbankenregime und einen Anstieg der teilnehmenden Zahlen. Das dürfte auch im Zusammenhang stehen mit den im Juni von der Schweizer Regierung vorgeschlagenen Zusatzmaßnahmen zur Sicherung der Finanzstabilität. So soll die Finma neue Kompetenzen erhalten. Bei den Kleinbanken geht offenbar die Angst um, dass die Maßnahmen auch sie betreffen könnten. Insbesondere im Bereich Governance drohen auch ihnen neue, schärfere oder konkretere Vorgaben.